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Aphoristic Writings, Notebook, and Letters to a Friend, by Otto ...

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einer <strong>and</strong>eren Geste, einer <strong>and</strong>eren körperlichen Empfindung verbunden, und die Art<br />

und die Lokalisation dieser physischen Begleiterscheinungen sei der Wissenshaft oder<br />

einem einzelnen Menschen ganz genau bekannt und für ihn wiedererkennbar: so wäre<br />

es ganz und gar, im allerhöchsten Grade, unmoralisch, wenn dieser Mensch die<br />

Begleitempfindungen als Maßstab dafür benützen wollte, ob seine psychischen<br />

Regungen moralisch seien oder nicht.<br />

Hier liegt der eigentliche Unterschied des Psychischen vom Physischen. Das<br />

Psychische muß unmittelbarer erkannt werden, als das Physische – das ist eine<br />

Forderung der Ethik. Man besitzt eben noch einen <strong>and</strong>eren Maßstab und ein <strong>and</strong>eres<br />

Erkenntnis- und Beurteilungsorgan für das, was man selbst tut und denkt und fühlt, als<br />

für die äußeren Phänomene. Und darum kann bloß Selbstbeobachtung wahre<br />

Resultate liefern: Philosophie und Kunst sind nichts als verschiedene Weisen einer<br />

vertieften Selbstbeobachtung.<br />

––––––––––––<br />

Nur aus sich selbst kann der Mensch die Tiefe der Welt erkennen: in ihm liegen<br />

die Zusammenhänge der Welt.<br />

––––––––––––<br />

Daß wir keine Erinnerung an ein Leben vor der Geburt haben, bildet sowenig<br />

einen Einw<strong>and</strong> gegen die Erbsünde und den Fall aus der wahren Existenz, daß es<br />

vielmehr gar nicht <strong>and</strong>ers sein kann, als so, und eine Erinnerung an ein Vorleben<br />

geradezu einen Widerspruch gegen den Gedanken des Sündenfalles bilden müßte.<br />

Denn diese Erinnerung würde die Zeit inkludieren; die Zeit ist aber erst mit der<br />

Geburt, mit dem Sündenfall, da. Daß es Probleme, Krankheit, d.h. Schuld gibt, dies<br />

beweist die Erbsünde. Sein und Nicht-Sein dürfen nicht in zeitlichem Verhältnis,<br />

sondern müssen nebenein<strong>and</strong>er gedacht werden.<br />

––––––––––––<br />

Der Mord wird vom Verbrecher verübt aus fürchterlichster Verzweiflung: er ist<br />

ihm das Mittel, die größte innere Leere auszufüllen; denn als Verbrecher will er nichts<br />

mehr, tut er nichts mehr; er sieht, daß sein Leben zu keinem Ende führt, und darum<br />

will er etwas bewirken. Dabei ist ihm ganz gleichgültig, wen er mordet; die<br />

Mordabsicht richtet sich nie auf ein bestimmtes Individuum, sonst stünde ja<br />

Mordlust als psychologische Disposition nicht so tief; er will nur überhaupt morden,<br />

verneinen.<br />

Gewöhnung (Übung)<br />

Fortpflanzung<br />

⎫<br />

⎬<br />

⎭<br />

––––––––––––<br />

Schuldvermehrung,<br />

Funktion der<br />

––––––––––––<br />

Zeit.<br />

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