REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
auf den »Thron des Pelops« geführt hatte. Beide Denkmäler sind östlich<br />
der Stadt am Abhang des Sipylos v'on der Bahn aus sichtbar. Das Erstere<br />
ist ein kaum noch erkennbares Kolossalrelief der sitzenden Göttermutter,<br />
das früher irrthümlich für das Bild der trauernden Niobe gehalten wurde;<br />
der »Thron des Pelops« gehört zu den am Gipfel eines steil emporsteigenden<br />
Felsens befindlichen Resten der uralten Königsburg Tantalis, die von einer<br />
Art Thronsessel, eben dem von Herodot erwähnten Thron des Pelops,<br />
gekrönt wird: jedenfalls eine in frühe Zeiten zurückreichende Kultstätte.<br />
Humann hat im Jahre 1880 diesen Fels zuerst erstiegen, und der schwierige<br />
Aufstieg ist seitdem nicht oft wiederholt worden, obschon die Mühe reichlich<br />
belohnt wird. Der Blick von oben gewährt ein Bild von packendem<br />
Reiz. Gleich hinter dem Felsthrone, nur durch eine enge Schlucht getrennt,<br />
ragt die steile Wand des Sipylos empor, während sich tief unten<br />
die fruchtbare Hyrkanische Ebene ausbreitet, und das Auge über den<br />
grössten Theil des Hermosthaies ostwärts bis zu den Höhen von Sardes<br />
schweift. Die Erinnerung an den erhebenden Genuss, den uns die Besteigung<br />
dieser merkwürdigen Oertlichkeit bereitet hatte, wurde in uns<br />
lebendig, als wir jetzt vom bequemen Coupe" aus zu der »Tantalis«<br />
emporschauten.<br />
Bald darauf wird das südliche Gebirge niedriger, und es erscheint<br />
jenseits des Hermos eine grosse Anzahl von grösseren und kleineren Tumuli,<br />
die Nekropolis von Sardes. Unter diesen ist der sogen. Grabhügel des<br />
Aiyattes, des Vaters des Krösos, besonders bemerkenswerth und erst vor<br />
kurzer Zeit einer archäologischen Untersuchung, die allerdings nichts Bemerkenswerthes<br />
ergab, unterzogen worden. Bei der kleinen Station Sart<br />
liegen die Ruinen der einst so berühmten lydischen Hauptstadt. Die<br />
mächtigen Säulen eines Kybeletempels ragen hier als Reste aus hellenistischer<br />
Zeit am Westfusse des Burgfelsens empor, von dessen Spitze nur noch<br />
wenig Mauerwerk in die Ebene herabblickt.<br />
Hinter Sardes verlässt die Bahn den Hermos und führt in südöstlicher<br />
Richtung im Thal des Kuzu Tschai durch eine fruchtbare Ebene nach<br />
A lasch eh ir, dem antiken Philadelphia. Hier, am Endpunkte der Bahn,<br />
langten wir um 5 1 /2 Uhr an, hatten also die 169 km betragende Strecke<br />
in 8 Stunden zurückgelegt. In einem einfachen, aber sauberen Gasthof, der<br />
in der Nähe des Bahnhofs vor der Stadt gelegen war, fanden wir Unterkunft.<br />
Noch an demselben Abend erkundigten wir uns nach den für die<br />
beabsichtigte Tour nöthigen Pferden und erfuhren, dass zur Zeit nur<br />
eine geringe Anzahl vorhanden sei, da die meisten während der Sommermonate<br />
auf die Weide getrieben würden. Am nächsten Morgen (9. Juni)<br />
probirten wir einige Pferde. Es waren muntere Thiere, Hengste, von jener<br />
untersetzten, aber dauerhaften Rasse, die man allgemein in Kleinasien<br />
trifft. Die deutschen Bocksättel, die wir ihnen auflegten, schienen<br />
1*