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In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...

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46<br />

Auf der Ikone ist dargestellt, wie drei Engel um einen<br />

Tisch sitzen. Der Tisch ist aber nicht für ein<br />

<strong>wir</strong>kliches Gastmahl gedeckt, wie aus dem Text der<br />

Genesis zu vermuten wäre. Auch unterhalten sich<br />

die Engel nicht mit Abraham, wie in der Bibel erzählt<br />

<strong>wir</strong>d. Sondern sie reden miteinander im stummen<br />

Gespräch der Augen und der Hände. Die drei<br />

Figuren bilden zusammen einen Kreis als Zeichen<br />

der Einheit, gleichzeitig ist ein Kreuz dargestellt,<br />

gebildet aus den drei Köpfen in der Waagrechten<br />

und dem Vater, dem Kelch und der Welt in der<br />

Senkrechten.<br />

Die Ewigkeit der dreieinigen Gottheit findet Ausdruck<br />

in der geometrischen Figur des Kreises, die<br />

auf der Ikone vielfach abgewandelt vorhanden ist:<br />

in den wie mit dem Zirkel gezogenen Heiligenscheinen<br />

der Engel, in der halbkreisförmigen Öffnung<br />

der Flügel nach oben hin und vor allem in<br />

dem unsichtbaren Kreis, in den alle drei Engel eingeschrieben<br />

sind.<br />

Die drei Gestalten sind sich sehr ähnlich, aber nicht<br />

gleich. Es sind keine Rang- oder Altersunterschiede<br />

zu erkennen. Dennoch sind die drei Engel aber voneinander<br />

unterschieden: durch ihr Gewand, durch<br />

die Bewegung der Köpfe und der Augen, durch die<br />

Haltung und Bewegung der Hände und der Finger,<br />

durch die Anordnung der Sitze und durch die Gegenstände,<br />

die hinter und über den Gestalten gezeichnet<br />

sind. Diese Unterscheidungsmerkmale<br />

sind bewusst gewählt, ohne Zweifel soll <strong>das</strong>, was<br />

die Engel voneinander unterscheidet, dargestellt<br />

oder mindestens angedeutet werden, um die Besonderheit<br />

der entsprechenden Gestalt der Gottheit<br />

ausmachen zu können.<br />

Jede der drei Personen hält einen Stab, <strong>das</strong> Sinnbild<br />

des Schutzes und der Autorität, allen dreien<br />

eignet demnach die gleiche göttliche Autorität.<br />

Der Vater, in der Mitte, deutet mit zwei Fingern auf<br />

den Tisch mit dem Kelch; ein Altar und die Gaben<br />

der Eucharistie. Durch die Gaben, aber auch durch<br />

die Haltung der zwei Finger weist er auf die gött-<br />

liche und menschliche Natur des Opferlamms<br />

Christus hin. Dass der mittlere Engel Gott-Vater<br />

symbolisiert, geht für den unbefangenen Betrachter<br />

schon aus der Anordnung der Sitzenden hervor.<br />

Immer <strong>wir</strong>d auf dreigliedrigen Ikonen der Höchstgeehrte<br />

in die Mitte gesetzt. Und <strong>das</strong>s Gott-Vater<br />

unter den drei Gestalten der Trinität – bei aller Betonung<br />

ihrer Gleichheit – der Höchstgeehrte ist,<br />

<strong>das</strong> <strong>wir</strong>d in der Ostkirche sehr betont. Der mittlere<br />

Engel ist die Quelle der inneren Bewegung, die<br />

– bei aller Ruhe, die über der Szene liegt – spürbar<br />

durch <strong>das</strong> Bild hindurchgeht: Von ihm geht der<br />

Blick zu dem rechts von ihm sitzenden Engel, dessen<br />

Blick geht weiter zu dem ihm gegenüber sitzenden<br />

und der schaut auf den Tisch mit dem Kelch<br />

und weist mit der rechten Hand an den Fuß des<br />

Tisches.<br />

Der Engel auf der linken Seite stellt Gott den Sohn<br />

dar. Vom Betrachter eben links vom Vater (der<br />

Sohn sitzt zur Rechten des Vaters). Er hat die Hand<br />

in einer Segensgeste erhoben und zeigt damit, <strong>das</strong>s<br />

er die Sendung, die ihm bestimmt ist, annimmt. Er<br />

ist der Pantokrator, wie er in der Ikonographie<br />

immer dargestellt ist. Der Christus, mit der zum Segen<br />

erhobenen rechten Hand. Auch ist er in Rot<br />

gekleidet. Die Farbe der Liebe, die Farbe des Opfers.<br />

Das rote Gewand des Leides in und für die<br />

Welt, die durch die Häuser hinter der Engelsgestalt<br />

angedeutet ist. Auch sind Vater und Sohn durch<br />

Blickkontakt und Berührung der Flügel mit einander<br />

verbunden. „Der Vater und ich sind eins“<br />

(Joh 10,30).<br />

Der Heilige Geist, rechts vom Vater, zeigt auf eine<br />

rechteckige Öffnung im Tisch, die die Welt symbolisiert<br />

und weist dadurch darauf hin, <strong>das</strong>s die<br />

Sendung des Sohnes in die Welt und zur Errettung<br />

der Welt geschieht. Auch <strong>wir</strong>d deutlich, <strong>das</strong>s der<br />

