REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
REISE IN KLEINASIEN
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Boden wird nun dieses Gemisch kegelförmig aufgehäuft und erst im Herbst<br />
zur Zeit der Steuereinschätzung gesondert. Wein fanden wir nur wenig<br />
angebaut; dafür gab es weitgedehnte Mohnfelder, die in der vollen Pracht<br />
ihrer Blüthen einen prächtigen Anblick gewährten.<br />
Nach dreieinhalbstündigem Ritt erreichten wir das Dorf Jnegöl und<br />
kehrten in dem kleinen Han (Unterkunftshaus für Reisende) ein, der aber<br />
ebenso wie die ungefähr 200 Lehmhütten, aus denen der Ort besteht,<br />
keinen sehr vertrauenerweckenden Eindruck machte; weshalb wir es vorzogen,<br />
nicht in dem Gastzimmer, sondern vor dem Hause unser Frühstück<br />
einzunehmen. Nach zweistündiger Rast — bis I2 3 A Uhr — setzten wir<br />
die Reise fort. Ich vertauschte jetzt meinen kleinen Schimmelhengst mit<br />
dem besten unter den Packpferden, da das Thier die unverträgliche Angewohnheit<br />
hatte, jedes andere Pferd, das in seine Nähe kam, zu schlagen<br />
und zu beissen. Besonders auf den Gaul Dr. Osbornes schien er es abgesehen<br />
zu haben. Unter dem Gepäck verging ihm jedoch bald sein<br />
Uebermuth, und am nächsten Tage war er ganz ruhig und manierlich<br />
geworden.<br />
Hinter Jnegöl verengert sich das Thal nach und nach; hochstämmige<br />
Feigenbäume und Pistazien-Eichen säumen den Weg, der sacht emporsteigt.<br />
Auf den Höhen zeigen sich rechts und links einige kleine Dörfer,<br />
die von Tscherkessen bewohnt sind. Nach dreistündigem Ritt haben wir<br />
den Eingang der engen Schlucht erreicht und steigen nun zwischen steil<br />
aufsteigenden Höhen empor, wobei wir öfters den brausend zu Thal eilenden<br />
Bach überschreiten müssen, bis wir nach einstündigem Aufstieg eine<br />
kleine, gut angebaute und von üppigen Platanen beschattete Hochebene<br />
erreichen, in deren Mitte das kleine Dorf Kyrk Tschinar (40 Platanen)<br />
liegt. Vor einer Hütte machen wir Halt und erklettern einen zwischen<br />
Bäumen angebrachten Holzaltan, um in Ruhe eine Tasse erfrischenden<br />
Kaffees, der auch in den kleinsten Orten Kleinasiens aromatisch und<br />
wohlschmeckend bereitet wird, zu geniessen. Unter uns breitet sich der<br />
fruchtbare Thalkessel aus, dessen Getreidefelder noch in Halmen stehen<br />
(460 m Höhe gegen 212 m in Jnegöl), und der von einer Unzahl von<br />
Störchen belebt ist.<br />
Wir passiren das Thal und steigen dann durch schöne Eichen- und<br />
Kiefern-Bestände, an einem ausgebrannten Haus, dem Kardian Kahwe, vorbei<br />
in 2 Stunden zu der Passhöhe empor (750 m), von wo sich eine umfassende<br />
Aussicht eröffnet. Hinter uns nach N. und O. blicken wir in<br />
das hügelige Gelände, das wir soeben durchzogen haben; vor uns im Süden<br />
starrt die steile Wand des Sazak Dagh empor, an dessen Fuss unser<br />
nächstes Ziel, das Städtchen Buladan, schon zu sehen ist. Nach Südosten<br />
schweift der Blick in die weite Mäander- und Lykos-Ebene, die südlich<br />
von der malerischen, theilweise noch schneebedeckten Kette des Baba<br />
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