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REISE IN KLEINASIEN

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Unter dem Holzaltan eines Hauses machten wir Halt, um zu frühstücken.<br />

Rings um uns herum versammelte sich auch hier bald genug ein Kreis<br />

von Dorfbewohnern, die jede unserer Bewegungen und insbesondere unsere<br />

Kochgeräthe aufmerksam und neugierig beobachteten. Sie brachten eine<br />

Menge Pflaumen herbei, die leider, wie meist im Orient, unreif abgepflückt<br />

und deshalb nur zum kleinsten Theil geniessbar waren.<br />

Von Karait ging es auf baumlosem Bergabhange zu der Terrasse<br />

hinauf, über der sich das Plateau von Hierapolis erhebt. Der Anblick,<br />

der sich dem Auge von hier oben bietet, ist überraschend. Gleich<br />

riesigen, vergletscherten Wasserfällen senken sich an drei Stellen die<br />

Kalkablagerungen heisser Quellen über den etwa ioo m hohen Felsrand<br />

herab (Taf. III u. IV). Wir Hessen die Packpferde unten und stiegen zu<br />

Fuss zwischen zweien dieser versteinerten Kaskaden empor, die in der Nähe<br />

immer neue, wechselvolle Bilder und Formationen zeigten. Oben lag eine<br />

weisse, wie von Schnee bedeckte Fläche vor uns, aus der die Ruinen des<br />

antiken Hierapolis hervorschauten. Hie und da fliesst das warme Quellwasser<br />

in den durch Sinter-Absetzung entstandenen Rinnen dahin, die<br />

bald tief in die Bodenfläche einschneiden, bald über ihr erst muschelförmige<br />

Bassins bilden, um dann von hier aus langsam über die Sturzfläche<br />

hinabzusickern. Nur an dem östlichsten Abstürze sieht man mehrere<br />

Wasserfalle aus der Höhe herabstürzen.*)<br />

Die Ruinen von Hierapolis, eines zur römischen Kaiserzeit berühmten<br />

Badeortes, sind sehr ausgedehnt und theilweise noch in leidlichem Zustande.<br />

Ein gut erhaltenes Theater und die massigen Gewölbe der Thermen fallen<br />

besonders auf (Taf. V). Mitten durch das Ruinenfeld, das westliche mit dem<br />

östlichen Stadtthor verbindend, zieht sich eine Strasse, die von Säulenhallen<br />

eingefasst war. Westlich vor der Stadt befindet sich die Nekropolis,<br />

deren zahlreiche Gräber und Sarkophage den Ruinen den heutigen türkischen<br />

Namen Tambuk Kalessi (Schloss der Tröge) gegeben haben. Einen eigenen<br />

landschaftlichen Reiz gewährt die Fülle blühender Oleandersträuche, die als<br />

einzige Vegetation sich wirkungsvoll von der weissen Fläche abheben;<br />

besonders malerisch sehen sie am Rande eines kleinen Bassins aus, das<br />

eine der heissen Quellen gebildet hat, und dessen klares Wasser die auf<br />

dem Grunde liegenden weissen Marmorquadern und Säulenschäfte in bläulichem<br />

Scheine hervorschimmern lässt: ein echt südliches Landschaftsbild<br />

von Böcklin'scher Farbenpracht (Taf. VI). Wir nahmen hier ein Bad;<br />

und obwohl die Temperatur des Wassers 34 ° C. (Lufttemperatur um<br />

*) Die Formationen von Hierapolis sind Kalksinterablagerungen aus kalkhaltigem,<br />

kohlensaurem Wasser. Der kohlensaure Kalk war in dem stark kohlensäureführenden Quellwasser<br />

ursprünglich gelöst, schied sich aber als Niederschlag ab, nachdem das Wasser an der<br />

Tagesoberfläche seine Kohlensäure durch Verdunstung verloren hatte. Gütige Mittheilung des<br />

Herrn Dr. W. Müller in Charlottenburg.<br />

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