Vater sich wohl mit seinem Blick dem Sohn zuwendet,<br />

seine Brust und somit sein Herz der Person zu<br />

seiner Linken zugewandt ist. Der Heilige Geist ist<br />

die Gabe Gottes an die Menschen, durch welchen<br />

sie erkennen können, was sie von Gott in Christus<br />

empfangen haben (1. Kor 2,12). Der Blick des En-<br />

gels, der den Heiligen Geist darstellen soll, blickt<br />

auf den Kelch – die Eucharistie. Dort, in Brot und<br />

Wein, <strong>wir</strong>d für die Menschen sichtbar, was die<br />

Gabe Gottes ist, in dem Mahl, zu dem er einlädt.<br />

Auf dem Tisch steht lediglich ein Kelch. Kein Festmahl,<br />

wie es die Genesis berichtet. Der Tisch ist <strong>das</strong><br />

Symbol für den Altar, der Kelch ist <strong>das</strong> Symbol für<br />

<strong>das</strong> göttliche Opferlamm der Eucharistie, und jede<br />

der drei Personen zeigt mit einer Handbewegung<br />

ihre Beziehung zu ihm an. Der Vater, der Schöpfer,<br />

bereitet es und gibt es. Der Sohn zeigt durch die Segensgeste<br />

die erneuernde Kraft des Mahles und der<br />

Heilige Geist weist auf die Empfänger: die Welt.<br />

Was mag der <strong>In</strong>halt des stummen Gesprächs sein,<br />

<strong>das</strong> die drei Engel miteinander führen? Wir hörten<br />

ja schon, <strong>das</strong>s es in der Erscheinung der drei Männer<br />

bei Abraham in Mamre im Grunde um den Beginn<br />

der <strong>In</strong>karnation, um die Sendung des ewigen<br />

Sohnes in die Welt geht. Der Betrachter ist stiller<br />

Beobachter der Szene. Wie Abraham sitzt er oder<br />

sie nicht sichtbar auf dem Bild mit an dem Tisch.<br />

Der einladende Abraham und seine Frau Sara<br />

werden zu den Eingeladenen. Die Gastgebenden<br />

werden zu den wahrhaft Beschenkten. Die<br />

Gäste erweisen sich als die eigentlichen Gastgeber.<br />

Gastgeber des Lebens.<br />

Im Hebräerbrief lesen <strong>wir</strong>:<br />

Bleibt in brüderlicher Liebe fest miteinander<br />

verbunden. Vergesst nicht, Gastfreundschaft<br />

zu üben; denn ohne es zu wissen, haben manche<br />

auf diese Weise Engel bei sich aufgenommen.<br />

Und vergesst nicht, Gutes zu tun und<br />

allen zu helfen, die in Not sind. An solchen<br />

Opfern hat Gott Freude (Hebr 13, 1-3).<br />

Fremde aufzunehmen und zu beherbergen gehört<br />

zu den „Werken der Barmherzigkeit“ (Mt 25,35).<br />

Neben den Hungrigen, den Durstigen, den Nackten,<br />

den Kranken und den Gefangenen sind die<br />

Fremden in dieser Rede Jesu die, welche uns Gottes<br />

Bild in dieser Welt vor Augen halten. Ihre Not<br />

zu lindern, heißt Gott zu begegnen.<br />

Auf der Ikone und in der Erzählung aus der Genesis<br />

<strong>wir</strong>d aber sehr deutlich, <strong>das</strong>s die Begegnung von<br />

Gott selbst ausgeht. Er ist es, der die Not Abrahams<br />

und Saras lindert. Saras Herzensnot, keinen eigenen<br />

Sohn zu haben. Die Herzensnot, auf die Erfüllung<br />

der Verheißung noch immer warten zu müssen.<br />

Die Herzensnot, fern der Heimat ohne eigenen<br />

Nachkommen sterben zu sollen. Die Herzensnot,<br />

kein Vater und keine Mutter zu sein. Gott begegnet<br />

beiden und verheißt ihnen diesen Sohn. Auch<br />

durch allen Unglauben hindurch und allen berechtigten<br />

Zweifel. Er will die Not lindern.<br />

Das gilt auch für heute. Abraham und Sara stellen<br />

sich ihrer Not. Sie warten. Sie warten geduldig auf<br />

Gottes überraschendes Handeln. Die Kirche hat<br />

sich ebenfalls ihrer Not zu stellen – sie ist gespalten,<br />

sie ist innerlich wie äußerlich zerrissen und sie<br />

ist nicht von sich aus fähig, Berge und Schluchten<br />

aus Geschichte und Vorbehalten zu überwinden.<br />

Ihre Not verweist sie an Gott. Er will auch ihre Not<br />

lindern. Es ist nicht aussichtslos. Auch wenn manch<br />

einer still in sich hinein lachen mag, wenn von der<br />

Sehnsucht nach der sichtbaren Erfüllung des Gebets<br />

Jesu her, um die Einheit aller Jüngerinnen und<br />

Jünger Jesu gerungen <strong>wir</strong>d. Mag manch eine leicht<br />

mitleidig lächeln, wenn die Notwendigkeit einer<br />

gemeinsamen Zeit der Buße in Stille und Demut vor<br />

Gott gefordert <strong>wir</strong>d, um seine Worte zu hören. Mag<br />

mancher dem Schmerz und dem Skandal einer getrennten<br />

Kirche durch <strong>das</strong> Bemühen theologischer<br />

Winkelzüge oder schlicht durch institutionelle<br />

Selbstgenügsamkeit den Stachel ziehen. Wie auch<br />

immer: die Einheit <strong>wir</strong>d von Gott her beginnen. Gegen<br />

allen Unglauben und gegen alle menschliche<br />

Unwahrscheinlichkeit, ja gegen alle künstliche<br />

Verweigerung. „Ist denn beim Herrn etwas unmöglich?“<br />

(Gen 18,15)<br />

Warten<br />

Wie Sara wartet –<br />

90 Jahre auf einen Sohn,<br />

der Gottes Verheißung erfüllte,

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