als *.zip-Datei (536 KB) - Ministerium der Justiz - in Rheinland-Pfalz
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fältiger Abwägung aller für ihn maßgeblichen Umstände zum Suizid entschließt.<br />
Nach Auffassung <strong>der</strong> Kommission entfällt die freie Willensentscheidung („Freiverantwortlichkeit“)<br />
des Suizidenten nicht schon deshalb, weil er unter extremem physischem<br />
Leidensdruck steht. Es ergibt sich aus den vorstehenden Thesen, dass die<br />
Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Schmerztherapie <strong>in</strong> vielen Fällen dazu führen können, den Leidensdruck<br />
zu reduzieren und deshalb e<strong>in</strong>en Wunsch nach Selbsttötung o<strong>der</strong> aktiver<br />
Sterbehilfe erst gar nicht aufkommen zu lassen. Selbstverständlich müssen diese<br />
Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Unbestritten gibt es aber Leidenszustände, die<br />
auch durch e<strong>in</strong>e Schmerzmittelbekämpfung nicht zu beseitigen s<strong>in</strong>d. Es wurde bereits<br />
<strong>in</strong> den vorausgehenden Thesen begründet, dass Leiden und Schmerz beim<br />
E<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong>en Zustand herbeiführen können, den er selbst <strong>als</strong> unvere<strong>in</strong>bar mit e<strong>in</strong>em<br />
menschenwürdigen Leben ansieht. Es wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> philosophischen, theologischen<br />
und <strong>der</strong> rechtlichen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung durchaus anerkannt, dass es Situationen<br />
gibt, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Selbsttötung die zentrale Norm <strong>der</strong> menschlichen Würde<br />
nicht entgegensteht, son<strong>der</strong>n die Selbsttötung die persönliche Inanspruchnahme des<br />
aus <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Menschenwürde resultierenden Freiheits- und Selbstbestimmungsrechtes<br />
darstellen kann. So gilt zum Beispiel allgeme<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verzicht auf das<br />
eigene Leben <strong>als</strong> rechtsbeachtlich und mit dem Anspruch auf Achtung menschlicher<br />
Würde vere<strong>in</strong>bar, wenn dieser Verzicht zur Rettung an<strong>der</strong>er Leben erfolgt. Die philosophisch-<br />
und theologisch-ethische Tradition hat die Möglichkeit <strong>der</strong> Aufopferung des<br />
eigenen Lebens zugunsten an<strong>der</strong>er (Opfersuizid) oftm<strong>als</strong> ausdrücklich akzeptiert.<br />
Gleiches muss gelten, wenn die Selbsttötung darauf zielt, e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>s nicht behebbaren<br />
Verletzung <strong>der</strong> eigenen Menschenwürde, das heißt e<strong>in</strong>em Leiden und Sterben<br />
e<strong>in</strong> Ende zu bereiten, das <strong>der</strong> Betroffene <strong>als</strong> mit <strong>der</strong> eigenen Menschenwürde nicht<br />
mehr vere<strong>in</strong>bar erachtet. Wenn man die „Freiverantwortlichkeit“ bzw. das Recht auf<br />
freie, eigene Entscheidung unter H<strong>in</strong>weis auf die mögliche mentale Verengung im<br />
H<strong>in</strong>blick auf Schmerz und Leid pauschal <strong>in</strong> Frage stellt, würde dies zu e<strong>in</strong>er Pflicht<br />
führen, wi<strong>der</strong> Willen leben zu müssen.<br />
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