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In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...

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48<br />

BIBELARBEITEN –<br />

MEDITATIONEN<br />

Bibelarbeit zu Amos 5,24<br />

Die Bibelarbeit zu Amos 5,24 soll zeigen, <strong>das</strong>s<br />

Glaube/Spiritualität oder Frömmigkeit und Einsatz<br />

für Menschenrechte nicht zwei voneinander unabhängige<br />

Bereiche sind, sondern zusammen gehören<br />

und schon in der Bibel aufeinander bezogen<br />

sind.<br />

Vorüberlegungen zur Vorbereitung<br />

„Es ströme aber Recht wie Wasser und Gerechtigkeit<br />

wie ein nie versiegender Bach.“ Diese berühmte<br />

Aufforderung stammt aus dem Buch des Propheten<br />

Amos, des ältesten der uns bekannten<br />

Schriftpropheten.<br />

Amos lebte im achten Jahrhundert vor Christus in<br />

Tekoa – <strong>das</strong> liegt auf einem Berg, 8 km südlich von<br />

Bethlehem – als Viehbesitzer und Maulbeerfeigenzüchter.<br />

Amos <strong>wir</strong>d von Gott als Prophet in <strong>das</strong><br />

Nordreich Israel gesendet, <strong>das</strong> unter König Jerobeam<br />

II. (782-747 v.Chr.) eine <strong>wir</strong>tschaftliche Blütezeit<br />

erlebt. Der Wohlstand ist jedoch zustande<br />

gekommen durch die Ausbeutung von Menschen<br />

und die Verletzung ihrer Rechte: „Sie treten den<br />

Kopf der Armen in den Staub und drängen die Elenden<br />

vom Wege. Sohn und Vater gehen zu demselben<br />

Mädchen, um meinen heiligen Namen zu entweihen.<br />

Und bei allen Altären schlemmen sie auf<br />

den gepfändeten Kleidern und trinken Wein vom<br />

Gelde der Bestraften im Hause ihres Gottes.“ (Amos<br />

2, 7-8). Als Missstände werden benannt Rechtsbeugung,<br />

Korruption, Bereicherung auf Kosten anderer.<br />

Das widerspricht dem Gottes-Recht in Israel.<br />

So ist die Botschaft, die Amos der Oberschicht auszurichten<br />

hat, wenig erfreulich: Weil in Israel Men-<br />

ES STRÖME ABER RECHT WIE WASSER<br />

BIBELMEDITATION FÜR DIE FRAUENARBEIT<br />

schen zu Objekten des <strong>wir</strong>tschaftlichen Aufschwungs<br />

degradiert werden und nicht wahrhaft<br />

Menschen sein können, <strong>wir</strong>d dieser Staat zum Untergang<br />

verurteilt sein. Noch besteht jedoch die<br />

Chance umzukehren: „Suchet mich, so werdet ihr<br />

leben“, heißt es in Amos 5,4, „Hasset <strong>das</strong> Böse und<br />

liebet <strong>das</strong> Gute, richtet <strong>das</strong> Recht auf im Tor“ in<br />

Amos 5,15 oder „Es ströme aber Recht wie Wasser<br />

und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“<br />

in Amos 5,24. Amos Eintreten für die Menschenrechte<br />

und seine soziale Anklage bedeuten gleichzeitig<br />

Engagement für Gott und sein Recht. Das<br />

eine ist vom anderen nicht zu trennen.<br />

Recht und Gerechtigkeit<br />

Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei,<br />

lautet ein Sprichwort. Ich vermute, <strong>das</strong>s mit Recht<br />

„Recht haben“ gemeint ist und mit Gerechtigkeit<br />

„Recht bekommen“.<br />

Was sagt <strong>das</strong> hebräische Wörterbuch? Das Wort<br />

Recht heißt im Hebräischen Mischpat. Es ist abgeleitet<br />

vom Verb schafat – richten, Recht schaffen<br />

und kann übersetzt werden: 1. Recht im Sinne von<br />

gesetzlich geregelt, 2. Handlung des Richtens,<br />

3. Gerichtsverhandlung oder Rechtssache.<br />

Das Wort Gerechtigkeit heißt im Hebräischen Sedaka.<br />

Es ist abgeleitet vom Verb sadak – gerecht sein,<br />

vollkommen sein und kann übersetzt werden:<br />

1. Gerechtigkeit, 2. <strong>das</strong> Richtige, <strong>das</strong> Gebührende,<br />

3. <strong>das</strong> Recht, <strong>das</strong> jemandem zukommt, 4. <strong>das</strong> rechte<br />

Verhalten von Menschen, <strong>das</strong> von Gott anerkannt<br />

<strong>wir</strong>d, 5. <strong>das</strong> Richtigstellen eines Verhältnisses<br />

