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In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...

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24<br />

Sozialstationen. Sie sollen mit Geduld und Liebe<br />

Zeit für die Menschen haben, zugleich aber kostenbewusst<br />

<strong>wir</strong>tschaften und konsequent die Vorgaben<br />

der Verwaltung umsetzen.<br />

Zwischen allen Stühlen – ich denke an Pastorinnen<br />

und Pastoren, zerrissen zwischen der Erwartungshaltung<br />

derer, die nur betreut und versorgt, besucht<br />

und ge<strong>sehen</strong> werden wollen, und dem<br />

Wunsch nach einer mittragenden, mündigen Gemeinde,<br />

die selbstbewusst ihren Weg geht. Ein<br />

Gedicht, <strong>das</strong> ich vor Jahren fand, beschreibt die<br />

Pfarrersituation zwischen den Stühlen so:<br />

Ein Pfarrer muss sein ganz groß und ganz klein,<br />

vornehmen Sinnes wie aus Königsgeschlecht,<br />

einfach und schlicht wie ein Bauernknecht,<br />

ein Held, der sich selbst bezwungen,<br />

ein Mensch, der mit Gott gerungen,<br />

ein Quell vom heiligen Leben,<br />

ein Sünder, dem Gott vergeben,<br />

ein Herr dem eignen Verlangen,<br />

ein Diener der Schwachen und Bangen,<br />

vor keinem Großen sich beugend,<br />

zu den Geringsten sich neigend,<br />

ein Schüler vor seinem Meister,<br />

ein Führer im Kampf der Geister,<br />

ein Mann an den Kampfesstätten,<br />

ein Weib an den Krankenbetten,<br />

ein Greis im Schauen, ein Kind im Trauen,<br />

nach Höchstem trachtend, <strong>das</strong> Kleinste achtend,<br />

gestimmt zur Freude, vertraut dem Leide,<br />

weitab vom Neide.<br />

Im Denken klar, im Reden wahr,<br />

feststehend in sich – ganz anders als ich.<br />

Aber zurück zu unserer Geschichte. Zwischen allen<br />

Stühlen – so erlebt sich Mose. Und wie reagiert<br />

Gott auf die angespannte Situation? Nicht mit falschem<br />

Trost, auch nicht mit Beschwichtigungen<br />

und Durchhalteparolen. Gott reagiert pfingstlich –<br />

und sehr originell. Er schafft Abhilfe, schnell und<br />

konsequent.<br />

Gott hat Mose seinen Geist gegeben. Den braucht<br />

es schon, wenn Gottes Volk geleitet werden soll.<br />

Aber bisher hat dieser Geist Gottes auf einem Menschen<br />

allein gelegen. Und mit diesem Geist-Monopol<br />

– <strong>das</strong> sieht Gott offenbar auch so – ist Mose<br />

überlastet. Gott stattet seinen Mose deshalb nicht<br />

mit noch mehr Kraft aus, um seine Allmachtsphantasien<br />

zu beflügeln und ihn zu provozieren,<br />

seine Grenzen zu überschreiten. Das hätte sich <strong>das</strong><br />

Volk Israel sicher gewünscht: einen noch stärkeren<br />

Mose. Das wünschen sich fast alle Gemeinden: einen<br />

noch kreativeren, mit noch mehr Gaben und<br />

Zeit begnadeten Pastor.<br />

Nein, Gott geht einen völlig anderen Weg. Er<br />

nimmt einen Teil des Geistes, den er Mose gegeben<br />

hat, und legt ihn auf 70 bewährte Menschen aus<br />

dem Volk. Nun werden es 70 Schultern mehr sein,<br />

die die Last und Verantwortung mittragen. Ein seltsamer<br />

Vorgang: Der Geist Gottes, Gott selbst, erweist<br />

sich als teilbar, als mitteilbar. Geistbegabung<br />

als Lastenausgleich, Überschuss an Gottes Energie<br />

und Lebendigkeit, Geistesfülle, die <strong>das</strong> kleine Gefäß<br />

eines einzelnen Lebens sprengt. Damals hat<br />

sich diese Ausbreitung des Geistes Gottes auf 70<br />

Personen beschränkt. Aber Mose träumt bereits<br />

von mehr: „Wenn doch der Herr seinem ganzen<br />

Volk seinen Geist gegeben hätte!“.<br />

Gut geträumt, Mose! Gottes Geist fürs ganze Volk!<br />

Ein pfingstlicher Traum ist <strong>das</strong>, liebe Gemeinde.<br />

Denn Pfingsten ist <strong>das</strong> Fest der Demokratisierung<br />

