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Augsburg

Respekt in aller Welt für Rücktritt des Papstes

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16./17. Februar 2013 / Nr. 7 DAS ULRICHSBISTUM<br />

politischer Legende‘. Coelestin V.<br />

war im 13. Jahrhundert ebenfalls<br />

zurückgetreten, und zwar, weil er<br />

,ganz offenkundig in ständiger Spannung<br />

mit seiner<br />

weltlich-organisatorischen<br />

Betätigung<br />

stand‘. Dazu<br />

kamen noch<br />

andere Gründe.<br />

Das Pontifikat<br />

von Coelestin<br />

V. endete am<br />

13. Dezember<br />

1294 nach nur Wilhelm Imkamp<br />

fünf Monaten.<br />

Als Papst Paul VI. 1966 bei seinem<br />

Besuch in Fumone das Andenken<br />

Coelestins V. besonders hervorhob,<br />

kamen damals Gerüchte auf, Paul<br />

VI. trage sich mit Rücktrittsabsichten.<br />

Diese Gerüchte hielten sich<br />

bis zum Vorabend seines 80. Geburtstages.<br />

Dann gab es ein offiziöses<br />

Dementi in der Vatikanzeitung.<br />

Coelestin V. wurde nach seinem Tod<br />

heilig gesprochen, aber zu seinen<br />

Lebzeiten von seinem Nachfolger<br />

Bonifaz VIII. eher zum Schweigen<br />

angehalten. Eine Position, die Papst<br />

Paul VI. ausdrücklich rechtfertigte.<br />

Grundsätzlich liegt unser Papst<br />

auf der Linie, die er selbst in dem<br />

Buch ,Licht der Welt‘ von Peter<br />

Seewald schon skizziert hatte, ja<br />

er wiederholt in seiner lateinischen<br />

Ansprache fast wörtlich die entsprechende<br />

Passage aus diesem Buch. Es<br />

gibt also eine konsequente Kontinuität<br />

des päpstlichen Denkens. Im<br />

Übrigen gilt der Can 332 § 2 des<br />

Kirchenrechts, und wenn es auch<br />

kein Routinevorgang ist, handelt es<br />

sich weder um einen beispiellosen<br />

Vorgang noch um einen Vorgang,<br />

der vom Kirchenrecht nicht vorgesehen<br />

wäre. Im Übrigen zeigt gerade<br />

die weltweite Betroffenheit und<br />

Aufmerksamkeit, die dieser Schritt<br />

erlangt, die enorme Bedeutung des<br />

Papsttums. Gerade im Rücktritt<br />

leuchtet das Papsttum in seiner<br />

Würde hell auf.“<br />

ger steht als Theologe und Priester<br />

bei mir in einem hohen Ansehen.<br />

Die wenigen Begegnungen, die ich<br />

mit dem Papst hatte, waren tief beeindruckend.<br />

Sein Rücktritt ist für<br />

mich unerwartet und macht auch<br />

zunächst sprachlos.<br />

Ich habe Respekt vor seiner Gewissensentscheidung<br />

und vor dem<br />

Mut, sie zu treffen. Es ist nicht meine<br />

Aufgabe, hier zu urteilen. Dem<br />

Papst gehören mein Gebet und<br />

meine tiefe innere Zuneigung. Das<br />

Gebet gehört aber in dieser Situation<br />

auch unserer ganzen Kirche.<br />

Spüren wir hier nicht, dass wir uns<br />

gerade jetzt auf das unveränderliche<br />

und feste Fundament besinnen<br />

müssen, das uns trägt: Jesus Christus.<br />

Der Heilige Geist, der seine<br />

Kirche führt, wird uns helfen und<br />

die Kardinäle bei ihrer Wahl, die sie<br />

zu treffen haben, führen. Ich bete,<br />

dass die Kirche einen Nachfolger<br />

Petri bekommt, der sich in seiner<br />

menschlichen Schwäche gegenüber<br />

der großen Aufgabe ganz dem Herrn<br />

anvertraut und, sich auf ihn bauend,<br />

senden lässt.“<br />

„Während sich die maßlose<br />

Überraschung über den Rücktritt<br />

Benedikts XVI. langsam legt, steht<br />

die Frage – inzwischen schon von<br />

vielen vielbeantwortet – im Raum,<br />

was seine große Bedeutung und sein<br />

Erbe für die Geschichte wäre“, gibt<br />

Weihbischof Anton Losinger zu<br />

Bedenken. „Für mich ist es bei allem<br />

Respekt vor den historischen Ereignissen,<br />

Begegnungen und Entschei-<br />

