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Städtebau > Energie Verkehr Technik 32 mailing.150 Die Energiewende – ein Rückblick aus dem Jahr 2062 War es Angst oder Mut, eine Kurzschlussreaktion oder konsequentes Handeln, das die Schweiz vor 50 Jahren zum Ausstieg aus der Atomenergie bewog? Man sagt, dass viel politisiert und viel Widersprüchliches prognos- tiziert wurde. Langfristige Lösungen und Alter- nativen für die Energiezukunft lagen keine auf dem Tisch. Kurzfristig und von der Wirtschaft getrieben sei das Denken und Handeln der Politiker und Stromkonzerne gewesen. Eines ist sicher, es war ein heisses Thema, an dem sich niemand die Finger verbrennen wollte. Nun gut, wir haben die Wende bestens gemeistert. Aber erst, als die Ingenieure innovative Lösungen präsentierten und damit sowohl die Politik wie auch die breite Bevölkerung zu überzeugen vermochten. Einmal mehr stand die Tradition der Schweizer Ingenieurkunst mit ihren grossartigen Pionierleistungen über dem kleinkrämerischen Denken, das uns Schweizern so oft nachgesagt wird. Dr. Stefan Mützenberg, Gruner AG, Basel
Vor rund 50 Jahren erfuhr die Wasserkraft in der Schweiz nach langen Jahren zurückhaltender Planung einen Aufschwung. Insbesondere Pumpspeicheranlagen zur Energiespeicherung und zum Netzausgleich erlebten einen rasanten Aufstieg. Anfänglich herrschte noch grosse Skepsis über deren Wirtschaftlichkeit, zu unsicher war die Entwicklung der Stromzukunft in Europa geworden. Etwas halbherzig und mit schlechtem Gewissen baute man zusätzlich Gas-Kombikraftwerke. Diese leisteten in der Anfangszeit zwar ihren Beitrag zur Über- brückung nach dem Atomausstieg. Zu den grossen Nettostromproduzenten stiegen danach aber die Hochleistungsgeothermiekraftwerke sowie die grossen Wind- und Solarkraftwerke im Norden respektive Süden Euro pas auf. Den wahren Durchbruch der Energiewende verdanken wir aber den Gebäuden und E-Mobilen. Waren die Häuser vor 50 Jahren noch die grössten Energieverbraucher, sind heute die meisten Wohn- und Gewerbebauten dank energieeffizientem Bauen und smarter Gebäudetechnik energieneutral. Energiebezug und Energieabgabe aller Gebäude an das Netz halten sich über das Jahr gesehen die Waage. Die E-Mobile sind netto zwar immer noch Energiebezüger, in der Nacht oder tagsüber, wenn sie zu Hause oder beim Büro an der Steckdose hängen, können sie aber je nach individuellem Bedarf Energie von den Batterien an das Netz abgeben. Damit dieser komplexe Stromverkehr schlussendlich aufging, brauchte es grosse, regelbare Energiepuffer oder Stromausgleichsbecken. Dies inspirierte visionäre Bauingenieure, Maschineningenieure, Elektrotechniker und andere Spezialisten zur gemeinsamen Neuentwicklung der Pumpspeichertechnik mit einer neuen Generation von flexibel einsetzbaren Pumpturbinen. Bald erfolgte der Bau des ersten Prototyps in einer vollkommen unterirdisch angelegten Anlage. Damit wurde sowohl den strengen Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes Rechnung getragen wie auch den zunehmenden Naturgefahren im hochalpinen Bereich ausgewichen. Die neu entwickelte hantelförmige Anlage besteht aus je einer unterirdischen Ober- und Unterwasserkaverne. Diese sind mit vertikalen Druckleitungen über Pumpturbinen verbunden, welche unter stark veränderlichen Druckhöhen einsetzbar sind. In den guten geologischen Verhältnissen der Zentralmassive wurden innerhalb weniger Jahre zahlreiche Anlagen nach dem gleichen Konzept realisiert. Auch die anfänglichen Zweifel an der Kapazität der Hochspannungsleitungen waren bald verflogen. Wo früher Freiluftleitungen an Masten hingen, verlaufen heute unterirdische Hochleistungsstromautobahnen quer durch Europa bis nach Afrika. Denn was für Gas und Erdöl schon vor 50 Jahren längst Standard war, sollte endlich auch beim Strom angewendet werden: im Boden verlegte Strompipelines, welche dank neuer Isolationsmaterialien erst noch kostensparend in der Erstellung und im Betrieb und Unterhalt sind. Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass die europaweite Stromspeicherung und Stromlenkung dereinst zum wichtigsten Wirtschaftszweig der Schweiz werden sollte und bald das veraltete und krisenanfällige Bankengeschäft überholen würde? Unsere Topografie und die Lage im Herzen von Europa boten die besten Chancen, zum wichtigsten Stromplayer Europas zu werden. mailing.150 33
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