atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2019
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<strong>atw</strong> Vol. 64 (2019) | Issue 4 ı April<br />
226<br />
SPECIAL TOPIC | A JOURNEY THROUGH 50 YEARS AMNT<br />
| | 1983: Inbetriebnahme mit ersten Experimenten an der Fusionstestanlage JET in Culham,<br />
Großbritannien, Schematische Zeichnung.<br />
Verteidigungsminister und Generäle verstehen und zu<br />
behandeln haben und dies möglichst in kosmisch geheim<br />
gehaltenen Räumen, dann ist die notwendige Folge<br />
davon, daß sich jene Gefühle der Angst und Unsicherheit,<br />
jene Sorge hinsichtlich der Undurchschaubarkeit dieses<br />
Mechanismus in einer Weise Gehör verschaffen, wie wir<br />
dies alle erleben.<br />
Erklärungen ersetzen,<br />
aber nicht Entscheidungen<br />
Nur, auf der anderen Seite heißt verständlich machen und<br />
erklären natürlich auch nicht nun einfach nachlaufen<br />
gegenüber Gefühlen, die sich in der Öffentlichkeit zeigen.<br />
Ein Land hat eine Verfassung, und nach der Verfassung<br />
hat es eine Regierung, und die Regierung ist dazu da, das<br />
eigene Land in seiner Freiheit zu schützen. Das Land kann<br />
nicht den Wehrdienst verweigern, wie der einzelne dies<br />
aus Gewissensgründen kann. Also muß auch erklärt<br />
werden, was notwendig ist für diese Landesverteidigung<br />
und warum. Und wir haben es allzu oft erlebt im Umgang<br />
– ich sage jetzt mal, weniger der Wissenschaftler und<br />
Wirtschaftler – sondern der Politiker mit der Öffentlichkeit,<br />
daß sie diese Fragen zunächst so geheim behandelt<br />
haben, dann sind sie gegenüber öffentlich sich Geltung<br />
verschaffenden Regungen vielleicht zu schnell zu ängstlich<br />
geworden und dann sind sie mehr hinterhergelaufen,<br />
anstatt das Mandat wahrzunehmen, wozu sie doch<br />
gewählt sind. Wir sind als Politiker nicht gewählt, um<br />
hinzuhören und zu machen, was andere wollen, sondern<br />
wir sind gewählt, um zu prüfen, was notwendig ist,<br />
Entscheidungen zu treffen und die Entscheidungen<br />
durchzusetzen und zu vertreten – kurzum wir sind<br />
gewählt, voranzugehen und nicht hinterherzulaufen. Und<br />
wenn der Weg, auf dem wir vorangehen, von der<br />
Öffentlichkeit nicht akzeptiert wird, dann kann man<br />
ja abgewählt werden. Aber wir sind – ich betone es<br />
nochmals – in der Zeit, für die wir gewählt sind, dazu<br />
gewählt worden, voranzugehen und nicht hinterherzulaufen.<br />
Und das ist eben mitunter vernachlässigt<br />
worden.<br />
Wir haben nun in Berlin im engeren Sinn mit der<br />
friedlichen Nutzung der Kernenergie nicht dieselben<br />
Probleme wie manche anderen Bundesländer, und wenn<br />
es um die Dislozierung von Mittelstreckenraketen geht,<br />
dann erst recht nicht. Trotzdem aber haben wir hier<br />
in Berlin wahrlich etwas, nämlich eine kritische Öffentlichkeit.<br />
Und im Rahmen dieser kritischen Öffentlichkeit,<br />
uns vor diesen Prozessen der Erörterung, der Auffindung<br />
der Probleme, der Entscheidungen, der Vertretung<br />
der Entscheidung, des Gewinnens eines öffentlichen<br />
Verständnisses und einer Zustimmung, haben wir es<br />
in der Tat in Berlin nicht leichter als es irgendein anderer<br />
Platz hat. an dem Kernkraftwerke gebaut werden oder an<br />
dem Waffen stationiert werden, die dem Ziel der eigenen<br />
Landesverteidigung dienen sollen. Von daher gesehen und<br />
mit diesen wenigen Gedanken wollte ich begründen,<br />
warum wir dankbar sind, nicht nur daß Sie überhaupt<br />
nach Berlin gekommen sind, sondern auch dafür, welche<br />
Themen Sie auf Ihrer Tagesordnung haben und wie<br />
Sie sie zu behandeln gedenken. Denn ich meine, sie sind<br />
exemplarisch für den nötigen Umgang miteinander<br />
zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik immer in<br />
Beziehung zur Öffentlichkeit, in der wir alle leben, die wir<br />
alle ernst nehmen müssen und vor der wir Rechenschaft<br />
ablegen müssen, über das was wir als notwendig erkennen<br />
und das wir demgemäß auch machen wollen.<br />
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Fotoausstellung „Der Nukleare Traum“ beim AMNT<br />
Für den „Nuklearen Traum“ fotografierte Bernhard Ludewig über sieben Jahre zentrale<br />
Orte der deutschen Atomlandschaft und -geschichte, um den noch vorhandenen Teil<br />
visuell zu erhalten. Zu sehen sind Bau, Betrieb und Rückbau der deutschen Kraft werkstypen,<br />
ihre Warten, Kühltürme und Arbeitsschritte, von der Reaktoröffnung bis zur<br />
Castor-Beladung. Der Weg des Urans wird von den Zentrifugen über La Hague bis in<br />
Endlagerbaustellen verfolgt, die Reaktor<strong>for</strong>schung von Haigerloch bis SNR und THTR.<br />
Zu den über 50 besuchten Orten zählen auch Forschungsreaktoren, Trainingsanlagen<br />
und auch der Sarkophag von Tschernobyl.<br />
„Der Nukleare Traum“ erscheint voraussichtlich im Herbst als Bildband. Auf der<br />
Jahrestagung ist eine Auswahl daraus vorab als Fotoausstellung zu sehen.<br />
Special Topic | A Journey Through 50 Years AMNT<br />
Accountability to the Democratic Public ı Richard von Weizsäcker