In deinem Licht sehen wir das Licht - Dritte Europäische ...
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Gemeinschaften einen offenen, transparenten und<br />
regelmäßigen Dialog mit ihnen.<br />
Absatz 3 trägt dem Rechnung, <strong>das</strong>s die <strong>Europäische</strong><br />
Union eine breitestmögliche Partizipation der<br />
Bürgerinnen und Bürger anstrebt. Zu diesem Zweck<br />
steht sie im Dialog mit der Gesellschaft und entwickelt<br />
diesen weiter. Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
bringen in diesen Dialog ihre besonderen<br />
Erfahrungen aus ihrem Wirken auf lokaler,<br />
regionaler, nationaler und internationaler Ebene<br />
ein, die so unterschiedliche Felder wie Sozialpolitik,<br />
Migration, Entwicklungspolitik, Erziehung und<br />
Seelsorge betreffen. Absatz 3 erkennt die besondere<br />
Identität von Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
und ihre besonderen Beiträge, also ihr öffentliches<br />
Wirken, an.<br />
Bisher gab es diesen Dialog zwischen der EU-Kommission<br />
auf der einen und KEK und COMECE auf<br />
der anderen Seite als unverbindliche, halbjährliche<br />
Konferenzen zu Themen der jeweiligen Ratspräsidentschaft,<br />
als Besprechungen auf Arbeitsebene<br />
und Begegnungen mit der jeweils neuen Ratspräsidentschaft.<br />
<strong>In</strong> dem Vertragsentwurf für einen strukturierten<br />
Dialog besteht also eine Chance, aber auch eine<br />
weitere Herausforderung für die Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />
in Europa. Und sie nutzen<br />
sie. So hat im Dezember eine Konferenz mit 60 europäischen<br />
Kirchenleitenden in Brüssel zu dem<br />
Thema ‚<strong>Europäische</strong> Werte’ und Identität formuliert,<br />
was den Kirchen gemeinsam wichtig ist und<br />
was sie im europäischen <strong>In</strong>tegrationsprozess an<br />
Klärungen erwarten.<br />
b.) Präambel und Gottesbezug<br />
Ein besonders engagiert diskutiertes Thema war und<br />
ist, ob die Präambel einen Bezug auf die Verantwortung<br />
vor Gott und einen Bezug auf die christlichen<br />
Wurzeln Europas enthält. Die irische Ratspräsidentschaft<br />
hatte wenige Tage vor der Entscheidung für<br />
den Vertrag einen Vorschlag für die Präambel vorgelegt.<br />
Dieser beinhaltete zwar weder einen Bezug auf<br />
Gott noch die ausdrückliche Nennung des christlichen<br />
Erbes Europas, aber er nahm einen Argumentationsstrang<br />
auf: von Seiten der Kirchen war eingewandt<br />
worden, <strong>das</strong>s eine ausführliche Präambel, die<br />
differenziert zurückblickt auf die Jahrhunderte, wie<br />
bisher im ersten Abschnitt formuliert war, und bei<br />
der Nennung des Humanismus endete, <strong>das</strong> Christentum<br />
nicht unterschlagen dürfe. Dieser erste Abschnitt<br />
wurde nun gestrichen – die Bezugnahme auf<br />
die Europa prägenden Traditionen also sehr viel kürzer.<br />
So lautet der Beginn: Schöpfend aus den kulturellen,<br />
religiösen und humanistischen Überlieferungen<br />
Europas, deren Werte in seinem Erbe weiter<br />
lebendig sind....“<br />
Die KEK hat die Tatsache, <strong>das</strong>s es 2004 zu einer Einigung<br />
über den Verfassungsvertrag kam, begrüßt<br />
und folgende Aspekte unterstrichen:<br />
– Die <strong>Europäische</strong> Union bekennt sich zu den<br />
Werten, wie sie in der Charta der Grundrechte<br />
ausformuliert sind;<br />
– diese haben rechtlich bindende Kraft, etwa im<br />
Blick auf den Schutz der Menschenwürde und<br />
der Menschenrechte;<br />
– die Verfassung definiert genauer die Kompetenzen<br />
der EU-<strong>In</strong>stitutionen und der Mitgliedsstaaten,<br />
stärkt die Rechte des Europaparlaments<br />
und der Zivilgesellschaft und kann so zu<br />
mehr Partizipation der Bürgerinnen und Bürger<br />
im europäischen <strong>In</strong>tegrationsprozess führen;<br />
– die soziale Dimension der <strong>Europäische</strong>n Union<br />
ist gestärkt;<br />
– die Kirchen begrüßen den Artikel I.52, in dem<br />
die Union ihren Status und ihre besondere<br />
Identität respektiert und sich zu einem offenen,<br />
transparenten und regelmäßigen Dialog verpflichtet.<br />
Die KEK kündigt an, weiterhin <strong>das</strong><br />
Ihre dazu zu tun, <strong>das</strong>s dieser Dialog mit Leben<br />
gefüllt <strong>wir</strong>d;<br />
– angesichts der Verpflichtung auf Frieden und<br />
Sicherheit (Art. I.3) ist bedauerlich, <strong>das</strong>s die<br />
Verfassung nur die Verstärkung der militärischen<br />
Kapazitäten benennt (Artikel I.41) statt<br />
