REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
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Es ist eben die Zeit der Opium-Ernte. Ueberall sieht man die<br />
Landleute in den Feldern damit beschäftigt, die grünen Mohnköpfe anzuschneiden<br />
oder das aus dem Schnitt hervorquellende Harz mit einem<br />
Holzstäbchen abzuschaben. Das so gewonnene Opium wird dann in<br />
Kugeln, die in Wein-Blätter eingehüllt sind, auf den Markt gebracht.<br />
Die Gewinnung des Opiums ist ein äusserst mühsames Geschäft, wenn<br />
man bedenkt, wie viel Zeit bei diesen ausgedehnten Mohnfeldern die<br />
Behandlung jeder einzelnen Pflanze erfordert. Im Uebrigen gewährt es einen<br />
Anblick von malerischem Reize, wenn die in bunte Farben gekleidete<br />
Bevölkerung in den theilweise noch blühenden Anpflanzungen ihrer Beschäftigung<br />
nachgeht.<br />
In Ishakly, einem kleinen, nur aus wenigen Häusern bestehenden<br />
Orte, machten wir eine längere Rast, die ich dazu benutzte, einige<br />
photographische Aufnahmen von einem gleichfalls aus seldjukischer Zeit<br />
stammenden Han zu machen. Auch hier liegt wieder alles in Trümmern.<br />
Durch ein schönes halb zerstörtes Portal tritt man in einen quadratischen<br />
Hof, dessen Mitte ein viereckiger, auf einem Kreuzgewölbe ruhender Bau<br />
einnimmt (Taf. VIII). Das obere Stockwerk, zu dem man jedenfalls ehedem<br />
auf einer Holztreppe gelangte — es fand sich kein Ansatz von<br />
Steinstufen — enthielt den Gebetsraum. Noch heute haben die grossen<br />
Karawanseraien in Persien und Südmesopotamien in der Mitte des Hofes<br />
eine Estrade, die zum Beten dient. Wir werden kleinen Moschee-Bauten<br />
bei den frühtürkischen Hanen noch häufiger begegnen.<br />
Aus den hier angebrachten Inschriften (Huart a. a. O. No. II, 12)<br />
geht hervor, dass »dies Karawanserai« unter der Regierung des Sultans<br />
Kai Käüs I im Jahre 1210 errichtet worden ist. Eine andere Inschrift<br />
setzt die Erbauung in das Jahr 1249/50, die Regierungszeit Sultans Kai<br />
Käüs II, und nennt Ali, Sohn des El Hossein, einen Grosswürdenträger<br />
am Hof von Konia, als Erbauer. Wahrscheinlich ist in dieser späteren<br />
Zeit eine Restauration des Han vorgenommen worden.<br />
Inmitten des Dorfes befindet sich ein Brunnenhaus (Tscheschme), aus<br />
Quadern errichtet, das in seiner gefälligen Architektur gegen die umgebenden<br />
elenden Hütten gewaltig absticht. Von Weinlaub umrankt, bildet es ein<br />
malerisches Bild (Taf. IX). Die Frontseite öfFnet sich in einer im Kielbogen<br />
geschlossenen Nische, und hier hängt an einer Kette neben dem Ausflussrohr<br />
eine Messingschale zum Trinken. Darüber befindet sich eine Inschrifttafel<br />
mit einem Koranspruch. Der Brunnen stammt jedenfalls aus ebenderselben<br />
Zeit, wie das benachbarte Karawanserai. Derartige Quellfassungen<br />
sind in Kleinasien zumeist Stiftungen frommer Leute. Während hier über<br />
einem fliessenden Brunnen ein prächtiger Bau errichtet ist, besteht eine<br />
derartige Stiftung anderswo oft nur in einer mit Stroh gedeckten Hütte;<br />
unter dieser steht für den durstigen Wanderer ein Krug mit Wasser<br />
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