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REISE IN KLEINASIEN

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stellte und uns einlud, ihn in den Kreis seiner Kollegen zu begleiten, die<br />

oerade beim Frühstück beisammen seien. Wir fanden mehrere Ingenieure<br />

und andere beim Eisenbahnbau beschäftigte Herren vereint und brachten<br />

in ihrer Gesellschaft einige Zeit zu. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir,<br />

dass die Anatolische Bahn binnen Kurzem bis Afiun Karahissar vollendet<br />

werden soll, und dass man in anderthalb Jahren die ganze bis jetzt projektive<br />

Strecke bis nach Konia fertigzustellen hoffte. Da an verschiedenen<br />

Punkten zu gleicher Zeit gearbeitet wird, trafen wir fast in jedem Orte auf<br />

unserem Wege von Tschai nach Konia eine solche Eisenbahn-Kolonie an.<br />

Es sind Leute aus aller Herren Länder, die sich da zusammenfinden;<br />

unter den Ingenieuren, überhaupt unter den Gebildeteren, dominirt jedoch<br />

das deutsche Element, wie ja auch die Oberleitung des ganzen Unternehmens<br />

bekanntlich in deutschen Händen ruht, das eine Schöpfung<br />

deutschen Kapitals ist und bei dessen Bau und Betrieb nur deutsches<br />

Fabrikat zur Verwendung kommt. In den grösseren Orten längs der<br />

Strecke haben sich meist unternehmungslustige deutsche Gastwirthe mit<br />

Logirhäusem und Speisewirthschaften etablirt. Wir zogen es jedoch<br />

meist vor, in den türkischen Unterkunftshäusern zu übernachten und die<br />

von unserem Diener zubereitete einfache aber vorzügliche Kost zu gemessen,<br />

als uns in einem solchen Lokal, das den hochtrabenden Namen<br />

»Hotel des Etrangers« führte, für kolossale Preise schlechtes Essen und<br />

noch schlechteren Wein oder sogenanntes Münchener Bier vorsetzen<br />

zu lassen.<br />

Von den hier in Tschai installirten Ingenieuren erhielten wir die<br />

unangenehme Nachricht, dass in Konia, oder wenigstens in unmittelbarer<br />

Nähe, die Cholera ausgebrochen sei, und dass das Wilajet alsbald gesperrt<br />

werden würde. Wir beschlossen, unsere Reise trotzdem fortzusetzen und<br />

vor Allem unseren Dienern gegenüber nichts von diesem Gerücht verlauten<br />

zu lassen, die sich dann jedenfalls geweigert haben würden, mitzukommen.<br />

Glücklicherweise stellte sich die Nachricht später als falsch heraus. Die<br />

Cholera herrschte freilich südlich vom Taurus, im Wilajet Adana, hat<br />

jedoch während des ganzen Sommers 1895 das Gebirge nach Norden nicht<br />

überschritten.<br />

An der Hauptstrasse des Ortes fallen die Ruinen zweier alttürkischer<br />

Bauten ins Auge. Ursprünglich eine Medresse (Schule) und ein Han, dienen<br />

die Gebäude jetzt als Kornspeicher. Die beiden aus Marmor errichteten<br />

Portale zeigen die für die seldjukischen Bauten des XIII. Jahrhunderts<br />

charakteristischen Dekorations-Formen: wir werden später bei der Beschreibung<br />

Konias auf diese Architektur noch näher zu sprechen kommen.<br />

Leider war das Innere der ehemaligen Medresse so dunkel, dass es unmöglich<br />

war, die in Mosaikfayence ausgeführte Gebetnische und die in<br />

gleicher Weise dekorirte Kuppel, die den Raum überspannte, eingehender<br />

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