Aphoristic Writings, Notebook, and Letters to a Friend, by Otto ...
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Die Pflanze ist der Neurastheniker; sie zittert (der Verbrecher schlottert und<br />
klappert mit den Zähnen). Sie ist ohne Trennung durch Zellwände; d.h. hier ist<br />
Einheit, aber keine Allheit; keine Bewegung (d.h. räumliche Bestimmtheit, Haften am<br />
Ort, Sünde des Raumes), keine Sinnesorgane.<br />
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Tiere und Pflanzen sind Unbewußtes im Menschen.<br />
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Der Mensch begegnet dem ihm unbewußt gewordenen, als unfreier, in den<br />
Empfindungen wieder. Es gibt keinen Zufall; nur Gerechtigkeit.<br />
Die Schlange im Eisenbahnwaggon, wohin sie sich begeben hat, ist die nach<br />
außen gerichtete Lüge (gespaltene Zunge, Häutung, Strabismus divergens), vor<br />
welcher der Eingestiegene Furcht hat; sie nähert sich ihm um so mehr, je eher er vor<br />
der Lüge kapitulieren will: seine Feigheit zieht sie nach sich.<br />
Der Verbrecher erdenkt die Schlange und fürchtet sich vor ihr; aber er stirbt nie<br />
durch sie; ihm geschieht nie etwas von außen, sondern nur von innen: an dem<br />
Herzschlag durch die halluzinierte Schlange.<br />
So setzt auch der Verbrecher das Weib als Gedanke (er will den Koitus); aber es<br />
existiert nicht für ihn. Er findet nie das Weib, das er sucht; weil er nur die Idee des<br />
Weibes schafft. Er kann die absolute Dirne (ein altes Weib) sexuell begehren und<br />
kann die Madonna lieben (wenn er rein werden will); aber er findet die Madonna nur,<br />
wenn er gut ist; in diesem Augenblick schafft er die Madonna.<br />
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Der Athlet hat Kraft als Selbstzweck ohne ethisches Ziel. Der Athlet muß an sich<br />
selbst zugrunde gehen, wie das Walhall-Motiv an sich selbst stirbt.<br />
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Die Schlange ist s<strong>to</strong>lz: sie lügt nur nach außen, nicht nach innen.<br />
Der Hund ist gar nicht s<strong>to</strong>lz.<br />
Die Schlange trifft sicher; in ihr ist die Kraft der Erkenntnis am größten.<br />
Die alte Jungfer ist das Nichts das aus dem Weibe wird, dem der Mann, der sie<br />
schafft, aus ethischen Gründen nicht wieder begegnet. Sie geht ganz zugrunde.<br />
Der Mond ist der Traum; der Nachtw<strong>and</strong>ler ist der unfrei gewordene Träumer.<br />
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