mailing.150_Jubiläumsausgabe - Gruner AG
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Die 8 Grundregeln<br />
der Biokybernetik*<br />
1 Negative Rückkopplung muss über positive<br />
Rückkopplung dominieren<br />
2 Die Systemfunktion muss unabhängig vom<br />
quantitativen Wachstum sein<br />
3 Das System muss funktionsorientiert und<br />
nicht produktorientiert arbeiten<br />
4 Nutzung vorhandener Kräfte nach dem<br />
Jiu-Jitsu-Prinzip statt Bekämpfung nach der<br />
Boxer-Methode<br />
5 Mehrfachnutzung von Produkten, Funktionen<br />
und Organisationsstrukturen<br />
6 Recycling: Nutzung von Kreisprozessen zur<br />
Abfallverwertung<br />
7 Symbiose: Gegenseitige Nutzung von<br />
Verschiedenartigkeit durch Kopplung und<br />
Austausch<br />
8 Biologisches Design von Produkten,<br />
Verfahren und Organisationsformen durch<br />
Feedback-Planung<br />
Ohne es vielleicht bewusst zu realisieren, werden beim<br />
Verkehrskreisel Prinzipien aus der Natur angewandt. Vor<br />
etwa 50 Jahren entstand die Disziplin der Bionik (Kofferwort<br />
aus Biologie und Technik). Bionik ist das systematische<br />
Erkennen von Lösungen der belebten Natur und<br />
steht damit in Abgrenzung zur reinen Naturinspiration.<br />
Als grosser Vordenker der Bionik gilt Leonardo da Vinci.<br />
Die Lösungen der Natur werden heute primär in technischen<br />
Anwendungen nachempfunden. Der Griff in die<br />
Trickkiste der Natur hat zum Beispiel die Aerodynamik<br />
von Flugzeugen oder die Fahreigenschaften von Reifen<br />
verbessert. Dem Entdecker des Lotus-Effekts verdanken<br />
wir Fassaden, die sich wie die Lotus-Blätter selber reinigen,<br />
und Automobile sehen aus wie Kofferfische. Dahinter<br />
steckt die Erkenntnis, dass uns die Natur in Effizienz<br />
und Lösungsstrategien weit überlegen ist.<br />
Jahrmillionen an Evolution haben geniale Lösungen hervorgebracht.<br />
Wie gerne würden wir heute die Effizienz<br />
des Glühwürmchens in unsere Lampen implementieren<br />
(etwa viermal besser als LED) oder die Eigenschaften eines<br />
Spinnfadens nur annähernd reproduzieren können (fester<br />
als Stahl, elastischer als Gummi oder Nylon, zäher als<br />
Kevlar). Noch viel weniger verbreitet ist die Anwendung<br />
der Bionik auf das Design von Systemen (Biokybernetik).<br />
In einer Zeit, in der die heutigen Systeme wie Mobilität<br />
und Energie, aber auch die Wirtschaft mit riesigen Folgewirkungen<br />
zu versagen drohen, wird Funktionieren<br />
zum Schlagwort. Dabei geht es nicht nur darum, die einzelnen<br />
Elemente eines Systems zu optimieren, sondern<br />
insbesondere darum, deren Abhängigkeiten und Wechselwirkungen<br />
richtig zu gestalten. Einer der Vordenker<br />
der Biokybernetik, Frederic Vester*, hat 8 Grundprinzipien<br />
erkannt, die heute aktueller sind denn je.<br />
– Negative Rückkopplung muss über die positive Rückkopplung<br />
dominieren.<br />
– Unabhängigkeit vom Mengenwachstum: Die Systemfunktion<br />
muss unabhängig vom quantitativen Wachstum<br />
sein.<br />
– Funktionsorientiert: Das System muss funktionsorientiert<br />
und nicht produktorientiert sein.<br />
– Jiu-Jitsu: Nutzung vorhandener Kräfte nach dem Jiu-Jitsu-Prinzip<br />
statt Bekämpfung nach der Boxer-Methode.<br />
– Mehrfachnutzung von Produkten, Funktionen und<br />
Organisationsstrukturen.<br />
– Recycling: Nutzung von Kreisprozessen zur Emissionsverwertung.<br />
– Symbiose: Gegenseitige Nutzung von Verschiedenartigkeit<br />
durch Kopplung und Austausch.<br />
– Biologisches Design von Produkten, Verfahren und<br />
Organisationsformen durch Feedback-Planung.<br />
* Frederic Vester, 1999; Die Kunst vernetzt zu Denken<br />
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