Asklepios intern Nr. 29
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Neue Wege zur Qualität<br />
Die Anforderungen an Klinikärzte<br />
steigen ständig. Patienten erwarten innovative,<br />
effiziente Therapien mit geringen<br />
Nebenwirkungen. Der Gesetzgeber fordert<br />
eine hoch qualifizierte, bedarfsorientierte<br />
und vor allem wirtschaftliche Versorgung.<br />
Unter diesen Bedingungen stehen<br />
Kliniker heute vor Herausforderung,<br />
mit zunehmend knapper werdenden<br />
Ressourcen immer bessere Behandlungsresultate<br />
erzielen zu müssen.<br />
In der Abteilung für Anästhesie und<br />
Intensivmedizin der Sächsischen<br />
Schweiz Klinik Sebnitz wurde eine<br />
gesundheitsökonomische Evaluation zum<br />
Vergleich von zwei Methoden der Allgemeinanästhesie<br />
(TIVA versus Balancierte<br />
Anästhesie) bei geplanten chirurgischen<br />
und gynäkologischen Eingriffen erfolgreich<br />
durchgeführt.<br />
Das Zielsystem dieser (Kosten-)Nutzwertanalyse<br />
enthielt sowohl patienten- als<br />
auch leistungserbringerbezogene Nutzenkomponenten.<br />
Die Hauptkriterien bildeten<br />
die subjektive Verbesserung des<br />
Wohlbefindens und emotionale Zufriedenheit<br />
des Patienten im Zusammenhang<br />
mit der fehlenden bzw. kleinstmöglichen<br />
Belastung durch narkosebedingte Nebenwirkungen.<br />
Zu den untersuchten Nebenwirkungen<br />
und Ereignissen gehörten 1.<br />
postoperative Übelkeit und Erbrechen<br />
(PONV), 2. postoperatives Muskelzittern<br />
(Shivering) und 3. postoperative Schmerzen.<br />
Die festgelegten Hauptkriterien wurden<br />
in die objektiv messbaren Teilkriterien<br />
(Häufigkeit und Ausprägung) und die<br />
subjektiv zu bewertenden (individuell<br />
empfundene Belastung) unterteilt. Außer<br />
»nebenwirkungsbezogenen« Wirksamkeiten<br />
enthielt das aufgestellte Patientenzielsystem<br />
ein Referenzkriterium – die »absolute<br />
Zufriedenheit« mit der erhaltenen<br />
Narkose.<br />
Zwecks Datenerhebung in Bezug auf<br />
subjektiv zu bewertende Teilkriterien<br />
wurden die Patienten spätestens bis zum<br />
vierten postoperativen Tag unter Zuhilfenahme<br />
eines strukturierten Fragebogens<br />
persönlich interviewt.<br />
Das Leistungserbringerzielsystem enthielt<br />
drei Hauptkriterien: Reduktion der<br />
Wechselzeiten durch schnellere Narkoseausleitung<br />
und die Erweiterung der Aufwachraumkapazität<br />
durch Verkürzung<br />
der postoperativen Überwachungszeit<br />
und das Ausmaß der Begleitmedikation<br />
zur Therapie narkosebedingter Nebenwirkungen.<br />
Hier wurden die tatsächlichen<br />
Therapieregime global abgebildet, ohne<br />
auf einzelne Medikamente oder Dosierungen<br />
im Detail einzugehen.<br />
421 Narkosen ausgewertet.<br />
Ergebnisse sind sehr aufschlussreich<br />
Die Auswertungsergebnisse von insgesamt<br />
421 Narkosen waren sehr aufschlussreich.<br />
Bezüglich der ermittelten<br />
Nutzwerte zeigte sich eine minimale<br />
Ergebnisdifferenz zu Gunsten der totalen<br />
Intravenösen Anästhesie. Interessanterweise<br />
offenbarten sich die Vorteile dieser<br />
Narkoseform in erster Linie bei Leistungserbringerkriterien<br />
und hier speziell bei<br />
der Reduktion der Wechselzeiten und der<br />
schnelleren »Patientenverlegbarkeit« aus<br />
dem Aufwachraum.<br />
Aus der Patientensicht wurden beide<br />
Anästhesieformen als vergleichbar bewertet.<br />
Eine gleichzeitige Betrachtung von<br />
aufgetretenen Nebenwirkungen und<br />
angewandten Therapieregimes zeigte versteckte<br />
Defizite in der perioperativen<br />
Betreuung der frisch Operierten. Wurden<br />
im Aufwachraum sowohl PONV-Ereignisse<br />
als auch Schmerzen rechtzeitig und<br />
effektiv behandelt, erhielten die Patienten<br />
auf den peripheren Stationen wesentlich<br />
Medizin & Wissenschaft<br />
Gesundheitsökonomische Evaluation in der Sächsischen Schweiz Klinik Sebnitz<br />
Dr. Marina Grünberger<br />
Chefärztin Anästhesie/Intensivmedizin<br />
seltener eine adäquate Therapie der aufgetretenen<br />
Nebenwirkungen. Der unerwartete<br />
»Gleichnutzwert« untersuchter<br />
Narkosetechniken spiegelte sich auch in<br />
einer sehr hohen Patientenzufriedenheit<br />
mit beiden erhaltenen Anästhesien wider.<br />
Nach der Ermittlung der Kosten-Nutzwert-Quotienten<br />
wiesen beide Narkoseverfahren<br />
weiterhin eine vergleichbare<br />
Wertigkeit auf.<br />
Insgesamt zeigte die vorgestellte<br />
Arbeit, dass die Durchführung einer vergleichbaren<br />
Untersuchung auch in einer<br />
nicht universitären Einrichtung durchaus<br />
realisierbar ist. Der besondere praktische<br />
Nutzen der ausgewählten gesundheitsökonomischen<br />
Evaluation besteht in einer<br />
transparenten Darstellung des gesamten<br />
Prozesses anästhesiologischer Patientenversorgung<br />
und in einer komplexen Bewertung<br />
bestehender Defizite sowohl aus<br />
der Sicht des Patienten als auch vom<br />
Standpunkt der Leistungserbringer.<br />
Dr. Marina Grünberger DEAA, MBA<br />
ASKLEPIOS <strong>intern</strong> <strong>29</strong>/2006 27