Das Rudolf Gutachten
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5. BILDUNG UND STABILITÄT VON EISENBLAU<br />
c) Komplexierung von dreiwertigem Eisen (Fe 3+ ) zum komplexen Eisen(III)-Cyanid,<br />
289 d.h. die Verdrängung der Sauerstoff- bzw. OH – -Ionen<br />
im Rost durch das Cyanidion<br />
d) Reduktion des Eisen(III)-Cyanids zum Eisen(II)-Cyanid<br />
e) Ausfällung des Eisen(II)-Cyanids mit dreiwertigem Eisen als Eisenblau<br />
Die Bildungsgeschwindigkeit des Pigments kann von verschiedenen Faktoren<br />
beeinflußt werden, die nachfolgend betrachtet werden:<br />
1. Wassergehalt des Reaktionsmediums<br />
2. Reaktivität des Eisens<br />
3. Temperatur<br />
4. Säuregehalt<br />
5.5.1. Wassergehalt<br />
Die Bildung von Cyanid durch Absorption und anschließende Dissoziation<br />
von Blausäure in Wasser ist notwendige Voraussetzung für eine Reaktion mit<br />
Eisen, da die Blausäure selber nur eine geringe Reaktivität zeigt. Alle in Abschnitt<br />
5.5. unter a)-e) aufgeführten Reaktionen laufen praktisch nur in Wasser<br />
ab. <strong>Das</strong> Wasser sorgt zudem dafür, daß die Reaktionspartner – allesamt Salze,<br />
die vom Wasser gelöst werden! – überhaupt erst zueinander kommen.<br />
Schließlich dient die im Baumaterial enthaltene Feuchtigkeit auch als Blausäure-Falle,<br />
da Blausäure sich mit Vorliebe in Wasser löst. Ein relativ hoher<br />
Wassergehalt im Mauerwerk wird daher die Reaktion wesentlich beschleunigen.<br />
5.5.2. Reaktivität des Eisens<br />
Mit steigender Alkalität (steigender pH-Wert) nimmt die Löslichkeit von<br />
Eisen stark ab. Schon im pH-neutralen Milieu ist fast alles Eisen als Rost gebunden.<br />
290 Die Reaktion zwischen dem Eisen und dem Cyanid zur Bildung<br />
des Zwischenprodukts Eisen(III)-Cyanid [Fe(CN)6] 3– wird also überwiegend<br />
eine Reaktion an der Phasengrenze fest-flüssig sein, also zwischen dem am<br />
Festkörper anhaftenden Eisen und dem Cyanid-Ion in Lösung. Diese Reaktionen<br />
laufen wesentlich langsamer ab als solche in wässriger Lösung. Für eine<br />
möglichst schnelle Reaktion ist eine große Oberfläche der Phasengrenze festflüssig<br />
förderlich, also eine große innere, mikroskopisch rauhe Oberfläche und<br />
eine feine und hochgradige Porosität des Festkörpers, da dann viel Eisen an<br />
der Oberfläche liegt und weniger fest gebunden ist und sich somit rasch mit<br />
dem Cyanid umsetzen kann.<br />
Es ist im übrigen sogar im stark alkalischen Milieu damit zu rechnen, daß<br />
Rost in Anwesentheit merklicher Cyanidkonzentrationen ganz langsam in Ei-<br />
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