Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
16./17. Februar 2013 / Nr. 7 NACHRICHTEN<br />
Rücktritt ‒ Reaktionen<br />
„Großer Lehrer unserer Kirche“<br />
Geistliche und politische Würdenträger zollen dem Papst für seinen Rücktritt Respekt<br />
BERLIN (KNA/epd/red) – Der angekündigte<br />
Amtsverzicht von Papst<br />
Benedikt XVI. ist in Deutschland<br />
mit Erschütterung und Respekt<br />
aufgenommen worden. Politiker<br />
und Bischöfe würdigten das Kirchenoberhaupt<br />
als bedeutenden<br />
Theologen. Mit seinem Amtsverzicht<br />
beweise er Mut und Souveränität.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
(CDU) zollte Benedikt XVI. am<br />
Montag „allerhöchsten Respekt“. Sie<br />
würdigte den Dialog des Papstes mit<br />
den anderen christlichen Kirchen<br />
sowie mit Juden und Muslimen. Benedikt<br />
XVI. „ist und bleibt einer der<br />
bedeutendsten religiösen Denker<br />
unserer Zeit“.<br />
Der Vorsitzende der Deutschen<br />
Bischofskonferenz, Erzbischof Robert<br />
Zollitsch, sprach von einer<br />
„großen menschlichen und religiösen<br />
Geste“. Benedikt XVI. gebe aller<br />
Welt „ein leuchtendes Beispiel wirklichen<br />
Verantwortungsbewusstseins<br />
und lebendiger Liebe zur Kirche“.<br />
Zollitsch nannte den scheidenden<br />
Papst einen „großen Lehrer unserer<br />
Kirche“; als Brückenbauer habe er<br />
Theologie und Kirche nachhaltig<br />
geprägt. Sein Anliegen, Glaube und<br />
Vernunft miteinander zu versöhnen,<br />
ziehe sich „wie ein roter Faden“<br />
durch sein Leben und Wirken. „Er<br />
wird uns fehlen“, erklärte der Episkopats-Vorsitzende.<br />
Der Apostolische Nuntius in<br />
Deutschland, Erzbischof Jean-Claude<br />
Périsset, hob die Bedeutung des<br />
Pontifikats von Benedikt XVI. für<br />
die Kirche, die Ökumene und die<br />
Kultur hervor. Für die acht Jahre gelte<br />
es, Gott zu danken, sagte Périsset<br />
am Montag am Rande des 21. Weltkrankentags<br />
in Altötting. Der Papst<br />
habe die Menschen im Glauben bestärkt.<br />
„Auch wenn wir überrascht<br />
sind – Gott weiß, warum, und der<br />
Papst weiß auch, warum“, erklärte<br />
Périsset mit Blick auf die Entscheidung.<br />
Bayerns Ministerpräsident Horst<br />
Seehofer (CSU) sagte, mit „seiner<br />
charismatischen Ausstrahlung und<br />
seinem unermüdlichen Einsatz für<br />
das Wohl der Kirche hat der Papst<br />
aus Bayern die Menschen in aller<br />
Welt begeistert“. Die katholische<br />
Kirche habe er zugleich durch seine<br />
tief gründende Theologie geprägt.<br />
Der für die Kirchen zuständige<br />
Bundesinnenminister Hans-Peter<br />
Friedrich (CSU) bekundete „Respekt<br />
gegenüber dem Papst aus Bayern<br />
für sein Wirken“. Er erinnerte an<br />
Für die deutschen Katholiken ein Höhepunkt des Pontifikats von Benedikt XVI.: sein Deutschland-Besuch 2011.<br />
den Deutschlandbesuch des Papstes<br />
2011 und die Rede vor dem Bundestag.<br />
Die Visite im evangelischen<br />
Augustinerkloster in Erfurt sei „ein<br />
historisches Zeichen ökumenischer<br />
Verbundenheit“ gewesen.<br />
Der SPD-Fraktionsvorsitzende<br />
Frank-Walter Steinmeier erklärte,<br />
der Papst habe „mit seiner großen<br />
geistlichen und intellektuellen Autorität<br />
Orientierung gegeben und<br />
Maßstäbe gesetzt“. Als Protestant<br />
wünsche er sich, „dass die katholische<br />
Kirche unter seinem Nachfolger<br />
diesen Weg der Öffnung“ mit<br />
Nachdruck weiter verfolge.<br />
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle<br />
