Akademischer Stellenmarkt - Forschung & Lehre
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PETER M. LYNEN<br />
296<br />
Kunst- und<br />
Musikhochschulen<br />
Ein Blick über den Zaun<br />
Eignungsprüfungen an Kunsthochschulen als Vorbild?<br />
Eingangsprüfungen: Einige beneiden die<br />
Kunst- und Musikhochschulen darum, andere blicken<br />
mit Argwohn auf diese Praxis. Können Eignungsprüfungen<br />
als Vorbild für wissenschaftliche Hochschulen<br />
dienen? Welche Bedeutung haben solche Verfahren?<br />
Wie groß sind Aufwand und Nutzen?<br />
Kein „Malen nach Zahlen“<br />
Die Beantwortung der Titelfrage hängt vornehmlich<br />
davon ab, welche Bedeutung man dem Begriff Vorbild unterlegt.<br />
Begreift man „Vorbild“ als Erfahrungsschatz, auf den man<br />
zurückgreifen kann, um sein eigenes und selbständiges Bild<br />
zu entwerfen und auszugestalten, ist die Frage klar zu bejahen.<br />
Sieht man „Vorbild“ als Muster für Plagiate oder im Sinne<br />
eines „Malen nach Zahlen“, ist die Ausgangsfrage ebenso<br />
deutlich zu verneinen. Leider zeigt die Hochschul- und Wissenschaftspolitik<br />
immer wieder Tendenzen zu pauschalen<br />
Ablehnungen oder Übernahmen von Organisationen und Verfahren,<br />
die in anderen Bereichen entwickelt wurden und praktiziert<br />
werden. Manchmal werden auch nur Teilstücke isoliert<br />
übertragen bzw. diskutiert. In der aktuellen Diskussion über<br />
Hochschuleingangsprüfungen ist insoweit die These „das paßt<br />
nicht, was die Kunsthochschulen machen“ ebenso unangemessen<br />
wie die gegenteilige Behauptung, hier bestünden Verfahren,<br />
die man unproblematisch übernehmen könnte. Geht man<br />
genauer auf die Verfahren der Feststellung studiengangsbezogener<br />
künstlerischer Eignungen an Kunsthochschulen und<br />
die dort gewonnenen Erfahrungen ein, zeigt sich einerseits,<br />
daß die wissenschaftlichen Hochschulen und die wissenschaftlichen<br />
Studiengänge auf vergleichbare Problemstellungen bei<br />
der Einführung, den Rahmenbedingungen, den Voraussetzungen<br />
und den Folgen solcher Verfahren stoßen werden, daß<br />
aber anderseits deutliche Unterschiede in der Ausgangslage<br />
bestehen. Diese lassen sich weniger mit dem Begriffspaar „wissenschaftlich<br />
– künstlerisch“, sondern mehr mit der Entwicklung<br />
der Hochschulen und Studiengänge erklären.<br />
Über hundertjährige Praxis<br />
und Prinzipielles<br />
An Kunsthochschulen ist die Eingangsprüfung seit<br />
Entstehung dieser Hochschulart gängige und ununterbrochene<br />
Praxis, d.h. bei den Hochschulen für Bildende Künste<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
6/2002<br />
Peter M. Lynen,<br />
Dr. iur., Dr. phil.h.c.,<br />
Kanzler der Kunstakademie<br />
Düsseldorf<br />
(Kunstakademien, Kunsthochschulen i.e. Sinne) in Deutschland<br />
vor allem seit dem 18., bei den Musikhochschulen vor<br />
allem seit dem 19. Jahrhundert. Auf dem Weg dieser Institutionen<br />
in den heutigen tertiären Bildungsbereich hat es zwar<br />
erhebliche Veränderungen der Gestalt und des Inhalts dieser<br />
„Aufnahmeprüfungen“ und auch heftige Diskussionen hierüber<br />
gegeben, zwei miteinander verbundene Grundprinzipien<br />
haben aber die Zeit überdauert und sind von aktueller Bedeutung:<br />
Erstens der Konsens über die Notwendigkeit der<br />
Feststellung einer (studiengangsbezogenen) künstlerischen<br />
Eignung durch die aufnehmende Institution, die nicht durch<br />
andere Bildungsnachweise (vor allem nicht durch die allgemeine<br />
Hochschulreife) und auch nur in Ausnahmefällen (bei<br />
Studienortswechslern in höheren Semestern) durch andere<br />
Kunsthochschulen ersetzt werden kann. Zweitens die Untrennbarkeit<br />
dieser Aufnahme von den späteren Lehrinhalten und<br />
Lehrveranstaltungsformen sowie dem Profil der jeweiligen<br />
Hochschule, mindestens des jeweiligen Studiengangs.<br />
Mit dem erstgenannten Konsens können sich die Kunsthochschulen<br />
der Diskussion über die Bedeutung der allgemeinen<br />
Hochschulreife weitgehend entziehen; diese bleibt sozusagen<br />
„außen vor“, weil sie keine spezifischen Aussagen über<br />
die künstlerische Eignung der Studienbewerber enthält. Insoweit<br />
verlangen die meisten künstlerischen Studiengänge grundsätzlich<br />
die allgemeine Hochschulreife und die besondere<br />
künstlerische Eignung, wobei die allgemeine Hochschulreife<br />
in einigen Fällen durch eine herausragende künstlerische Begabung<br />
ersetzt werden kann. Die Befürworter des länderübergreifenden<br />
Abiturs als allgemeiner Hochschulzugangsberechtigung<br />
mit grundsätzlich freier Wahl des Studiums sehen<br />
damit in den Kunsthochschulen und ihren besonderen Verfahren<br />
keine Gefahr für ihr Prinzip. Die wissenschaftlichen<br />
Hochschulen stecken hier bekanntlich in erheblich stärkeren<br />
Begründungszwängen.<br />
Gleichzeitig eröffnet dieser Konsens den Weg zu hochschulspezifischen<br />
Maßstäben und Verfahren und damit zur<br />
Profilbildung, weil die Durchführung der Eignungsprüfungen