In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
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52<br />
Männern einen Gottesdienst zu dieser Bibelstelle<br />
gestaltet. Die Männer, die diesen Gottesdienst<br />
vorbereitet haben, schauten sich einige Wochen<br />
vorher dazu einen Film an, in dem dieses Bild von<br />
den Strömen des lebendigen Wassers sehr anschaulich<br />
und erfahrungsnah umgesetzt <strong>wir</strong>d. Es<br />
handelt sich um den oscarprämierten Film „The<br />
Mission“ aus den 80er Jahren mit Robert de Niro<br />
und Jeremy Irons in den Hauptrollen. Der Film führt<br />
in entlegene Gebiete des Lebens: im äußeren Sinne<br />
in <strong>das</strong> Grenzgebiet Brasilien, Argentinien, Paraguay<br />
und an die gewaltigen Wasserfälle von Iguassu;<br />
im inneren Sinne führt er in die entlegenen Regionen<br />
der Seele, er stellt die Frage nach befreitem<br />
Leben, <strong>das</strong> aus der Lösung von falschen Bindungen<br />
und der Last unverarbeiteter Vergangenheit erwächst:<br />
„Der Film erzählt die Geschichte eines Sklavenjägers<br />
und Brudermörders; er hat die Ureinwohner<br />
oberhalb des Wasserfalles gejagt und nach Europa<br />
verkauft, und er hat in einem Anfall von rasender<br />
Eifersucht seinen eigenen Bruder erstochen. Zuerst<br />
sucht er für sein böses Tun selbst eine angemessene<br />
Strafe, er hungert, er schweigt, er will sterben.<br />
Aber wie immer im Leben, wenn <strong>wir</strong> zugleich Richter<br />
und Angeklagte zu sein versuchen, misslingt<br />
diese Bußübung; Selbsterlösung ist auch in strafender<br />
Gestalt nicht möglich.<br />
Schließlich findet endlich ein Jesuitenpater Zugang<br />
zu seiner Seele; und er legt ihm eine andere Buße<br />
auf: Der Brudermörder muss ein riesiges Netz hinter<br />
sich herziehen, die Wasserfälle des Iguassu hinauf,<br />
bis zu den <strong>In</strong>dianern, die er einst jagte; die<br />
Ströme des lebendigen Wassers sind hier zu gewaltigen<br />
Kräften geworden. <strong>In</strong> dem großen Netz ist<br />
sein altes Leben: er zieht alle <strong>In</strong>signien seines vergangenen<br />
Lebens hinter sich her, seine Rüstung,<br />
seinen Panzer, sein Schwert, seine Pistole und sein<br />
Helm zerren und ziehen an ihm, wollen ihn zurückreißen<br />
und festhalten am Boden unterhalb der<br />
Wasserfälle. Und niemand darf ihm helfen, keiner<br />
aus dem Kreis der Jesuiten darf anfassen, keiner<br />
darf <strong>das</strong> Gewicht erleichtern.<br />
Dann, oben auf dem Hochplateau angekommen,<br />
begegnet er den <strong>In</strong>dianern, die ihn als den ehemaligen<br />
Sklavenjäger wieder erkennen. Einer von ihnen<br />
zieht ein Messer, rennt auf den ehemaligen<br />
Sklavenjäger zu und – befreit ihn von dem Netz seines<br />
alten Lebens. Es sind die Opfer, die ihm ein<br />
neues, befreites Leben schenken.“ 6<br />
Das Bild des lebendigen Wassers symbolisiert Gottes<br />
Geist, „der die Menschen durchströmt – den<br />
Geist Jesu Christi, den Geist der Auferstehung, des<br />
Anbruchs eines neuen Lebens. Das Wasser ist reinigend<br />
und klärend, aber auch mitreißend und begeisternd.“<br />
7 Es steht für eine Bejahung des Lebens<br />
und somit für <strong>das</strong> Abenteuer Glaube und <strong>das</strong> Projekt<br />
Gemeinschaft. Christus selbst ist die Quelle<br />
dieser Lebensenergie, die auf die Menschen übergeht,<br />
sie erlöst und sie von dieser Erlösung zeugen<br />
lässt. Die Energie des lebendigen Wassers setzt<br />
Menschen in Bewegung – in Bewegung aufeinander<br />
zu! Wenn Menschen – vor allem die skeptischen<br />
Männer – bei Christen, denen sie begegnen,<br />
diese Energie spüren, wenn sie die Bereitschaft zu<br />
offenem Gespräch und respektvollem Austausch<br />
der gegenseitigen Erfahrungen erleben, dann werden<br />
sie etwas schmecken können von dem lebendigen<br />
Wasser dieser Quelle und ihrer heilenden Wirkung.<br />
Geist des Heiligen<br />
Die Zeit zwischen Ostern und Weihnachten <strong>wir</strong>d<br />
vielfach in unserer Gesellschaft als eine Zeit des<br />
kirchlichen Alltags wahrgenommen, die rituellen<br />
Höhepunkte des Weihnachts- und Osterfestes sind<br />
vorbei – Pfingsten? Ein Frühsommerfest für Fami-<br />
6 Vgl. Thies Gundlach, „Ströme lebendigen Wassers – wo<br />
Glaube und Freiheit wachsen…“, Predigt zum Männersonntag<br />
2006, in: Arbeitsgemeinschaft der Männerarbeit der EKD,<br />
Werkheft zum Männersonntag, Kassel 2006.<br />
7 Zur Exegese des Johannestextes vgl. auch Klaus Schäfer,<br />
„Schmeckt wie köstlich und erquickend…“, Textmeditation<br />
zu Joh 7,38b, ebd.<br />
