unternehmen Juli 2013
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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 34 | <strong>Juli</strong> <strong>2013</strong><br />
[spezial]<br />
Herrscher. Er setzte konsequent auf Expansion.<br />
Wichtige Etappen sind die Eingliederung<br />
der Allgäuer Emmentaler-Käserei 1987 und<br />
der Bodensee-Albmilch Rottweil 1993, darüber<br />
hinaus das Kooperationsabkommen mit<br />
den Neuburger Milchwerken 1999. Noch<br />
2008 erhält die Omira zehn goldene und zwei<br />
silberne Qualitätsauszeichnungen der Deutschen<br />
Landwirtschafts-Gesellschaft. Im selben<br />
Jahr bestreiken die Milchbauern die Genossenschaft<br />
erstmals wegen zu geringer<br />
Abnahmepreise. Die Molkerei gehört ihnen<br />
und hat in erster Linie einen Geschäftszweck:<br />
hohe Milchpreise zu erzielen<br />
Als der Aufsichtsrat wegen der Querelen im<br />
Januar mit seinen Nachforschungen beginnt,<br />
gibt es böse Überraschungen: Die Geschäftsführung<br />
sieht sich in Gesprächen außerstande<br />
zu erklären, weshalb die Milchbauern<br />
schlecht vergütet werden. Nachforschungen<br />
bei der Hausbank ergeben, dass die Kontosalden<br />
ungewöhnlich wenig Guthaben ausweisen,<br />
dass keine überprüfbaren Zahlen über<br />
Gewinne und Verluste des vergangenen Geschäftsjahres<br />
verfügbar sind und dass niemand<br />
einen Überblick darüber hat, mit welchen<br />
Laufzeiten existierende Verträge<br />
abgeschlossen sind. In einem der Verträge ist<br />
eine ungewöhnlich lange Laufzeit für die Lieferung<br />
von Milchpulver vermerkt. Ausgerechnet<br />
dieser Vertrag lautet auf eine große<br />
Menge zu einem äußerst niedrigen Preis. Die<br />
vereinbarte Milchpulvercharge übersteigt sogar<br />
die Produktionskapazitäten der Omira, so<br />
dass diese zukaufen muss. Das kostet die Molkerei<br />
Millionen. Allein für <strong>2013</strong> werden sieben<br />
Millionen Euro Verlust veranschlagt.<br />
Als missglückt und unprofessionell bewertet<br />
der Aufsichtsrat auch die Einführung des SAP-<br />
Warenwirtschafts- und Controllingsystems<br />
im vergangenen Jahr. Bekannt ist, dass diese<br />
Phase selten problemlos verläuft, weshalb<br />
man sie nicht in Krisenzeiten legen sollte. So<br />
kommt es, dass dem Management in der zweiten<br />
Jahreshälfte kein brauchbares Zahlenmaterial<br />
zur Verfügung steht, um eine Planung<br />
zu initiieren, wie man der Milchquotenaufhebung<br />
begegnen könnte, die 2015 ansteht. Die<br />
Milchbauern bekommen die Perspektivlosigkeit<br />
zu spüren, als der Abnahmepreis im Frühjahr<br />
kurz nach einer Erhöhung auf 33 Cent<br />
wieder auf magere 31 Cent sinkt.<br />
nEuE aBnEHMEr in siCHt<br />
Inoffiziellen Zahlen zufolge belaufen sich die<br />
Verluste der Omira im vergangenen Geschäftsjahr<br />
auf 15,7 Millionen Euro. Von einer<br />
Existenzgefährdung des Unternehmens ist<br />
aber nicht die Rede, denn Omira soll über ein<br />
Eigenkapital von 37,6 Millionen Euro verfügen,<br />
während die Verbindlichkeiten bei der<br />
Hausbank 38 Millionen betragen.<br />
Im Internet kursieren Gerüchte, dass Omira<br />
an den dänisch-niederländischen Großkonzern<br />
