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REISE IN KLEINASIEN

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ihnen eine ebenso ungewohnte Einrichtung zu sein, wie uns die ausserordentlich<br />

scharfe Zäumung, die in einer Kandare mit langen Anzügen<br />

und einem eisernen Ringe statt der Kinnkette besteht, und die bewirkt,<br />

dass die Thiere meist hinter den Zügel gehen. Statt der Sporen bedient<br />

sich der Türke der scharfen schaufelartigen Steigbügel, die dem<br />

Thiere in die Flanken getrieben werden. Auch der Beschlag weicht von<br />

dem in Europa üblichen ab; das Hufeisen wird durch eine die ganze<br />

Huffläche bedeckende Platte ersetzt. Mit dem Besitzer der uns voro-eführten<br />

Pferde wurden wir alsbald dahin Handels einig, dass er uns drei<br />

Reit- und drei Packpferde, sowie zwei Mann zu deren Pflege stellte und pro<br />

Pferd täglich "/* Medschidie (ungefähr 2,70 M.) bekommen sollte. Dagegen<br />

behielten wir uns das Recht vor, Leute und Pferde jederzeit zurückzuschicken,<br />

falls wir mit ihnen unzufrieden wären.<br />

Nachdem so die Pferdefrage erledigt war, besuchten wir die nahegelegene<br />

Stadt, die noch von einer theilweise zerstörten und in Trümmern<br />

liegenden Mauer umgeben ist. Sie soll 15OOO Einwohner, darunter viele<br />

Griechen, zählen und ziemlich wohlhabend sein. Selten habe ich eine<br />

Stadt in Kleinasien gesehen, die so wenig des Interessanten bietet,<br />

wie Alaschehir. Die spärlichen Reste der antiken, von König Attalos I.<br />

Philadelphus gegründeten Stadt sind ebenso wenig zahlreich und bedeutend,<br />

wie die Bauwerke aus byzantinischer oder türkischer Zeit. Die Privathäuser<br />

sind einfache Holzbauten oder Lehmhütten, erstere meist von<br />

Griechen, letztere von Türken bewohnt; die Moscheen entbehren jedes<br />

künstlerischen Schmuckes. Aus der mittelalterlichen Geschichte der Stadt sind<br />

die Kämpfe besonders bemerkenswerth, die während des XI. und XII. Jahrhunderts<br />

die Byzantiner und seldjukischen Türken um ihren Besitz geführt<br />

haben, bis sie endlich im Jahre 1391 durch Sultan Bajazid erobert wurde<br />

und damit endgiltig unter die osmanische Herrschaft kam. Die Erinnerung<br />

an die schweren Schicksale, die Alaschehir erlitten hat, lebt in<br />

der heutigen Bevölkerung fort und findet ihren Ausdruck in der Sage, wonach<br />

eine in der Nähe der Stadt vorhandene Mauer aus Menschenknochen,<br />

aus den Gebeinen der von mongolischen Eroberern niedergemachten Einwohner<br />

erbaut sein soll.*)<br />

Trotz der ziemlich hohen Temperatur machten wir einen Spaziergang<br />

nach einer südöstlich von der Stadt am Ausgang eines Thaies gelegenen<br />

Schwefelquelle. Hier ist ein primitives hölzernes Badehaus mit zwei<br />

geräumigen Bassins errichtet, in die das heisse Schwefelwasser geleitet<br />

wird. Von der vor dem Badehaus liegenden Veranda bot sich uns ein<br />

*) Die in dieser Mauer vorkommenden knochenähnlichen Gebilde sind, nach der von<br />

Herrn Dr. W. Müller gütigst vorgenommenen Untersuchung eines von mir mitgebrachten Stuckes,<br />

nichts anderes, als Abdrücke von Schilf und anderen Pflanzen in Kalktuff, d. h. ein aus<br />

heissem Wasser abgeschiedener, kohlensaurer Kalk mit etwas Eisenoxydhydrat.<br />

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