Asklepios intern Nr. 29
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Patienten-Forum<br />
»Ein Mensch, der denkt und fühlt,<br />
hat auch Tiefpunkte«<br />
Schauspieler Dietmar Schönherr im Gespräch mit Patienten in Uchtspringe<br />
Dietmar Schönherr im offenen Dialog mit jugendlichen Patienten aus Uchtspringe<br />
»Man muss etwas, und sei es noch so<br />
wenig, für diejenigen tun, die Hilfe brauchen.<br />
Etwas, was keinen Lohn bringt,<br />
sondern Freude, es tun zu dürfen.« Diese<br />
Überzeugung Albert Schweitzers hat<br />
auch Schauspieler-Legende Dietmar<br />
Schönherr verinnerlicht. Und mit dieser<br />
Einstellung besucht er Anfang Mai 2006<br />
die Stationen des Salus-Fachkrankenhauses<br />
Uchtspringe. Im Gespräch mit Patientinnen<br />
und Patienten beschreibt er sein<br />
Entwicklungshilfe-Engagement für Kinder<br />
in Nicaragua als »das Wichtigste, was<br />
ich in meinem ganzen Leben gemacht<br />
habe. Das ist mein Lebenswerk. Viel<br />
wichtiger als die ganze Schauspielerei,<br />
der Film und das Fernsehen – das ist doch<br />
alles so unerhört vergänglich.«<br />
Dass ihm diese Erfahrungen gerade<br />
im Austausch mit psychisch kranken<br />
Menschen in den Sinn kommen,<br />
hängt wohl mit seiner persönlichen<br />
58 ASKLEPIOS <strong>intern</strong> <strong>29</strong>/2006<br />
Lebensgeschichte zusammen. So erzählt<br />
er auf Nachfrage einer Patientin der Klinik<br />
für Psychotherapeutische Medizin,<br />
wie er vor über zwei Jahrzehnten selbst<br />
»völlig down« war, unter Depressionen litt<br />
und den ganzen Tag »am liebsten nur in<br />
der Hängematte« zubrachte. »Jeder<br />
Mensch, der denkt, fühlt und die Welt<br />
sieht, geht durch solche Tiefpunkte. Wer<br />
was anderes behauptet, der lügt oder er<br />
ist ein herzloser Volltrottel«, sagt Dietmar<br />
Schönherr unverblümt. »Es gehört ein<br />
großer Wille dazu, sich aus so einer Krise<br />
wieder herauszuziehen, aber man kann es<br />
schaffen«, ermutigt der als Orion-Commander<br />
Cliff Allister McLane berühmt<br />
gewordene Mann. Auf seiner Suche nach<br />
Wahrhaftigkeit fand er später den Weg in<br />
die Entwicklungshilfe – gewissermaßen<br />
auf einen anderen Stern. »Das Nicaragua-<br />
Projekt hat mich unheimlich vitalisiert,<br />
mir neuen Auftrieb verschafft. Kinder aus<br />
großen Familien, zu Hause oft die unge-<br />
liebten Fresser, entdecken bei uns im Kulturzentrum<br />
ihre Kreativität. Sie malen,<br />
musizieren – anfangs unbeholfen, später<br />
mit wachsender Begeisterung. Wirklich<br />
toll«, schwärmt der 80-Jährige mit der Leidenschaft<br />
eines jungen Mannes. »Um als<br />
Mensch für andere Menschen da zu sein,<br />
muss man kein Geld einsetzen. Es geht<br />
auch auf anderen Wegen, wenn man achtsam<br />
ist und genau hinschaut«, sagt Dietmar<br />
Schönherr und gibt auf der Station<br />
7A der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu<br />
bedenken: »Ihr seid in einem Alter, in<br />
dem man unbedingt erwachsen werden<br />
will. Dabei ist Kindsein das Schönste.<br />
Gerade wenn man Probleme hat, sollte<br />
man sich auf das Spielerische einlassen.<br />
Am besten, man bleibt sein Leben lang<br />
Kind.«<br />
Als sich der welterfahrene Schauspieler<br />
später die Zeichnungen einiger junger<br />
Patienten anschaut, ist er berührt. »Als<br />
Kind erlebt man viele Dinge anders, abenteuerlicher,<br />
naiver. Aber man ist eben<br />
auch viel verletzbarer, wenn man sich<br />
nicht angenommen, geliebt und verstanden<br />
fühlen kann«, findet er Gemeinsamkeiten<br />
zwischen den Kindern, die ihm in<br />
Nicaragua und hierzulande in Uchtspringe<br />
begegnen.<br />
Franka Petzke<br />
Im Gespräch mit Prof. Dr. Lischka