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16./17. Februar 2013 / Nr. 7 FASTENAKTION<br />
ainvasion<br />
lung auf Agroökologie<br />
ckend.<br />
Seine Kinder sehen in der Landwirtschaft<br />
keine Zukunft. Der mittlere<br />
studiert in der nahegelegenen<br />
Kleinstadt Caaguazú Betriebswirtschaft,<br />
der Älteste ist nach Argentinien<br />
ausgewandert, um dort auf dem<br />
Bau sein Glück zu versuchen. Seine<br />
dreijährige Tochter hat er bei den<br />
Großeltern gelassen. Aber es geht<br />
ihm gut in Argentinien, bald wird<br />
er die Kleine wohl nachholen. Dann<br />
wird es noch einsamer auf dem Hof<br />
der Familie Gómez.<br />
So bahnt sich die Soja ihren Weg.<br />
Angefangen hat es in den 90er Jahren<br />
im Osten Paraguays, wo brasilianische<br />
Bauern billig Land kauften.<br />
Dann folgten die Argentinier im Süden.<br />
Um 100 000 Hektar wächst die<br />
Monokultur jährlich, auf mittlerweile<br />
fast drei Millionen. Ein Bombengeschäft:<br />
Die Weltbevölkerung<br />
wächst und muss ernährt werden.<br />
Soja ist wegen seines hohen Eiweißgehalts<br />
ideal für die Viehmast. Dort,<br />
wo früher Kleinbauern Citrus- und<br />
Hülsenfrüchte für den heimischen<br />
Bedarf anpflanzten, wächst nun<br />
Soja für den Export. Drei Viertel der<br />
Ernte werden ausgeführt, zwei Drittel<br />
davon gehen in die Europäische<br />
Union.<br />
Einflussreiche Lobby<br />
Und während die Kleinbauern abgedrängt<br />
werden an die Armutsgürtel<br />
der Städte und Paraguay immer<br />
mehr Grundnahrungsmittel importieren<br />
muss, profitieren einige wenige<br />
Großbauern und multinationale<br />
Konzerne wie Cargill und ADM von<br />
dem Geschäft. Paraguay gehört zu<br />
den Ländern mit der ungerechtesten<br />
Landverteilung weltweit. Die Soja<br />
hat den Konzentrationsprozess noch<br />
verschärft: 2,6 Prozent Gutsherren<br />
besitzen 85,5 Prozent des Landes.<br />
Die Großgrundbesitzer haben eine<br />
einflussreiche Lobby, der Staat ist<br />
schwach und auf die wenigen Steuern<br />
angewiesen, die die Sojabarone<br />
bezahlen. Nur wenige stellen sich<br />
der Entwicklung entgegen.<br />
Eine davon ist die Sozialpastoral<br />
der Diözese Coronel Oviedo.<br />
„Wenn die Soja einmal ein Territorium<br />
erobert hat, ist dies nur schwer<br />
rückgängig zu machen. Deshalb<br />
müssen wir ihren Vormarsch stoppen<br />
und die Widerstandsfähigkeit<br />
der Bauerngemeinden stärken“, sagt<br />
der gelernte Agraringenieur Luciano<br />
León, dessen Arbeit von Misereor<br />
unterstützt wird. Es ist eine komplexe,<br />
langwierige Aufgabe. Viele der<br />
Bauern sind Analphabeten, manche<br />
haben keine Landtitel und kennen<br />
ihre Rechte nicht. Fast alle kämpfen<br />
ums Überleben – und dort setzt die<br />
Sozialpastoral an.<br />
Mit Agroforstsystemen, Fruchtwechsel<br />
und ökologischen Düngern<br />
wird ausgelaugter Boden wieder<br />
fruchtbar. Die Bauern sparen Geld,<br />
wenn sie selbst Samen ziehen, wenn<br />
sie kleine Erkrankungen mit Heilkräutern<br />
aus dem eigenen Garten<br />
behandeln können und Dünger<br />
und Insektenvernichtungsmittel<br />
aus Pflanzen herstellen. Und wenn<br />
gleichzeitig noch Bienen- und Fischzucht<br />
dazukommen, wird die Ernährung<br />
vielseitiger und die Abhängigkeit<br />
von einem einzigen Produkt<br />
geringer. Fortbildungskurse stärken<br />
