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ACTA SZEKSZARDIENSIUM - Pécsi Tudományegyetem Illyés Gyula ...

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Béla Horváth<br />

2. Eine ähnlich wichtige Frage ist die hermeneutische Vorbedingtheit der<br />

Interpretierbarkeit. Ob jene psychoanalytischen Inhalte, wissenschaftlichen oder<br />

therapeutischen Kenntnisse, über die der Verfasser eines Werkes verfügt und die<br />

infolge dessen im Werk erscheinen können, Vorbedingungen für das Leserverstehen<br />

bedeuten? (Eine äusserst interessante Frage ist der kontaktherstellende Semiotismus<br />

der Intertextualität.) Offenbar ist nämlich, dass die literarischen Texte bestimmte<br />

zeitspezifische oder allgemeine Kenntnisse, kulturelle Traditionen thematisieren.<br />

Selbstverständlich können die Thesen von Freud die antropologische Schicht der<br />

Texte in Bewegung setzen, diese Theorie ist ja universal und ahistorisch, indem sie<br />

die Gründe seelischer Probleme in der kindlichen Verdrängung, in dem ödipalischen<br />

Komplex, usw. aufweist. Michael Titzman schreibt anhand des Zusammenhanges<br />

mit den frühen Modernen über die psychologisch-antropologische Relevanz und<br />

kulturelle Vorbedingtheit der Texte: „Aussagen über einen Text, die nur mit Hilfe einer<br />

psychologischer/antropologischer Theorie über den Text gemacht werden können,<br />

können naturgemäss zur Textbedeutung nur dann gehören, wenn die Theorie Teil<br />

des zeitgenössischen kulturellen Wissens ist. Nur dann können solche Aussagen<br />

grundsätzlich auch von einem zeitgenössischen Leser gefordert werden.” (Titzmann<br />

1999, 187)<br />

3. Ein ebenso wichtiges – gar nicht nur theoretisches – Problem ist das Verhältnis<br />

von literarischen Formen, künstlerischer Kontstruierung und analytischen Inhalten.<br />

Wieviel wird durch sie verborgen, d.h. –mit einem Ausdruck von Freud – „sublimiert”,<br />

bzw. welche sind jene Traum-, Angst- und Verdrängungs-Inhalte (usw.), die den Text des<br />

literarischen Werkes durchschlagen? Norman N. Holland, einen Textkorpus des Hamlet<br />

analysierend, schreibt: „Wir haben nicht einen Gehalt, sondern zwei: ein unbewusster<br />

Gehalt (eine Wunsch- oder Angstphantasie) wird umgeformt in intellektuellen Gehalt:<br />

eine gedankliche Vorstellung, von der das literarische Werk »handelt«. Im grossen und<br />

ganzen kämen wir so dazu, den Akt der Transformation mit Abwehrmanöver zu assoziieren,<br />

die aus formalen Strukturen herrühren: verbalen Stategien,-strophischen Einteilungen,<br />

der Abfolge der Bilder, usw.” (Holland 1975, 375) Dieses Dilemma in der Interpretation,<br />

die Komplexität der Strategie besteht auch im Fall solcher Kunstwerke, wie das jetzt<br />

vorzustellende Gedicht. In der Geschichte Ungarns nach 1945 wuchsen Generationen mit<br />

dem Gedicht Mama von Attila József auf- es als Memoriterstück zu lernen, als Gedicht<br />

für den Muttertag zu gebrauchen oder nur als eine schöne Bekenntnis wahrzunehmen.<br />

Diesen Verstitel kennen auch Jene, die kaum noch Andere erwähnen könnten, und den<br />

Namen des Dichters können sogar diejenigen sagen, die nichts anderes über Attila József<br />

wissen. Das Leben von Attila József (1905-1937), sein Schicksal, seine Tragödie ist ein<br />

typisches mittel-europäisches Dichterschicksal.<br />

Das Kennenlernen der Freudschen Thesen durch Attila József kann zeitlich auf die<br />

zweite Hälfte der 20er Jahre gelegt werden. Von 1931 an kann er die Analyse mit der<br />

Tiefenpsychologie auch in der Praxis erfahren, er bittet ja den Analytiker Dr. Samu<br />

Rapaport um Behandlung seiner Magenkrankheit. Diese Analyse dauert bis Mitte 1933,<br />

als ihm der Analytiker mitteilt, er könne seinen Patienten nicht heilen. Zugleich bildet<br />

sich Attila József fortwährend auch in der Theorie des Freudismus weiter. Er liest die<br />

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