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Journal of European Integration History - Centre d'études et de ...

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Gescheiterte <strong>Integration</strong>: Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 141<br />

samtwirtschaftlichen Entwicklung intervenieren zu dürfen. Die Mitgliedsstaaten versuchten<br />

so, sich alle Optionen <strong>of</strong>fen zu halten. 45<br />

Der Zeitplan sah vor: (1) In <strong>de</strong>r ersten Stufe sollten binnen drei Jahre nach Inkrafttr<strong>et</strong>en<br />

<strong>de</strong>r Übereinkunft kapazitätspolitische Angleichungen sowie weitere Maßnahmen<br />

zur Harmonisierung <strong>de</strong>r W<strong>et</strong>tbewerbsbedingungen und eine Lösung <strong>de</strong>s<br />

Wegekostenproblems vorgenommen wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m sollte die weiterhin ungeklärte<br />

Frage <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>r W<strong>et</strong>tbewerbsregeln durch die Verabschiedung einer speziellen<br />

Verkehrskartellverordnung zum Abschluss gebracht wer<strong>de</strong>n. (2) In <strong>de</strong>r zweiten<br />

Stufe plante man bis 1972 durch weitere Harmonisierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen<br />

ein finanzielles Gleichgewicht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>fizitären Eisenbahnen unter Berücksichtigung<br />

<strong>de</strong>r Normalisierung <strong>de</strong>r Konten und <strong>de</strong>r Lösung <strong>de</strong>s Problems staatlicher<br />

Eingriffe herzustellen. (3) Konkr<strong>et</strong>e Maßnahmen für die abschließen<strong>de</strong> dritte<br />

Stufe wur<strong>de</strong>n nicht festgelegt, um erst Kenntnisse über die weitere verkehrspolitische<br />

Entwicklung sammeln zu können.<br />

Die inhaltliche Reichweite <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen Kompromisslösungen blieb – beson<strong>de</strong>rs<br />

im Gegensatz zu <strong>de</strong>n ambitionierten Zielen <strong>de</strong>r Kommission – in<strong>de</strong>s gering. In<br />

gewisser Weise stellte die Übereinkunft eine Vertagung <strong>de</strong>r schwierigen D<strong>et</strong>ailprobleme<br />

dar. So war es zwar gelungen, die Synchronität <strong>de</strong>r Maßnahmen wie<strong>de</strong>r herzustellen,<br />

die konkr<strong>et</strong>en Inhalte stan<strong>de</strong>n aber bei weitem nicht fest. Um die Übereinkunft<br />

<strong>de</strong>s Rats bezüglich <strong>de</strong>r Organisation <strong>de</strong>s Verkehrsmarkts wirklich ums<strong>et</strong>zen zu<br />

können, bedurfte es noch eines erheblichen gegenseitigen Entgegenkommens <strong>de</strong>r<br />

Mitgliedslän<strong>de</strong>r.<br />

Auf französischer Seite wur<strong>de</strong> die Übereinkunft als Erfolg <strong>de</strong>r eigenen Verhandlungsführung<br />

und als ein klarer Sieg intergouvernementalistischer Politik über <strong>de</strong>n<br />

Supranationalismus gefeiert. So verkünd<strong>et</strong>e <strong>de</strong>r französische Verkehrsminister Marc<br />

Jacqu<strong>et</strong> vor <strong>de</strong>r französischen Nationalversammlung großmundig, dass „dank französischer<br />

Vorschläge, die ‚à la francaise’ ausgehan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, ein Ergebnis“ erzielt<br />

wer<strong>de</strong>n konnte. Als er obendrein fragte, „wer dann noch mit gutem Gewissen behaupten<br />

könnte, dass wir darüber belehrt wer<strong>de</strong>n müssen, wie Europa aufgebaut wer<strong>de</strong>n<br />

muss“, 46 provozierte er freilich die Kommission.<br />

Nur eine Woche nach<strong>de</strong>m die gemeinsame Verkehrspolitik erste konkr<strong>et</strong>e Züge<br />

angenommen hatte, legte die ‚Krise <strong>de</strong>s leeren Stuhls’ die Arbeit <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />

in weiten Bereichen lahm. 47 Als <strong>de</strong>r Luxemburger Kompromiss dann im Januar 1966<br />

die Handlungsfähigkeit <strong>de</strong>r Gemeinschaft wie<strong>de</strong>r herstellte, hatte dies weitreichen<strong>de</strong><br />

Konsequenzen sowohl für die EWG im Allgemeinen als auch für die Verkehrspolitik<br />

45. W. RÖCK, Die Regulierung <strong>de</strong>s W<strong>et</strong>tbewerbs auf <strong>de</strong>n EWG-Verkehrsmärkten, in: H. SEIDENFUS<br />

(Hrsg.), Stand und Möglichkeiten einer gemeinsamen EWG-Verkehrspolitik, Van<strong>de</strong>nhoeck & Ruprecht,<br />

Göttingen, 1971, S.279-379.<br />

46. Zitiert nach: Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente, Sitzungsperio<strong>de</strong> 1965/66, Bericht im<br />

Namen <strong>de</strong>s Verkehrsausschuss über das vom Rat am 22. Juni 1965 angenommene System <strong>de</strong>r Organisation<br />

<strong>de</strong>s Verkehrsmarktes und über die Vorschläge <strong>de</strong>r EWG-Kommission vom 27. Oktober<br />

1965 zur Einführung eines Margentarifsystems, Berichterstatter: Posthumus, 17.01.1966, Doc. 115,<br />

S.3.<br />

47. P. LUDLOW, op.cit.

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