REISE IN KLEINASIEN
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dagegen fanden wir an der Aussenwand eine griechische Inschrift, von<br />
der ein Abklatsch genommen wurde.*)<br />
Am Abend stellte sich ein heftiger Wind ein, der nach den letzten<br />
heissen Tagen abkühlend und erfrischend wirkte.<br />
Den folgenden Tag (14. Juni) benutzten wir zum Besuch des Ruinenfeldes<br />
von Laodicaea. Es ist weit ausgedehnt und erstreckt sich über<br />
mehrere Hügel und Mulden. Von Antiochus Soter gegründet und seiner<br />
Gemahlin Laodice zu Ehren benannt, war Laodicaea vor Allem wiederum in<br />
der römischen Epoche von grosser Bedeutung, auch nahm es als eine der<br />
7 Episkopalstädte Asiens in der Entwickelung der christlichen Kirche<br />
und in ihrer Geschichte eine hervorragende Stelle ein. Im Jahre 1097 fiel<br />
Laodicaea in die Gewalt der seldjukischen Türken. Wie Buladan an<br />
die Stelle von Tripolis, so trat Denizli an die Stelle des alten Laodicaea,<br />
dessen Bewohner die zerstörte Stadt verliessen und sie nun als Steinbruch<br />
benutzten. In dem Ruinenfelde sind von öffentlichen Gebäuden<br />
das Stadium und zwei Theater noch erkennbar. Ersteres sowie das<br />
Amphitheater war, wie aus Inschriften (C. J. Gr. 3935 und 3936) hervorgeht,<br />
die Stiftung eines Neikostratos, der letzteres im Jahre 79 n. Chr. dem<br />
Kaiser Titus weihte. Wir fanden ausser mehreren bisher unbekannten<br />
Inschriften den Sockel für eine Statue, die diesem Kaiser in demselben<br />
Jahre ein anderes Mitglied der Familie Neikostratos errichtet hat.**)<br />
Die öffentlichen Gebäude sind in Laodicaea sowohl, wie in anderen<br />
reichen kleinasiatischen Städten meist Stiftungen wohlhabender Bürger aus<br />
den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. In dem weiten Stadtgebiet<br />
ragen noch die Bogen eines Aquädukts und hie und da Mauerwerk<br />
und Säulenreste hervor, die besonders in der Umgebung der antiken<br />
Agora bemerkbar sind. Jetzt ist der Boden mit Getreide bedeckt, das<br />
gerade geschnitten wurde. Einige mit der Ernte beschäftigte Landleute<br />
führten uns zu mehreren, im Felde versteckt liegenden Inschriften und waren<br />
uns bei der Arbeit dadurch behülflich, dass sie von weit her das erforderliche<br />
Wasser herbeibrachten. Bis zum späten Abend, als die untergehende<br />
Sonne die Kaskaden von Hierapolis mit röthlichem Lichte übergoss, blieben<br />
wir auf dem Ruinenfelde von Laodicaea und suchten nach Steinen, die<br />
uns etwas aus fernen Zeiten erzählen könnten.<br />
) Ueber die seldjukische Architektur vgl. Kapitel V. Näheres über die seldjukischen<br />
Hane in Kapitel VI.<br />
**) Vgl. Anhang 1, No. 5.