Arla Foods, der kürzlich die Allgäuland<br />
Käsereien in Wangen übernommen hat, oder<br />
Omira GmbH als<br />
Genossenschaft<br />
Gegründet wurde die Omira im Jahr<br />
1929 von Franz Schenk Freiherr von<br />
Stauffenberg. Sie war für die vielen<br />
oberschwäbischen Dorfmolkereien die<br />
Plattform für die überregionale Vermarktung.<br />
Nach früheren Angaben befindet<br />
sich die Omira GmbH, die 500<br />
Mitarbeiter beschäftigt und zu den größten<br />
Molkereien Deutschlands gehört, im<br />
Besitz von rund 4000 Milcherzeugern.<br />
Medienangaben zufolge haben aber bis<br />
zu einem Drittel der Milchlieferanten<br />
die mehrjährigen Verträge gekündigt.<br />
Laut Omira ist die Versorgung mit<br />
Milch fürs Jahr 2014 aber gesichert.<br />
die Bayerische Milchindustrie verkauft werden<br />
könnte. Das allerdings seien Spekulationen,<br />
heißt es in Unternehmenskreisen.<br />
Vielleicht gibt es doch Chancen, die Krise zu<br />
bewältigen: Zurzeit steigen die Preise für<br />
Milchprodukte am internationalen Markt –<br />
das brächte bessere Erlöse. Außerdem ist es<br />
der Interimsgeschäftsführung gelungen, neue<br />
Verträge über die Lieferung von Frischmilch<br />
und Desserts mit Discountern auszuhandeln<br />
und Gespräche über die Belieferung der<br />
Schokoladenmarke Milka in die Wege zu<br />
leiten. [!]<br />
HARTMUT MAUSCH<br />
skandale um tricksende lieferanten<br />
und getürkte Etiketten<br />
Zwei Skandale brachten die Omira in jüngerer<br />
Zeit in die Schlagzeilen. Einmal ging es um<br />
Schummeleien von Lieferanten bei der Milchquote,<br />
im anderen Fall um falsche Etikettierungen<br />
von Produkten.<br />
DEals Mit DEr MilCHQuOtE<br />
Die Milchquote, die jedem Milcherzeuger vorschreibt,<br />
wie viel Liter Milch er produzieren<br />
darf, dient der Eindämmung von Überproduktion.<br />
Ende der 80er Jahre hatte der Zoll herausgefunden,<br />
dass einige Milchbauern der Omira<br />
sich nicht an die Vorgaben hielten. Sie hatten<br />
in Tauschgeschäften nicht ausgeschöpfte<br />
Mengen an andere Höfe übertragen, sodass<br />
das Gesamtkontingent nicht überschritten<br />
wurde, obwohl einzelne Bauern mehr Milch<br />
Wo Mainau-Käse draufsteht, muss auch Mainau-Käse<br />
drin sein. Foto: HLPhoto/Fotolia.com<br />
als bewilligt ablieferten. Omira<br />
selbst bestritt, an den Deals beteiligt<br />
gewesen zu sein.<br />
Unbestritten ist, dass die<br />
Omira zwischen 2003 und<br />
2009 rund 316 Tonnen Käse<br />
als Eigenprodukte unter<br />
den Etiketten „Mainauer<br />
Schnittkäse“, „Bodenseekäse“<br />
und „Der mildwürzige Käse vom<br />
Bodensee“ auf den Markt gebracht hat,<br />
obwohl der Käse aus Bayern und aus Holland<br />
stammte. Wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz<br />
wurde ein Prokurist verurteilt.<br />
Das Verfahren gegen die Geschäftsführer Nuber<br />
und Bayr wurde gegen die Zahlung einer<br />
Geldbuße von 100.000 Euro eingestellt. In einem<br />
Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer<br />
Stuttgart wurde Omira zu einer Strafe<br />
von 450.000 Euro verurteilt. [!] HAM<br />
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