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In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...

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ot. Anders gesagt: Wenn Menschenrechte verletzt<br />

werden und <strong>das</strong> nicht zur Sprache kommt im Gottesdienst<br />

oder diejenigen nicht bekümmert, die<br />

Gottesdienst feiern, dann ist dieser Gottesdienst,<br />

der die Menschenrechte ausblendet, Gott ein Ärgernis.<br />

Recht und Gerechtigkeit sind Gottes ureigene<br />

Sache. Wenn Menschen sich zu Gott bekennen,<br />

dann gehört untrennbar <strong>das</strong> Engagement für die<br />

Menschenrechte dazu. Im Gottesdienst suchen<br />

Menschen Gemeinschaft, Trost, Ermutigung. Es ist<br />

jedoch ein Irrtum zu meinen, der Gottesdienst habe<br />

mit der Welt, in der <strong>wir</strong> leben, nichts zu tun. Gott<br />

will Recht. Gott will, <strong>das</strong>s <strong>wir</strong> Recht schaffen. Gott<br />

liebt Gerechtigkeit, und <strong>das</strong> soll sich zeigen in den<br />

Gottesdiensten, die <strong>wir</strong> feiern.<br />

Glaube meint nie individualistisch <strong>das</strong> Verhältnis<br />

der Seele zu Gott, sondern Glaube geschieht in der<br />

Welt und fragt danach, ob die Welt dem Willen<br />

Gottes entspricht. Frömmigkeit und Ethik sind zwei<br />

Seiten einer Medaille. Dietrich Bonhoeffer hat es in<br />

seiner berühmten Formulierung auf den Gottesdienst<br />

zugespitzt: „Nur wer für die Juden schreit,<br />

darf auch gregorianisch singen.“ 1944 schreibt er<br />

aus dem Gefängnis an sein Patenkind: “... unser<br />

Christsein <strong>wir</strong>d heute nur in zweierlei bestehen: im<br />

Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.“<br />

2<br />

Amos 5,24 in der Menschenrechts-Tradition<br />

Amos meint, wenn er von Recht und Gerechtigkeit<br />

spricht, nicht nur <strong>das</strong> Gesetz vom Sinai, sondern so<br />

etwas wie allgemeine Menschenrechte, auch wenn<br />

dieser Begriff in der Antike nicht vorkommt. <strong>In</strong> der<br />

Menschheitsgeschichte werden erst seit ca. 50 Jahren<br />

Menschenrechte anerkannt. Sie formulieren<br />

Rechtsansprüche jeder und jedes Einzelnen, die<br />

durch staatliches Recht nicht geleugnet werden<br />

dürfen. Diese Rechte kommen den Einzelnen nicht<br />

kraft der Zugehörigkeit zu einem Staat, einer<br />

Volksgruppe, einem Geschlecht, einer Religion<br />

oder Kultur zu, sondern allein aufgrund des<br />

Menschseins. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />

von 1948 stellt den Grundstein für den<br />

2 Widerstand und Ergebung, Gütersloh, 12. Auflage 1983, S. 152.<br />

internationalen Menschenrechtsschutz dar, auch<br />

für die Frauenrechtskonvention von 1979. Frauen<br />

besitzen ein Recht auf Nicht-Diskriminierung, <strong>das</strong><br />

nunmehr auch einklagbar ist. Ein wichtiger Schritt<br />

in dieser Entwicklung war auch die Weltfrauenkonferenz<br />

in Peking 1995.<br />

Auch die Kirchen haben ihre Verantwortung für die<br />

Menschenrechte erkannt. „Die Mitverantwortung<br />

der Christen für die Ver<strong>wir</strong>klichung der Menschenrechte<br />

hat ihre Grundlage darin, <strong>das</strong>s Gott den<br />

Menschen bedingungslos annimmt, und im Gebot<br />

der Liebe. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich der besondere<br />