(Genugtuung, Rechtfertigung).<br />

Gerechtigkeit gibt es nicht abstrakt, sondern ereignet<br />

sich zwischen Personen: Gerechtigkeit ist also<br />

immer ein Beziehungsgeschehen. Recht und Gerechtigkeit<br />

sind aufeinander bezogen. Recht ist <strong>das</strong><br />

konkrete Gesetz, und Gerechtigkeit meint die Umsetzung<br />

eines Gesetzes: wie Menschen zu ihrem<br />

Recht kommen.<br />

Recht und Gerechtigkeit begegnen als Paar mehrfach<br />

im Amosbuch: „Die ihr <strong>das</strong> Recht in Wermut<br />

verkehrt und die Gerechtigkeit zu Boden stoßt“<br />

(Amos 5,7). Es geht hier nicht um die beglückende<br />

Erfahrung, wie unter Recht und Gerechtigkeit alles<br />

gedeiht. Vielmehr ist der Text eine Forderung, entsprungen<br />

der bedrückenden Erkenntnis, <strong>das</strong>s Recht<br />

und Gerechtigkeit abwesend sind.<br />

Was meint Amos mit Recht und Gerechtigkeit? Zunächst<br />

denke ich an die Thora, an die Gebote, die<br />

den Willen Gottes bekunden und eine gute Lebensordnung<br />

für die Menschen sind. Aber hier ist noch<br />

mehr gemeint: „Recht und Gerechtigkeit gehören<br />

so sehr zu Gott, wie <strong>das</strong> Gesetz vom Sinai Gottes<br />

Gesetz ist. Recht und Gerechtigkeit stehen jedoch<br />

nicht allein für Gottes Anspruch an Israel, sondern<br />

für Gottes Anspruch an die ganze Welt ... Deshalb<br />

zieht Gott Israels Nachbarvölker, die gar nicht an<br />

den Gott Israels glauben, ebenso für ihre Untaten<br />

zur Rechenschaft wie Israel selbst. Gott lässt sich<br />

die Geltung von Recht und Gerechtigkeit nicht<br />

klein machen. Sie sind sein Grundgesetz für die<br />

Welt. Dazu muss man nicht <strong>das</strong> Gesetz vom Sinai<br />

kennen. Im Alten Testament erhebt Gott durch<br />

Recht und Gerechtigkeit Anspruch auf die ganze<br />

Welt – um der Welt willen, zum Wohle der Menschen.“<br />

1<br />

Bilder vom strömenden Wasser (Jesaja 44,3;<br />

48,18.21; Psalm 78,20) und nie versiegenden Bach<br />

deuten darauf hin, <strong>das</strong>s Recht und Gerechtigkeit<br />

nicht nur vom Menschen herzustellende Leistungen<br />

und Gemeinschaftsgüter sind, sondern göttliche<br />

und damit gültige Gaben. Wer in einem orientalischen<br />

Land <strong>das</strong> Recht mit Wasser vergleicht,<br />

stellt sich vielleicht Wüstenland vor. Mittendrin<br />

eine grüne Zone: Da muss Wasser sein. Es ist nicht<br />

anders möglich. Wo Wasser ist, kann sich Leben<br />

entfalten: <strong>das</strong> Recht ist eine Gabe Gottes für <strong>das</strong><br />

Leben. So wurde die Thora auch gefeiert als ein guter<br />

Lebensraum.<br />

Beten und Tun des Gerechten<br />

Der Kontext Amos 5,21-24 ist eine schroffe Kultkritik.<br />

„Ich bin euren Feiertagen gram und verachte<br />

sie und mag eure Versammlungen nicht riechen.<br />

Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer<br />

opfert, so habe ich keinen Gefallen daran und mag<br />

auch eure fetten Dankopfer nicht an<strong>sehen</strong>. Tu weg<br />

von mir <strong>das</strong> Geplärr deiner Lippen.“<br />

Hier redet Gott unmittelbar. Beklemmend ist die<br />

Botschaft. „Ich hasse.“ „Ich verwerfe.“ Gerade da,<br />

wo Israel Gottes Nähe sucht und hofft – im Gottesdienst<br />

– weist Gott zurück. Gott will sich in den<br />

Gottesdiensten nicht dienen lassen und nicht dienen,<br />

wenn <strong>wir</strong> Gebet und Gebot auseinanderfallen<br />

lassen.<br />

Das bedeutet nicht, <strong>das</strong>s Gott in diesem Text den<br />

Kult, also den Gottesdienst an sich ablehnt. Abgelehnt<br />

aber <strong>wir</strong>d die Trennung von Gebet und Ge-<br />

1 Hermann Spiekermann, in: Bittgottesdienst für den Frieden<br />

in der Welt 2004, Materialien zur Vorbereitung, Hannover<br />

(Kirchenamt der EKD) 2004, S. 25f.

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