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Money and Markets: Essays in Honor of Leland B. Yeager

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112 Jürgen G. Backhauskönnte; was aber deren “Realitäten” betrifft, so glauben wir nicht daran, daßsie Dauer haben. Das Eis, das heute noch trägt, ist schon sehr dünn geworden:der Tauw<strong>in</strong>d weht, wir selbst, wir Heimatlosen, s<strong>in</strong>d etwas, das Eis und<strong>and</strong>ere allzudünne “Realitäten” aufbricht . . . Wir “konservieren” nichts, wirwollen auch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Vergangenheit zurück, wir s<strong>in</strong>d durchaus nicht“liberal”, wir arbeiten nicht für den “Fortschritt”, wir brauchen unser Ohrnicht erst gegen die Zukunfts-Sirenen des Marktes zu verstopfen – das, wassie s<strong>in</strong>gen “gleiche Rechte”, “freie Gesellschaft”, “ke<strong>in</strong>e Herren mehr undke<strong>in</strong>e Knechte”, das lockt uns nicht! – wir halten es schlechterd<strong>in</strong>gs nicht fürwünschenswert, daß das Reich der Gerechtigkeit und E<strong>in</strong>tracht auf Erdengegründet werde (weil es unter allen Umständen das Reich der tiefstenVermittelmäßigung und Ch<strong>in</strong>eserei se<strong>in</strong> würde), wir freuen uns an allen, diegleich uns die Gefahr, den Krieg, das Abenteuer lieben, die sich nichtabf<strong>in</strong>den, e<strong>in</strong>fangen, versöhnen und verschneiden lassen, wir rechnen unsselbst unter die Eroberer, wir denken über die Notwendigkeit neuerOrdnungen nach, auch e<strong>in</strong>er neuen Sklaverei – denn zu jeder Verstärkungund Erhöhung des Typus “Mensch” gehört auch e<strong>in</strong>e neue Art Versklavungh<strong>in</strong>zu – nicht wahr? Mit alledem müssen wir schlecht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitalter zuHause se<strong>in</strong>, welches die Ehre <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen liebt, das menschlichste,mildeste, rechtlichste Zeitalter zu heißen, das die Sonne bisher gesehen hat.Schlimm genug, daß wir gerade bei diesen schönen Worten um so häßlichereH<strong>in</strong>tergedanken haben! Daß wir dar<strong>in</strong> nur den Ausdruck – auch dieMaskerade – der tiefen Schwächung, der Ermüdung, des Alters, derabs<strong>in</strong>kenden Kraft sehen! Was kann uns daran gelegen se<strong>in</strong>, mit was fürFlittern e<strong>in</strong> Kranker se<strong>in</strong>e Schwäche aufputzt! Mag er sie als se<strong>in</strong>e Tugend zurSchau tragen – es unterliegt ja ke<strong>in</strong>em Zweifel, daß die Schwäche mild, achso mild, so rechtlich, so un<strong>of</strong>fensiv, so “menschlich” macht! – Die “Religiondes Mitleidens”, zu der man uns überreden möchte, o wir kennen diehysterischen Männle<strong>in</strong> und Weible<strong>in</strong> genug, welche heute gerade dieseReligion zum Schleier und Aufputz nötig haben! Wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eHumanitarier; wir würden uns nie erlauben wagen, von unserer “Liebe zurMenschheit” zu reden – dazu ist unsere<strong>in</strong>s nicht Schauspieler genug! Odernicht Sa<strong>in</strong>t-Simonist genug, nicht Franzose genug! Man muß schon mite<strong>in</strong>em gallischen Übermaß erotischer Reizbarkeit und verliebter Ungeduldbehaftet se<strong>in</strong>, um sich <strong>in</strong> ehrlicher Weise sogar noch der Menschheit mitse<strong>in</strong>er Brunst zu nähern . . . Der Menschheit! Gab es je noch e<strong>in</strong> scheußlicheresaltes Weib unter allen alten Weibern? (-es müßte denn etwa “die Wahrheit”se<strong>in</strong>: e<strong>in</strong>e Frage für Philosophen). Ne<strong>in</strong>, wir lieben die Menschheit nicht;<strong>and</strong>ererseits s<strong>in</strong>d wir aber auch lange nicht “deutsch” genug, wie heute dasWort “deutsch” gang und gäbe ist, um dem Nationalismus und demRassenhaß das Wort zu reden, um an der nationalen Herzenskrätze undBlutvergiftung Freude haben zu können, derenthalben sich jetzt <strong>in</strong> EuropaVolk gegen Volk wie mit Quarantänen abgrenzt, absperrt. Dazu s<strong>in</strong>d wir zuunbefangen, zu boshaft, zu verwöhnt, auch zu gut unterrichtet, zu “gereist”:wir ziehen es bei weitem vor, auf Bergen zu leben, abseits, “unzeitgemäß”, <strong>in</strong>

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