22.09.2013 Views

Journal of European Integration History - Centre d'études et de ...

Journal of European Integration History - Centre d'études et de ...

Journal of European Integration History - Centre d'études et de ...

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

138<br />

Christian HENRICH-FRANKE<br />

Vertr<strong>et</strong>er blockierten unter Ausnutzung ihres V<strong>et</strong>os jegliche Entscheidung im Rat, da<br />

sie die Binnenschifffahrt aus <strong>de</strong>r gemeinsamen Tarifpolitik ausgenommen sehen<br />

wollten. Überdies machte man seine rechtlichen Zweifel an <strong>de</strong>r Zulässigkeit einer<br />

EWG-Tarifpolitik für <strong>de</strong>n Rhein <strong>de</strong>utlich. Immerhin garantierte die Mannheimer<br />

Rheinschifffahrtsakte die Freiheit auf <strong>de</strong>m gesamten Rhein und es war weiterhin unklar,<br />

ob <strong>de</strong>r EWG-Vertrag überhaupt auf <strong>de</strong>n Rhein angewend<strong>et</strong> wer<strong>de</strong>n durfte.<br />

Lediglich für <strong>de</strong>n Straßengüterverkehr wollten sich die Nie<strong>de</strong>rlän<strong>de</strong>r auf ein Pak<strong>et</strong><br />

aus Margentarifen und Gemeinschaftskontingenten einlassen, welches primär die eigenen<br />

Interessen auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Verkehrsmarkt befriedigen sollte.<br />

Die Margentarife lösten eine K<strong>et</strong>tenreaktion aus, <strong>de</strong>nn ohne tarifpolitische Beschlüsse<br />

konnte die Synchronität <strong>de</strong>r Maßnahmen nicht eingehalten wer<strong>de</strong>n. Im selben<br />

Maße wie die Nie<strong>de</strong>rlän<strong>de</strong>r die tarifpolitischen Vorschläge ablehnten, stellten<br />

sich an<strong>de</strong>re Mitgliedsstaaten, allen voran die Bun<strong>de</strong>srepublik, bei <strong>de</strong>n kapazitätspolitischen<br />

Vorschlägen quer. Die starke Trennung <strong>de</strong>r Verordnungsvorschläge erschwerte<br />

das Schnüren von Pak<strong>et</strong>lösung zusätzlich. Das bereits zwei Jahre zuvor<br />

erstmals unterbreit<strong>et</strong>e <strong>de</strong>utsch-französische Angebot über einen Kompromiss aus<br />

Tarif- und Kapazitätspolitik, <strong>de</strong>r von allen an<strong>de</strong>ren EWG-Mitglie<strong>de</strong>rn g<strong>et</strong>ragen wur<strong>de</strong>,<br />

lehnte das nie<strong>de</strong>rländische Verkehrsministerium weiterhin konsequent ab. Jeglicher<br />

Fortschritt in <strong>de</strong>r gemeinsamen Verkehrspolitik war blockiert. Sogar die Anwendung<br />

<strong>de</strong>r W<strong>et</strong>tbewerbsregeln und <strong>de</strong>r Kartellverordnung 17, die ursprünglich bis<br />

zum 31. Dezember 1964 hätte geklärt sein sollen, musste ein weiteres Mal um zwei<br />

Jahre vertagt wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Verlauf <strong>de</strong>s Frühjahrs 1965 gelang es dann, in mehreren Schritten Kompromisslösungen<br />

auszuhan<strong>de</strong>ln, die am 22. Juni 1965 in <strong>de</strong>r vom Rat verabschied<strong>et</strong>en<br />

‚Übereinkunft über die Organisation <strong>de</strong>s Verkehrsmarkts’ gipfelten. Dass es überhaupt<br />

gelungen war, Fortschritte zu erzielen, ist darauf zurückzuführen, dass die<br />

französische Ratspräsi<strong>de</strong>ntschaft <strong>de</strong>n Verkehr aus seiner Isolation herausholte, die<br />

Kompromissverantwortung <strong>de</strong>s Rats übernahm und darüber hinaus <strong>de</strong>r drohen<strong>de</strong><br />

Wegfall <strong>de</strong>s V<strong>et</strong>os zum 1. Januar 1967 die Kompromissbereitschaft aller Ratsmitglie<strong>de</strong>r<br />

spürbar erhöhte. Immerhin hatte die Angst vor einer möglichen Überstimmung<br />

mit qualifizierter Mehrheit im Rat nach Wegfall <strong>de</strong>s V<strong>et</strong>os seit Jahren die verkehrspolitischen<br />

Taktiken mitbestimmt. 38<br />

Zwei Grün<strong>de</strong> hatten die französische Regierung dazu bewogen, ihre Ratspräsi<strong>de</strong>ntschaft<br />

zu nutzen, um eine verkehrspolitische Initiative zu starten. Inhaltliche<br />

Fortschritte auf <strong>de</strong>m Weg zur gemeinsamen Verkehrspolitik waren dabei eher sekundär.<br />

(1) In <strong>de</strong>r generellen integrationspolitischen Debatte über die zukünftige<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r EWG spitzte sich <strong>de</strong>r „low-level guerrilla war […] b<strong>et</strong>ween France<br />

and the Commission“ 39 um die Stärkung supranationaler o<strong>de</strong>r intergouvernementaler<br />

Elemente immer mehr zu. Wenn Frankreich vor diesem Hintergrund die festgefah-<br />

38. NAD, 2.21.096.5, Protokoll <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Koordinationskomitees für europäische Angelegenheiten,<br />

19.02.1963.<br />

39. P. LUDLOW, The <strong>European</strong> Community and the Crises <strong>of</strong> the 1960s. Negotiating the Gaullist<br />

challenge, Routledge, London, 2006, S.59.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!