Anton Losinger<br />

dungen seines Pontifikates die Größe<br />

seiner Theologie. Schon als Theologiestudent<br />

interessierte mich neben<br />

Karl Rahners Grundkurs des Glaubens<br />

Joseph Ratzingers – in meinen<br />

Augen – bestes Buch: ,Die Einführung<br />

in das Christentum‘. Wie er<br />

sich dort an den<br />

Sätzen des Glaubensbekenntnisses<br />

der Kirche<br />

entlangarbeitet<br />

und alles für eine<br />

philosophisch,<br />

existentiell und<br />

lebenspraktisch<br />

kritisch gewordenen<br />

Neuzeit<br />

plausibel macht<br />

und erklärt, das<br />

war von tiefem Eindruck für mein<br />

Denken. ,Glaube und Vernunft‘<br />

sind logischerweise der cantus firmus<br />

seiner theologischen Arbeit und<br />

seiner Leidenschaft, Menschen zum<br />

Nachdenken über die Schönheit des<br />

Glaubens und Gottes zu gewinnen.<br />

Die erste große Enzyklika ,Deus Caritas<br />

est‘ und seine berühmt gewordene<br />

Rede im Deutschen Bundestag<br />

über ,Die Grundlagen des Rechtes‘<br />

haben diese philosophisch-theologische<br />

Absicht gemeinsam, die sich<br />

bald in den geplanten 16 Bänden<br />

des Instituts Papst Benedikt entfalten<br />

wird.<br />

Schließlich erinnere ich mich an<br />

die beiden Gelegenheiten, da es zu<br />

einem persönlichen Gespräch mit<br />

ihm kam. Der Papst und Professor<br />

Benedikt XVI. interessierte sich –<br />

bis in Details bestens informiert und<br />

belesen – für Fragen der modernen<br />

Gentechnik und Biomedizin, die<br />

uns im Deutschen Ethikrat intensiv<br />

bewegten. Wo sind Grenzen der<br />

Wissenschaft und Technik, welche<br />

Gewissensprinzipien und welche Gesetze<br />

müssen menschliches Denken<br />

und Tun regeln, damit der Mensch,<br />

das Ebenbild Gottes und das Ziel<br />

seiner grenzenlosen Liebe, nicht versinkt?<br />

Diese Sorge – vom Papst messerscharf<br />

erkannt und reflektiert –<br />

wird eine Zukunftsherausforderung<br />

der Menschheit und der Kirche bleiben,<br />

die das Beste der Theologie und<br />

Ethik erfordern wird. Das meint<br />

schließlich Weltverantwortung in<br />

der hochdramatischen Interpretation<br />

des klugen Papstes und Theologen<br />

Joseph Ratzinger, und nicht, ob<br />

es in Freiburg ein Konzerthaus gibt,<br />

was viele Menschen weltweit bis zu<br />

seiner berühmten Konzerthausrede<br />

bis dahin gar nicht wussten.“<br />

„Die überraschende Rücktrittsankündigung<br />

von Papst Benedikt<br />

XVI. verdient hohe Achtung und<br />

Respekt“, erklärt Helmut Mangold,<br />

Vorsitzender des Diözesanrats der<br />

Katholiken im Bistum <strong>Augsburg</strong>.<br />

„Der Papst hat mit seiner Begründung<br />

für den Rücktritt deutlich gemacht,<br />

welche hohen Anforderungen<br />

er mit seinem Amt verbindet<br />

und wie sehr der Petrusdienst eine<br />

Vorbildfunktion für die ganze Kirche<br />

hat. Papst Benedikt hat die hohe Bedeutung<br />

der Laienmitarbeit immer<br />

wieder in den Mittelpunkt mancher<br />

„Die Nachricht, dass Papst Benedikt<br />

XVI seinen Rücktritt für den<br />

28. Februar um<br />

20 Uhr erklärt<br />

hat, war wie ein<br />

Blitz aus heiterem<br />

Himmel“,<br />

erklärt Bischofsvikar<br />

Karlheinz<br />

Knebel: „Ich<br />

meinte zuerst,<br />

jemand wolle<br />

zum Fasching<br />

Karlheinz Knebel einen Scherz<br />

machen. Ein<br />

Blick in die Nachrichtenlage aber<br />

hat bestätigt, was ich nicht für möglich<br />

gehalten habe. Joseph Ratzin-<br />

Bei der Pfarreiwalfahrt im April 2009 begegnete Pfarrer Franz Götz Papst Benedikt XVI. persönlich.<br />

Foto: privat

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