Auftrag der Kirche zum Einsatz für die<br />

Menschenrechte“, so der damalige Ratsvorsitzende<br />

der EKD, Manfred Kock, 1997. 3<br />

Berühmt geworden ist Amos 5,24 im Kampf gegen<br />

den Rassismus: Martin Luther King hat Amos 5,24<br />

aufgegriffen in seiner Ansprache am 5. Dezember<br />

1955 zum Auftakt des Busboykotts in Montgomery.<br />

Vier Tage zuvor hatte sich die schwarze<br />

Näherin Rosa Parks geweigert, ihren Sitzplatz<br />

für einen Weißen freizumachen. Ihre Festnahme<br />

wurde zur <strong>In</strong>itialzündung für den ein Jahr dauernden<br />

Busboykott. Pfarrer King sagte angesichts des<br />

Kampfes gegen die Rassendiskriminierung: „Sind<br />

<strong>wir</strong> im Unrecht, war Jesus von Nazareth nur ein<br />

utopischer Träumer und ist nie zur Erde gekommen?<br />

Sind <strong>wir</strong> im Unrecht? Ist Gerechtigkeit eine<br />

Farce? Wir sind entschlossen, hier in Montgomery<br />

zu arbeiten und zu kämpfen, bis <strong>das</strong> Recht strömt<br />

wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein<br />

mächtiger Strom!“ („until justice rolls down like<br />

waters and righteousness like a mighty stream!“) 4<br />

Martin Luther King hat Amos ausgelegt für seine<br />

Zeit. Ebenso wie Korruption und Rechtsbeugung<br />

hätte Amos Rassismus oder Sexismus angeprangert.<br />

So könnte Amos 5,24 neu entdeckt werden<br />

von Frauen, denen der Einsatz für die Menschen-<br />

3 Materialien für die Vorbereitung der Friedensdekade 2004,<br />

S. 13.<br />

4 Materialien für die Friedensdekade 2004, dort Bittgottesdienst<br />

für den Frieden in der Welt 2004, S. 36 f.<br />

rechte – also auch für die Geschlechtergerechtigkeit<br />

– eine Glaubensangelegenheit ist. <strong>In</strong> der<br />

Grundordnung der Evangelischen Kirche Berlin-<br />

Brandenburg-schlesische Oberlausitz zum Beispiel<br />

steht die Geschlechtergerechtigkeit im Vorspruch,<br />

also bei den Sätzen, die Bekenntnisrang haben. Damit<br />

ist festgestellt, <strong>das</strong>s die Geschlechtergerechtigkeit<br />

keine Erscheinung des Zeitgeistes ist, sondern<br />

eine theologische Frage.<br />

Für die Arbeit in der Gruppe<br />

Je nach Größe der Gruppe 60-80 Minuten (bei 10<br />

bis ca. 25 Teilnehmerinnen)<br />

Stuhlkreis mit zu gestaltender Mitte; eine Kerze;<br />

gut lesbar für alle die Begriffe „Recht“ und „Gerechtigkeit“;<br />

zweimal der Text Amos 5,24 für alle<br />

gut lesbar; zwei leere A3-Bögen (wo A3 nicht zur<br />

Hand ist, zwei A4-Blätter zusammenkleben); ein<br />

Stift; der Text Amos 5,21-24 für alle (entweder in<br />

der Bibel oder als Kopie); Artikel 1 und 2a der Erklärung<br />

der Allgemeinen Menschenrechte und § 18<br />

aus der Erklärung der Wiener Menschenrechtskonferenz<br />

1993.<br />

Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an<br />

Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft<br />

und Gewissen begabt und sollen einander<br />

im Geist der Brüderlichkeit (Geschwisterlichkeit)<br />

begegnen.<br />

Artikel 2a: Jeder hat Anspruch auf die in dieser<br />

Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten,<br />

ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse,<br />

Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,<br />

politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler<br />

oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt<br />

oder sonstigem Stand.<br />

§ 18: Die Menschenrechte der Frauen und der<br />

minderjährigen Mädchen sind ein unveräußerlicher,<br />

integraler und unabtrennbarer Bestandteil<br />

der allgemeinen Menschenrechte.<br />

Entzünden der Kerze in der Mitte; Begrüßung<br />

Wir wollen uns auf die Bibelarbeit zu Amos<br />

5,24 einstimmen mit dem Lied „Sonne der Gerechtigkeit“<br />

(EG 262) oder „Lass uns den Weg<br />

der Gerechtigkeit gehen“.<br />

(3 Minuten)<br />

Amos 5,24 <strong>wir</strong>d von der Leiterin einmal vorgelesen.<br />

Danach werden in die Mitte die Begriffe Recht und<br />

Gerechtigkeit gelegt sowie die beiden leeren A3-<br />

Bögen.<br />

Ich habe Ihnen die beiden zentralen Begriffe<br />

aus Amos 5,24 aufgeschrieben. Wir wollen<br />

nun zunächst sammeln, was uns zu diesen<br />

beiden Begriffen in den Sinn kommt. Wir beginnen<br />

mit dem Begriff Recht. Bitte sagen Sie,<br />

was Ihnen dazu einfällt: welche Assoziationen,<br />

welche Fragen, welche Sprüche, welche<br />

Bilder – <strong>das</strong>, was bei Ihnen obenauf liegt.<br />

Die Teilnehmerinnen sagen, was ihnen einfällt. Die<br />

Leiterin schreibt alles mit auf einem A3-Bogen.<br />

Zum Begriff Gerechtigkeit <strong>wir</strong>d gesammelt auf dem<br />

anderen A3-Bogen. Vermutlich kommt bei dieser<br />

Sammlung heraus, <strong>das</strong>s Recht so etwas wie Gesetz<br />

ist und Gerechtigkeit die Umsetzung von guten Gesetzen,<br />

also die Beziehung zwischen Menschen<br />

meint. Wenn die Sammlung nicht so recht in Gang<br />

kommen sollte, kann die Leiterin mit dem Sprichwort<br />

„Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei“<br />

einen Impuls setzen. Zu erwarten sind dann<br />

allerlei Geschichten von erfahrener Ungerechtigkeit<br />

und unsinniger Bürokratie.<br />

Beide Sammlungen werden am Ende von der Leiterin<br />

noch einmal vorgelesen und in die Mitte gelegt<br />

neben den jeweiligen Begriff – sozusagen als Ergebnissicherung.<br />

(8 Minuten)<br />

Auf dem entstandenen „Begriffsteppich“ <strong>wir</strong>d nun<br />

noch einmal der Text Amos 5,24 vorgelesen und in<br />

die Mitte gelegt.<br />

„Es ströme aber Recht wie Wasser und Gerechtigkeit<br />

wie ein nie versiegender Bach“:<br />

49

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