In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
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19 Die Werke des Fleisches sind deutlich erkennbar:<br />
Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes<br />
Leben, 20 Götzendienst, Zauberei, Feindschaften,<br />
Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen,<br />
Parteiungen, 21 Neid und Missgunst, Trinkund<br />
Essgelage und Ähnliches mehr. Ich wiederhole,<br />
was ich euch schon früher gesagt habe:<br />
Wer so etwas tut, <strong>wir</strong>d <strong>das</strong> Reich Gottes nicht<br />
erben.<br />
Das klingt fast wie die Skandalchronik eines „freiheitlichen“<br />
Europas, <strong>das</strong> z. B. nach der Wende<br />
kaum fähig war, an die Stelle eines repressiven Systems<br />
ein gedeihliches Miteinander der Menschen<br />
zu gestalten, sondern vielfach den Raum für die<br />
Zersetzung von Verhältnissen geöffnet hat. Was da<br />
geschieht gleicht dem, wie Paulus hier die Werke<br />
des Fleisches beschreibt, also <strong>das</strong>, was ein schrankenloser<br />
Egoismus be<strong>wir</strong>kt. Aber Paulus schreibt<br />
<strong>das</strong> nicht, damit sich die Christen über die böse<br />
Welt entrüsten, sondern um nachdrücklich dafür zu<br />
werben, <strong>das</strong> eigene Leben in der richtigen Weise zu<br />
führen. Auch dafür gibt er Beispiele:<br />
22 Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude,<br />
Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue,<br />
23 Sanftmut und Selbstbeherrschung; dem allem<br />
widerspricht <strong>das</strong> Gesetz nicht.<br />
24 Alle, die zu Christus Jesus gehören, haben <strong>das</strong><br />
Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden<br />
gekreuzigt.<br />
Auffallend ist: Paulus spricht hier nicht von Werken<br />
des Geistes, sondern von der Frucht des Geistes.<br />
Der Lebensstil des Glaubens hat also etwas Organisches,<br />
zeichnet sich durch ein Verhalten aus, <strong>das</strong><br />
aus der Gemeinschaft mit Gott durch den Heiligen<br />
Geist erwächst. So werden auf dieser Seite auch<br />
nicht eine Vielzahl „guter Taten“ genannt, sondern<br />
Grundhaltungen, die letztlich alle Entfaltungen der<br />
Liebe sind. Dabei spricht Paulus von der Frucht des<br />
Geistes, also von einem Lebensstil, der dem Glauben<br />
an Jesus Christus entspringt. Das bedeutet<br />
nicht, <strong>das</strong>s nur Christen zur Liebe, Freude oder zum<br />
Frieden fähig sind. Aber es bedeutet auch, <strong>das</strong>s<br />
man solches Verhalten nicht einfach per Verfassung<br />
verordnen oder per Curriculum den Kindern<br />
beibringen kann. Es kann nur wachsen, wo ein Leben<br />
in der Liebe Gottes verwurzelt ist.<br />
Die christlichen Kirchen haben in Europa also vor<br />
allem die Aufgabe, Gottes Liebe glaubhaft zu leben.<br />
Als Kirche Jesu Christi sind sie Kirche der Freiheit.<br />
Ihre Freiheit ist eine Freiheit, die von Gottes<br />
Geist und damit von seiner Liebe geleitet ist. Das<br />
muss sich zuerst am Umgang der Kirchen miteinander<br />
und am Leben derer zeigen, die sich zu Christus<br />
bekennen. Es erweist sich insbesondere auch an<br />
ihrer Freiheit, sich für andere einzusetzen, vor allem<br />
für die, die in Europa keine Lobby haben, und<br />
auch für die, die noch draußen vor den Türen sind.<br />
Das <strong>Licht</strong> Jesu Christi scheint auf alle – Hoffnung<br />
auf Erneuerung und Einheit in Europa, so<br />
heißt <strong>das</strong> Motto der 3. <strong>Europäische</strong>n Ökumenischen<br />
Versammlung. Europa braucht <strong>das</strong> <strong>Licht</strong> einer<br />
Freiheit, die in der Liebe gelebt <strong>wir</strong>d. Ist es in<br />
der Kirche Jesu sichtbar?<br />
Bischof em.<br />
Dr. Walter Klaiber,<br />
Tübingen