den Zusammenhalt der Bauerngemeinden<br />
und damit ihre Widerstandskraft<br />
gegen die Sojainvasion.<br />
Ofelio Araujo ist einer der Bauern,<br />
die ihre Produktion umgestellt<br />
haben. Auf seinen vom Vater geerbten<br />
sieben Hektar Land in San Gregorio<br />
nördlich von Coronel Oviedo<br />
wachsen jetzt Papaya, Mais, Maniok,<br />
Bananen, Mango, Mandarinen,<br />
Melonen und Hafer. Er hat Schafe,<br />
Hühner, Schweine und Kühe. „Früher<br />
war mein Maniok klein und bitter,<br />
jetzt ist er groß und süß“, sagt<br />
der 47-Jährige stolz.<br />
Das hat Schule gemacht. 186<br />
Familien im Einzugsbereich der<br />
Pastoral haben inzwischen auf Agroökologie<br />
umgestellt. Araujos Hof<br />
versorgt die gesamte Großfamilie<br />
bis hin zu Tanten und Neffen. Den<br />
Überschuss verkauft Araujo auf dem<br />
Wochenmarkt in der Stadt. Davon<br />
kauft er Kleidung, Salz, Nudeln,<br />
Medikamente, Möbel – und lässt<br />
seine Kinder ausbilden. Die drei<br />
ältesten studieren in Coronel Oviedo<br />
Betriebswirtschaft und Buchhaltung.<br />
„Damit der Hof in der<br />
Familie bleibt und noch besser bewirtschaftet<br />
wird“, hofft Araujo. Am<br />
Wochenende kommen alle auf dem<br />
Hof zusammen und helfen mit. Daran,<br />
sein Land zu verkaufen, denkt<br />
Araujo nicht: „Was soll ich denn in<br />
der Stadt? Hier haben wir doch alles,<br />
was wir für ein gutes Leben brau-<br />
Das Leben ist sehr einfach: die meisten Kleinbauern haben keinen Strom und kochen<br />
am offenen Feuer – auch Ursulina Gómez. Zwei Hektar sind ihr und ihrem Mann<br />
Dionisio geblieben.<br />
Fotos: Florian Kopp/Misereor<br />
Misereor-Fastenaktion<br />
Eröffnungsgottesdienst an diesem Sonntag<br />
In der Fastenzeit kommen Gäste aus<br />
Misereor-Projekten im Niger, Bangladesch<br />
und Paraguay nach Deutschland<br />
und berichten in Gemeinden und<br />
Schulen über ihren Einsatz im Kampf<br />
gegen den Hunger. Das neue Misereor-Hungertuch,<br />
das die bolivianisch/<br />
slowenische Künstlerin Ejti Stih gemalt<br />
hat, wird während der Fastenzeit<br />
in vielen Gemeinden und Kirchen zu<br />
sehen sein.<br />
Mit Impulsen für die Gemeinden sowie<br />
mit einer eigenen Kinderfastenaktion<br />
und der gemeinsam mit dem Bund der<br />
Deutschen Katholischen Jugend entwickelten<br />
Jugendaktion ruft Misereor zur<br />
Beteiligung auf. Neben dem Fastenopfer<br />
als Zeichen der Solidarität und<br />
Verbundenheit mit den Ärmsten sollen<br />
mit der Aktion auch konkrete Schritte<br />
im Kampf gegen den weltweiten Hunger<br />
entwickelt werden.<br />
Eröffnet wird die bundesweite Fastenaktion<br />
an diesem Sonntag, 17.<br />
Februar, im Bistum Aachen mit einem<br />
feierlichen Gottesdienst (10 Uhr in der<br />
Aachener Pfarrkirche St. Jakob), der<br />
von der ARD übertragen wird. Zu diesem<br />
Gottesdienst werden Menschen<br />
aus ganz Deutschland das Hungertuch<br />
in einer einwöchigen Wallfahrt nach<br />
Aachen bringen. Höhepunkt der Fastenaktion<br />
ist der fünfte Sonntag der<br />
Fastenzeit (17. März). Dann werden<br />
bundesweit die Gläubigen in allen<br />
katholischen Gottesdiensten über die<br />
Misereor-Arbeit informiert und um<br />
Unterstützung gebeten. Die Fastenaktion<br />
endet am Ostersonntag. nh<br />
Hinweis<br />
Spenden sind auch über die Konto-<br />
Nr. 10 10 10 bei der Pax Bank, BLZ<br />
370 601 93, möglich.