sagte, der Papst sei „mit Leib<br />
und Seele und voller Überzeugung<br />
und Demut Oberhaupt der katholischen<br />
Kirche. Die Menschen in<br />
Deutschland, auch diejenigen, die<br />
nicht katholischen Glaubens sind,<br />
hatten während seines Pontifikats<br />
das Gefühl: ‚Wir sind Papst‘.“<br />
Bischöfe überrascht<br />
Auch die katholischen Bischöfe<br />
zeigten sich überrascht und äußerten<br />
Respekt und Dankbarkeit. Den<br />
Münchner Kardinal Reinhard Marx<br />
hat der Rücktritt mit „tiefem Bedauern,<br />
aber auch mit großem Respekt“<br />
erfüllt. Benedikt XVI. habe<br />
die Weltkirche acht Jahre lang mit<br />
höchstem Einsatz geführt und entscheidend<br />
mit seiner klaren Theologie<br />
geprägt, sagte Marx am Montag<br />
in München. „Wir als seine bayerische<br />
Heimatdiözese fühlen uns ihm<br />
als Priester und vormaligem Erzbischof<br />
des Erzbistums München<br />
und Freising auch in dieser Stunde<br />
eng verbunden.“ Er blicke auf viele<br />
wertvolle Begegnungen mit dem<br />
Papst zurück, sagte Marx: „Ich erinnere<br />
hier gerne an seinen Besuch<br />
in Bayern im Jahr 2006, an den<br />
Deutschlandbesuch 2011 oder an<br />
die Pilgerreisen unserer Erzdiözese<br />
nach Rom, beispielsweise im vergangenen<br />
Sommer zur Feier seines 85.<br />
Geburtstags“, sagte der Erzbischof<br />
von München und Freising.<br />
Der Würzburger Bischof Friedhelm<br />
Hofmann zeigte sich „sehr,<br />
sehr überrascht“. Der Rücktritt<br />
sei ein „mutiger Schritt“. Der Osnabrücker<br />
Bischof Franz-Josef<br />
Bode reagierte „mit großer Betroffenheit“.<br />
Der Papst habe die Entscheidung<br />
sicherlich lange geistlich<br />
erwogen und souverän getroffen.<br />
Darin drücke sich einmal mehr<br />
seine persönliche und theologische<br />
Gradlinigkeit aus.<br />
Der Hamburger Weihbischof<br />
Hans-Jochen Jaschke sprach von<br />
einem „Zeichen wahrhaftiger Größe“.<br />
„Er bleibt natürlich Papst, er<br />
ist dann Altpapst, Papst emeritus“,<br />
sagte der Weihbischof. Das Zentralkomitee<br />
der deutschen Katholiken<br />
(ZdK) erklärte, der Amtsverzicht sei<br />
ein „tiefer Einschnitt“, auch für die<br />
katholische Kirche in Deutschland<br />
und ihre Stellung in der Weltkirche.<br />
Auch die Muslime würdigten das<br />
Wirken Benedikts XVI. Er habe bei<br />
seinen Deutschlandbesuchen deutlich<br />
gemacht, dass die Muslime Teil<br />
der Bundesrepublik seien, erklärte<br />
die türkisch-islamische Organisation<br />
Ditib. Er habe die multikulturelle<br />
Gesellschaft ermahnt, sich<br />
besser kennenzulernen und zu verstehen.<br />
Zudem habe sich der Papst<br />
über den Stellenwert des familiären<br />
Zusammenhalts bei den Muslimen<br />
beeindruckt gezeigt.<br />
Juden loben Gespräche<br />
Foto: KNA<br />
Der Zentralrat der Juden in<br />
Deutschland würdigte die Bemühungen<br />
Benedikts um das jüdischchristliche<br />
Verhältnis. Er habe den<br />
Kurs der Annäherung und Freundschaft<br />
seines Vorgängers beherzt fortgesetzt,<br />
erklärte Zentralratspräsident<br />
Dieter Graumann. „Die Versöhnung<br />
mit dem Judentum war Papst<br />
Benedikt XVI. ein ganz persönliches<br />
Anliegen.“ Er hoffe, dass Benedikts<br />
Nachfolger diesen Kurs fortsetzt.<br />
Graumann erinnerte an den<br />
Besuch des Papstes in der Kölner<br />
Synagoge im Jahr 2005. Benedikt<br />
habe das Gespräch mit der jüdischen<br />
Gemeinschaft ausdrücklich<br />
gesucht „und in gegenseitiger Wertschätzung<br />
auch schwierige Themen<br />
nicht gemieden“.