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Aphoristic Writings, Notebook, and Letters to a Friend, by Otto ...

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Kennt die Pflanze Lust und Schmerz? Orchideen? Die Wollust in der Begattung<br />

scheint ihr zu fehlen! Hermaphroditismus der Pflanzen!<br />

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Die Enge des Bewußtseins und die Zeit sind nicht zweierlei, sondern eine und<br />

dieselbe Tatsache. Entgegengesetzt ist das Parallelogramm der Kräfte; indem zwei<br />

verschiedene Bewegungen sich zu einer einzigen vereinigen, und vom selben Körper<br />

zu gleicher Zeit ausgeführt werden können. Psychisch ist die Abwechslung, auch das<br />

Oszillieren.<br />

Das Seelenleben der Pflanzen nun muß ein solches sein, wo die Enge des<br />

Bewußtseins fehlt. Dem entspricht nämlich, daß die Pflanze sich nicht bewegen kann<br />

und daß sie keine Sinnesorgane hat; denn Entwicklung der Motilität und der<br />

Sensibilität sind immer parallel und gehören zuein<strong>and</strong>er. Die Enge des Bewußtseins<br />

(die Zeit) ist die Form der Bewegung des Psychischen.<br />

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Arbeit – Schöpfung | Schmerz – Lust.<br />

Daß es keinen Raubmord gibt, damit hat Nietzsche selbstverständlich Recht.<br />

Einen Mord um Geldes willen gibt es nicht. Aber der Raub ist keine „Einflüsterung<br />

der armen Vernunft“ des Mörders, sondern er gehört zum Morde: das Rauben ist ein<br />

völliges Töten; der Gemordete hätte noch immer Realität, wenn er Geld besäße:<br />

darum muß er beraubt. d. h. völlig getötet werden.<br />

––––––––––––<br />

Das schwierigste unter allen prinzipiell lösbaren Problemen ist die Beziehung des<br />

Willens zum Wert, oder, was dasselbe ist, des Menschen zu Gott. Schafft der Wille<br />

den Wert oder der Wert den Willen? Schafft Gott den Menschen oder verwirklicht<br />

erst der Mensch Gott? Ergreift der Wille das Gute oder das Gute den Willen? Es ist<br />

dies das Problem der Gnade, das höchste und letzte Problem innerhalb des<br />

Dualismus, während die Erbsünde das Problem des Dualismus selbst ist.<br />

Es ist, wie ich glaube, so aufzulösen:<br />

Der Wert wird selbst Wille, wenn er in Relation zur Zeit tritt; denn das Ich (Gott)<br />

als Zeit ist der Wille. Es kann also gar nicht die Rede sein von Schöpfung des Willens<br />

oder des Wertes: das Problem erweist hier eine Nachbarschaft zur Erbsünde. Der<br />

Wille hingegen wird Wert (der Mensch wird Gott), wenn er gänzlich zeitlos wird; der<br />

Wert ist ein Grenzdasein des Willens, der Wille ein Grenzdasein des Wertes. Wenn<br />

Gott Zeit wird, dann wird er Wille, d. h. sowie das Sein in ein Verhältnis zum Nicht-<br />

Sein sich eingelassen hat. Aller Wille will nur zum Sein zurück (sagt die Erbsünde),<br />

und ist etwas zwischen Nicht-Sein und Sein. Von Schöpfung kann nicht die Rede<br />

sein. Wie das Auge zur Sonne, so verhält sich Mensch zu Gott. Es ist weder die Sonne<br />

nur durchs Auge, noch durchs Auge die Sonne.<br />

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