des Heiligen Geistes. Gottes Geist ist für alle da. Er<br />

bleibt nicht besonderen „Geistlichen“ vorbehalten,<br />

sondern will <strong>das</strong> ganze Volk Gottes erfüllen. Er<br />

macht alle Christen zu „Geistlichen“, zu geistbegabten<br />

Menschen, die aus seiner Kraft leben und<br />

<strong>das</strong> gemeinsame Leben mitverantworten. Zwischen<br />

den Stühlen – <strong>das</strong> ist nicht der Ort des Geistes<br />

Gottes. Er drängt zu den Menschen, verteilt sich<br />

auf viele Schultern. Das eint und erneuert, <strong>das</strong> verständigt<br />

und versöhnt, <strong>das</strong> befreit und beunruhigt.<br />

Seit Pfingsten ist genügend Geist Gottes vorhan-<br />

den. Wir brauchen nicht zum Himmel zu starren<br />

und auf neue Feuerzungen zu warten. Der Heilige<br />

Geist ist längst da. Wir dürfen ihn nur nicht pastoral<br />

einsperren und seine vielfältigen Gaben und<br />

Möglichkeiten im Pfarramt beerdigen. Gottes Geist<br />

wartet darauf, <strong>das</strong>s <strong>wir</strong> alle ihm Raum geben.<br />

Genau <strong>das</strong> meint Pfingsten: Wir sind füreinander<br />

da – und Gottes Geist ist für uns alle da. Für uns als<br />

Gemeinde ist <strong>das</strong> Anlass zur Freude und eine spannende<br />

Herausforderung zugleich. Anlass zu dankbarer<br />

Freude, weil <strong>wir</strong> es ja auch schon erfahren<br />

haben, was Gottes Geist unter uns frei setzt. Viele<br />

in unserer Gemeinde denken mit und beten mit,<br />

entfalten ihre Gaben und setzen sie ein, tragen<br />

Mitverantwortung und engagieren sich. Im Thomasmesse-Team<br />

haben <strong>wir</strong> entdeckt, wie Gottes<br />

Geist aus sog. „Laien“ <strong>wir</strong>klich „Geistliche“<br />

macht, wie bereichernd es ist, wenn Verkündigung<br />

nicht nur aus Pastoren-Mund kommt, wie sich Segen<br />

Gottes ausbreitet, wo <strong>wir</strong> es wagen, einander<br />

zu segnen und füreinander zum Segen zu werden.<br />

Aber <strong>das</strong>s Gottes Geist für uns alle da ist, liebe<br />

Pfingstgemeinde, <strong>das</strong>s dieser Geist uns alle meint<br />

und beansprucht – <strong>das</strong> ist und bleibt auch eine<br />

spannende Herausforderung für uns als Kirche.<br />

Pfingsten ist nämlich die Einladung Gottes an seine<br />

Kinder, erwachsen zu werden. Das Volk Israel ist<br />

damals ins Kleinkindstadium zurückgefallen, hat<br />

sich den starken Papa Mose gewünscht – ohne<br />

selbst stark werden zu wollen. Sicher: Wir alle sind<br />

und bleiben Gottes Kinder. Aber <strong>wir</strong> müssen keine<br />

geistlichen Säuglinge bleiben. Wir brauchen nicht<br />

ständig einen Mose, der uns wie eine Amme auf<br />

seinen Armen trägt. Wir leben nicht nur von der<br />

pastoralen Nuckelflasche, die uns ernährt. Wir haben<br />

Gottes Geist, der aus Unmündigen Mündige,<br />

aus Abhängigen Selbständige, aus kirchlich Betreuten<br />

mutige Christenmenschen macht, die für<br />

ihren Glauben selbst einstehen. Gottes Geist ist für<br />

uns alle da. Also: Geben <strong>wir</strong> ihm Raum! Amen.<br />

Gebet<br />

Lebendiger Gott,<br />

du willst die Fülle des Lebens nicht für dich behalten.<br />

Du willst deinen guten Geist mit uns teilen.<br />

Darum bitten <strong>wir</strong> dich:<br />

Mach aus uns pfingstliche Menschen.<br />

Öffne uns für dein Wirken.<br />

Kehr bei uns ein mit <strong>deinem</strong> Geist<br />

und kehr bei uns aus, was dir entgegensteht.<br />

Füll unsere leeren Herzen<br />

mit der Freude daran,<br />

<strong>das</strong>s du für uns da bist<br />

und <strong>wir</strong> füreinander da sein können.<br />

Amen.<br />

Landessuperintendent<br />

Dr. Burghard Krause,<br />

Göttingen

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