auch die Beschlüsse zu Konfliktprävention, wie<br />
sie der <strong>Europäische</strong> Rat in Göteborg 2001 gefasst<br />
hat;<br />
– der Ausgang der Europawahlen hat gezeigt,<br />
<strong>das</strong>s es noch nicht gelungen ist, Europa den<br />
Menschen näher zu bringen. Umso wichtiger<br />
ist nun, die Annahme der Verfassung zu nutzen<br />
– und die Kirchen bedauern, <strong>das</strong>s es in der Präambel<br />
keinen Bezug auf die christlichen Wurzeln<br />
Europas gibt.<br />
Damit <strong>wir</strong>d gewürdigt, <strong>das</strong>s der Verfassungsvertrag<br />
ein Kompromiss ist: entstanden aus dem Ringen<br />
von Menschen unterschiedlicher kultureller,<br />
politischer und verfassungsrechtlicher Traditionen,<br />
angreifbar, verbesserbar, weiter zu entwickeln. Ob<br />
eine neue Öffnung des Verfahrens und damit der<br />
erneuten Debatte um ein zukünftiges Rechtswerk<br />
der EU eine befriedigendere Lösung ergibt, steht<br />
noch aus.<br />
III. Frieden durch Versöhnung<br />
Ein Thema, an dem die europäischen Kirchen von<br />
ihrem Auftrag her, Kirche in der Nachfolge Jesu<br />
Christi zu sein, engagiert sind, ist die Friedens- und<br />
Versöhnungsarbeit (s. Charta Oecumenica III.8).<br />
Zum einen sind sie daraufhin zu befragen, was sie<br />
selbst zu Versöhnung beitragen – aber auch, wie<br />
sie die friedenspolitischen Entwicklungen auf europäischer<br />
Ebene mitgestalten. So soll hier beispielhaft<br />
dieses Thema im Blick auf den Verfassungsvertrag<br />
aufgegriffen werden.<br />
a.) <strong>In</strong> Art. 3.1 des Verfassungsvertrages heißt es:<br />
„Das Ziel der EU ist es, den Frieden (...) zu fördern.“<br />
Aus dieser Aussage geht eine eindeutige<br />
Positionierung für den Frieden hervor, Frieden <strong>wir</strong>d<br />
als vorrangiger Wert ange<strong>sehen</strong>.<br />
<strong>In</strong> Art. 3.4 ist die Unterstützung und Umsetzung<br />
der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen<br />
verankert. Damit <strong>wir</strong>d implizit der Vorrang von ziviler<br />
Konfliktschlichtung vor militärischen Maßnahmen<br />
(UN-Charta Kap. 7) anerkannt.<br />
Darüber hinaus ist in Art. 40.3 erstmals in einem Verfassungstext<br />
(!!) zivile Konfliktschlichtung als Handlungsalternative<br />
in Konfliktsituationen benannt.<br />
Einen anderen Akzent setzen Tendenzen in der europäischen<br />
Außen- und Sicherheitspolitik, die im<br />
Zusammenhang stehen mit einem neuen, globalen<br />
Sicherheitsverständnis, welches auf militärische<br />
Stärke setzt. Dieses <strong>wir</strong>d im Verfassungsentwurf in<br />
Art. 40 unter der Überschrift „Besondere Bestimmungen<br />
für die Durchführung der gemeinsamen<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ deutlich.<br />
Hier gibt man militärischen Lösungsansätzen den<br />
Vorrang gegenüber nichtmilitärischen Mitteln.<br />
So heißt es in Art. 40.3: „Die Mitgliedstaaten verpflichten<br />
sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise<br />
zu verbessern. Es <strong>wir</strong>d eine Agentur für die<br />
Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten,<br />
Forschung, Beschaffung und Rüstung (<strong>Europäische</strong><br />
Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren<br />
Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln<br />
und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern,<br />
zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der<br />
industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors<br />
beizutragen und diese Maßnahmen<br />
gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung<br />
einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten<br />
und der Rüstung zu beteiligen sowie den<br />
Rat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen<br />
Fähigkeiten zu unterstützen.“<br />
Auf vielen Ebenen ist dieser Artikel heftig kritisiert<br />
worden, u. a. weil ein entsprechendes <strong>In</strong>strument<br />
zur Bündelung der nichtmilitärischen Kompetenzen<br />
auf europäischer Ebene nicht im Verfassungsvertrag<br />
enthalten ist. Friedenskonsultationen, Synoden, die<br />
Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)<br />
forderten eine umgekehrte Schwerpunktsetzung.<br />
Die Kommission Kirche und Gesellschaft der KEK<br />
beriet im Mai 2006 in Sigtuna über die Kirchen und<br />
die <strong>Europäische</strong> Sicherheits- und Verteidigungspolitik,<br />
die EKD-Synode nahm <strong>das</strong> Anliegen im November<br />
auf und stellte fest:<br />
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