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REISE IN KLEINASIEN

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grosser Gewalt ein Quell aus dem Fels hervor; an diesen verlegt die<br />

antike Sage den Kampf des Apoll mit Marsyas, die Ueberwindung des<br />

barbarischen Flötenspiels durch die griechische Musik. In mehrere Arme<br />

getheilt, durchmesst der Bach die Stadt, um sich unterhalb von ihr mit<br />

dem wasserreichen Mäander zu vereinigen, dessen Quellen nur wenige<br />

Kilometer südlich in den sumpfigen Wiesen des Thaies entspringen. Auf<br />

der östlichen Höhe, die einst die Akropolis getragen hat, treten die<br />

Trümmer einer byzantinischen Kirche zu Tage.<br />

Da die aus Konstantinopel über Smyrna uns nachgesandten Begleitschreiben<br />

der türkischen Regierung für das Wilajet Konia noch nicht eingetroffen<br />

waren, beschlossen wir, auf dem kürzesten Wege erst einmal<br />

Konia zu erreichen, dessen Gouverneur, wie wir wussten, von unserer<br />

Reise unterrichtet war, und die mehrere Wochen verlangende Tour durch<br />

das gebirgige Seengebiet von Beischehir und Egherdir für die Rückreise<br />

aufzusparen. Um möglichst schnell nach Konia zu gelangen, sahen wir<br />

diesmal von Packpferden ab und mietheten für unser Gepäck einen Wagen,<br />

während Dr. Osborne, Nikola und ich uns mit drei vorzüglichen Pferden<br />

beritten machten. Auf solche Weise konnten wir, wenn der Weg ein<br />

schnelleres Tempo für den Wagen gestattete, zeitweise einen Trab anschlagen<br />

und somit grössere Strecken zurücklegen, als mit Packpferden,<br />

die doch nur im Schritt weiterkommen. Routenaufnahmen auf dieser<br />

Strecke anzufertigen, hätte keinen Zweck gehabt, da sie schon durch die<br />

Terrain - Messungen der Anatolischen Bahn festgelegt ist. Das Gefährt,<br />

das wir mit uns führten, eine sogen. Araba, ähnelt unseren Planwagen,<br />

bis auf das niedrigere Verdeck, das darauf berechnet ist, dass der-<br />

Reisende eine mehr liegende als sitzende Stellung einnimmt. Die beiden<br />

Kutscher, die auch die Reitpferde zu besorgen hatten, waren Tataren.<br />

Die Angehörigen dieses Volksstammes, der früher vorwiegend in Bulgarien<br />

ansässig war, nach dem Kriege von 1878 jedoch auch in Anatolien angesiedelt<br />

wurde, haben den charakteristischen Typus ihrer Rasse sehr rein<br />

bewahrt: kleine, gedrungene Gestalten mit hervorragenden Backenknochen,<br />

Schlitzaugen und spärlichem Bartwuchs. Sie sind vor Allem vorzügliche<br />

Pferdepfleger, und wir hatten oft Gelegenheit, auch wenn wir spät Abends<br />

erst ins Quartier kamen, die grosse Sorgfalt zu bewundern, die unsere Tataren<br />

den Pferden angedeihen Hessen. Niemals versäumten sie es, die Thiere<br />

Abends und Morgens mit Kartätsche und Striegel peinlich zu reinigen;<br />

und sie gehorchten nur mit grösstem Widerstreben einem Befehl zum Aufbruch,<br />

wenn die Pferde ihrer Meinung nach nicht genügend Ruhe gefunden<br />

hatten. Dabei waren sie stets lustig und guter Dinge; wenn auch ihr<br />

monotoner Gesang auf die Dauer oft nicht gerade angenehm zu hören war.<br />

So brachen wir denn am 17. Juni Mittags auf. Nachdem wir die<br />

engen Strassen von Diner, die das Wasser des Marsyas rauschend durch-<br />

— *4 —

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