REISE IN KLEINASIEN
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REISE IN KLEINASIEN
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Nach einem Ritt von mehreren Stunden schloss sich das Thal wieder,<br />
und wir stiegen über einen Pass in das breite Geneli Owa und zu^dem<br />
gleichnamigen Dorf hinab. Die vielen am. Fusse der Höhen entspringenden<br />
Quellen bilden eine sumpfige Niederung, die Geneli fast auf allen Seiten<br />
umgiebt und die Ursache ist, dass die Bewohner vielfach von der Malaria<br />
heimgesucht werden. Es waren welke, kranke Gestalten, deren wir während<br />
unserer kurzen Rast ansichtig wurden.<br />
Noch vier Stunden hatten wir in dem breiten, einförmigen Thal<br />
weiter zu reiten, ehe das grosse Dorf Karadjören (Schwarztrog) am Abend<br />
erreicht wurde. Das östliche Gebirge steigt in diesem Kessel steiler empor.<br />
An die Hänge des Karakusch Dagh (Adler-Berg) schliessen sich die nördlichen<br />
Ausläufer des Sultan Dagh an, deren hohe, theilweise noch mit<br />
Schnee bedeckte Gipfel in der Ferne sichtbar wurden.<br />
Am nächsten Tage (19. Juni) bedurfte es nur eines einstündigen<br />
Rittes — das Wetter war wiederum rauh und windig —, um über eine<br />
Anhöhe hinab das weite Thal des in den Eber Göl mündenden Akkar<br />
Tschai und mit ihm die Hochebene zu erreichen. Dann nahm uns die<br />
von Kiutahia und Afiun Karahissar (Opium-Schwarzschloss) kommende<br />
grosse Fahrstrasse auf und brachte uns bald nach dem von Obst- und<br />
Weingärten umgebenen Ort Tschai (Fluss), auf dessen kleinem Platz ein<br />
reges Leben herrschte: es war gerade Wochenmarkt, zu dem sich die<br />
Landleute aus der Umgegend zahlreich eingefunden hatten. Von den<br />
Fenstern des kleinen Han können wir das bunte Bild gemächlich überschauen.<br />
Allerhand Lebensmittel, vor Allem Obst und Gemüse, werden<br />
unter lautem Geschrei der Verkäufer feilgeboten, und langsam drängt und<br />
schiebt sich die kauflustige Menge durch die engen Gänge zwischen den<br />
Tischen und Bänken der Händler hindurch. Hier kann man eine wahre<br />
Musterkarte der vielen verschiedenen Rassen und Völkerschaften Kleinasiens<br />
beisammen sehen. Neben den Vertretern des echten Türkenthums<br />
steht hier eine Gruppe von Tscherkessen beim Pferdehandel beisammen,<br />
geschmeidige, sehnige Gestalten in langen, dunkeln Röcken, auf dem<br />
Kopfe die schwarze Lammfellmütze; dort halten Jürüken, nomadisirende<br />
Hirten, in ihren groben, aus Ziegenhaar gewebten, weit abstehenden<br />
Mänteln, Milch und Käse zum Kaufe feil. Hier drängt sich eine Anzahl<br />
Frauen, den Kopf mit einem rothen Tuch bis zu den Augen verhüllt,<br />
durch das Gewühl hindurch; dort suchen sich zwei Männer mit einer Tragbahre<br />
einen Weg zu bahnen, auf der die jammervolle Gestalt eines Krüppels<br />
liegt und um Almosen bettelt. Gar manche Kupfermünze fällt in die Blechbüchse,<br />
die der Arme hält; denn die Mildthätigkeit ist eine der vielen<br />
schönen Charakterzüge der Anhänger Muhammeds.<br />
In unseren Beobachtungen wurden wir durch einen deutschen Herrn<br />
unterbrochen, der sich uns als Ingenieur der Anatolischen Eisenbahn vor-<br />
Sarre. *<br />
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