lien … Der Heilige Geist – eine vergessene Seite<br />
Gottes? 8<br />
Jenes Bild vom lebendigen Wasser beschreibt eine<br />
neue Qualität des Geistbegriffes – es führt weg von<br />
der Vorstellung eines lauen Lüftchens, oder beschaulicher<br />
Pietät. Der Geist <strong>wir</strong>d zur verändernden<br />
Kraft. <strong>In</strong> der Pfingstgeschichte geht diese Kraft auf<br />
die Menschen über, sie werden „begabt“ mit einer<br />
Dynamik, die nach Frei- und Umsetzung drängt.<br />
Eine Kraft, die gerade in den Phasen des Alltages<br />
motivieren kann und zu neuer Energie gelangen<br />
lässt.<br />
Nun wissen <strong>wir</strong> aus unseren Studien allerdings,<br />
<strong>das</strong>s Männer in der säkularen Welt längst begonnen<br />
haben, die Präsenz dieser Kraft in ihrem persönlichen<br />
Glauben, in der Religion und vor allem in<br />
der <strong>In</strong>stitution Kirche zu hinterfragen. Auf ihrer<br />
Suche nach Sinn und Orientierung in ihrem Leben<br />
räumen sie der Kirche kaum noch Kompetenz ein.<br />
Als moralische und sinngebende <strong>In</strong>stanz hat sie<br />
ihre Bedeutung eingebüßt. Und doch suchen die<br />
Männer nach Freiräumen und Orientierungen, in<br />
denen sie ihr Leben mündig gestalten können. Ihre<br />
Suche richtet sich dabei sowohl auf die Antworten<br />
hinsichtlich ihrer Lebensfragen wie zugleich auf<br />
Begleitung und spirituelle Heimat.<br />
Gerade hier ist die Kraft des neuen Geistes gefragt.<br />
Eines Geistes, der sich im Leben Christi offenbart<br />
und in seiner Heiligkeit Orientierung gibt für <strong>das</strong><br />
Leben. Ein solcher Geist lässt in dem Menschen<br />
Jesu Gottes Macht offenbar werden – in ihm, dem<br />
Zweifel, Angst, Not und Leid selbst nicht fremd waren.<br />
Doch zugleich eröffnet sich in dieser Menschwerdung<br />
Gottes der Blick auf <strong>das</strong> Leben, auf Gerechtigkeit,<br />
auf Liebe und Barmherzigkeit. Unser<br />
Glaube ist von solchem Geist beseelt und deshalb<br />
hält er Antworten bereit auf die Fragen, die <strong>das</strong> Leben<br />
stellt – auch die Fragen der Männer an ihn<br />
8 Vgl. Martin Hochholzers Meditationen zu Himmelfahrt und<br />
Pfingsten, in: T. Kugler/M. Hochholzer (Hg.), Werkbuch Männerspiritualität.<br />
Impulse, Bausteine, Gottesdienste im Kirchenjahr,<br />
Freiburg 2007.<br />
selbst. Es ist ein Geist des Diskurses, der Reflexion<br />
und des Respekts. Im Hören des Evangeliums Jesu<br />
Christi und in der Auseinandersetzung mit ihr erschließen<br />
sich der Freiraum und Halt, den auch<br />
Männer für ihr Leben brauchen:<br />
„Jesu Leben bringt <strong>das</strong> Heil, <strong>das</strong> von Gott kommt<br />
zu den Menschen in die Welt, damit sie heil <strong>wir</strong>d<br />
und mit ihr alle Menschen Heilung erfahren. Jesus<br />
macht den Menschen deutlich: Gott begleitet euch,<br />
er ist bei euch. Das ist der Anfang der einzigartigen<br />
Geschichte der Begegnung von Glaube und Freiheit,<br />
oder vom Suchen und Finden und von Freiraum<br />
und Halt. Die Suche geschieht nicht ohne Ziel<br />
und Orientierung. Sie folgt den Spuren, die aus der<br />
Bibel zu uns führen. Die Spuren stehen dabei nicht<br />
für ein Dogma, sondern für einen lebendigen Menschen.“<br />
9<br />
Für diese Geschichte Gottes mit den Menschen gilt<br />
eben gerade, <strong>das</strong>s <strong>wir</strong> nicht an sie glauben müssen,<br />
sondern <strong>das</strong>s sie selbst den Glauben weckt – <strong>das</strong>s<br />
ihr Geist <strong>wir</strong>ksam <strong>wir</strong>d! Gott hat von Beginn an<br />
den Dialog mit den Menschen gesucht. Diesen besonderen<br />
Charakter unseres Glaubens müssen <strong>wir</strong><br />
die Männer spüren lassen, indem <strong>wir</strong> selbst den<br />
Dialog mit ihnen führen. Wenn <strong>wir</strong> im Wissen um<br />
unsere jeweils eigene Unvollkommenheit und in<br />
Anerkennung der Erfahrungen des anderen vom<br />
Glauben reden und ihn leben, dann werden <strong>wir</strong><br />
auch von den Männern verstanden und ernst genommen.<br />
Was als gemeinsame Suche nach den<br />
Antworten auf die Fragen nach der Wahrheit beginnt,<br />
<strong>wir</strong>d sich so im Gegenüber vollenden. 10<br />
Der Ursprung des Dialoges Gottes mit den Menschen<br />
ist seine Liebe. Wir sollten uns vom Geist dieser<br />
heiligen Liebe anrühren lassen und sie zur<br />
Grundlage des Umganges mit unseren spirituellen<br />
Erfahrungen und Bedürfnissen machen: in strittigem<br />
Diskurs aber auch in notwendiger Achtsam-<br />
9 Gerd Kiefer, Wie missionarisch kann und darf Männerarbeit<br />
sein? in: Werkheft zum Männersonntag, a. a. O.<br />
10 Ebd.