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Asklepios intern Nr. 29

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60<br />

Patienten-Forum<br />

Achtung, Klappe!<br />

»NDR Visite« zum Dreh bei der Theatertherapie in der Klinik Nord<br />

Vorhang auf für das Theater im Krankenhaus!<br />

Seit fünf Jahren bietet die Klinik<br />

Nord Theatertherapie als festen Bestandteil<br />

ihres Behandlungskonzepts an.<br />

Das machte sogar das NDR-Fernsehen<br />

neugierig. Ein Team der »NDR Visite«<br />

filmte die Proben zu George Feydeaus<br />

Komödie »Einer muss der Dumme sein«<br />

im Theaterlabor 82. Hier wird nach einem<br />

integrativen Konzept gearbeitet – jeder<br />

kann mitmachen!<br />

Lucienne hat anscheinend einen<br />

treuen Ehegatten. Sicher würde sie<br />

sich sonst auf ein Abenteuer mit<br />

Herrn Pontagnac einlassen. Der ist bis<br />

über beide Ohren in sie verliebt. Aber:<br />

Wie soll er ihr seine Gefühle gestehen?<br />

An dieser Szene der Komödie arbeiten die<br />

ASKLEPIOS <strong>intern</strong><br />

<strong>29</strong>/2006<br />

Darsteller, während die NDR-Kamera<br />

läuft. Mit gleichem Text spielen sie unterschiedliche<br />

Stimmungskombination durch.<br />

Einmal tritt Pontagnac als selbstsicherer<br />

»Hoppla, jetzt komme ich!«-Casanova<br />

auf und begegnet in Lucienne einer koketten<br />

Dame der gehobenen Pariser Gesellschaft.<br />

In einer anderen Variante gibt sich<br />

Pontagnac als selbstzweifelnder und<br />

schüchterner Liebhaber – und blitzt bei<br />

Lucienne als einer strengen, katholisch<br />

erzogenen und moralisch gefestigten Frau<br />

ab.<br />

Im lustvollen Rollenspiel und oft<br />

humorvoller Reflexion des kreativen<br />

Erlebnisses werden die Charaktere samt<br />

ihrer Erlebnishintergründe entworfen. In<br />

diesem schöpferischen Prozess kristallisieren<br />

sich die Rollenpräferenzen heraus.<br />

Hier eröffnet sich der<br />

Raum, in dem unterschiedlichsteIdentifikationen<br />

mit der<br />

Rolle auf bewusster<br />

und insbesondere<br />

unbewusster Ebene<br />

stattfinden. Zudem<br />

wird deutlich, mit<br />

welchen Anteilen<br />

des Kunstcharakters<br />

sich jemand persönlich<br />

in Beziehung<br />

setzt.<br />

Horst Thalmaier<br />

und Tanja Göllner leiten<br />

gemeinsam die<br />

Theatergruppe. Horst<br />

Thalmaier erklärt,<br />

nach welchen Kriterien<br />

die Stücke ausgewählt<br />

werden: »Wir<br />

thematisieren Konflikte,<br />

die die Patienten<br />

aus ihrem Alltag<br />

kennen, beispiels-<br />

weise Eifersucht. Dazu wählen wir meist<br />

komödiantische Stoffe, die auf eine nachvollziehbare,<br />

positive Lösung hinführen.«<br />

Das erfolgsorientierte Arbeiten in der<br />

Gruppe fördere das Selbstvertrauen und<br />

schaffe langfristig ein positives »Erlebnisdepot«,<br />

versichern die Theatermacher.<br />

Tanja Göllner ergänzt: »Theatertherapie<br />

bietet eine komplexe Lern- und Therapiesituation.<br />

Soziale Fertigkeiten wie Meinungen<br />

zu äußern, Kompromisse zu<br />

schließen, seine Frustrationstoleranz zu<br />

erweitern, werden in der Gruppe erst einmal<br />

theaterbezogen entwickelt. Es werden<br />

Beziehungen geknüpft, die über den<br />

Theaterraum hinaus an Bedeutung gewinnen.«<br />

Die zehn- bis 20-köpfige Gruppe trifft<br />

sich montags und dienstags von 15.30 bis<br />

18.15 Uhr und besteht zu 50 bis 80 Prozent<br />

aus Patienten der psychiatrischen<br />

Abteilungen des Klinikums, aber auch<br />

aus Ehemaligen, Angehörigen oder einfach<br />

Interessierten. Auch bei mehreren<br />

gleichzeitigen Entlassungen finden Patienten<br />

eine vertraute Gruppenstruktur<br />

vor. Für viele entwickelte sich das Theaterlabor<br />

in dieser Kontinuität zur wichtigen<br />

Schnittstelle zwischen stationärer und<br />

ambulanter Behandlung. Dabei geht es<br />

nicht nur um die »hohe Kunst«. Niederschwellige<br />

Angebote wie Improvisationsspiele<br />

und Stimmübungen ermutigen viele<br />

Patienten zur Teilnahme. Die Botschaft<br />

lautet: »Ich kann nichts falsch machen.«<br />

Im Theaterlabor 82 steht der persönliche<br />

Entwicklungsprozess im Vordergrund,<br />

nicht die Aufführung. Dennoch<br />

wurden bereits einige Stücke mit beachtlichem<br />

Erfolg mehrfach öffentlich gezeigt.<br />

Die Premiere der Inszenierung »Einer<br />

muss der Dumme sein« soll im Herbst vor<br />

Publikum gefeiert werden. Viel Vergnügen!<br />

Imke Wein

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