Akademischer Stellenmarkt - Forschung & Lehre
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DOROTHEA RÜLAND<br />
306<br />
Hochschulpolitik<br />
Kunst- und<br />
Musikhochschulen<br />
aktuell<br />
Rückkehr zum akademischen<br />
Alltag in Afghanistan?<br />
Bericht von einer Delegationsreise nach Kabul<br />
Die Universität von Kabul bietet ein Bild der<br />
Verwüstung. Um so beeindruckender ist der Wille, wieder<br />
neu anzufangen. Dabei spielt ausländische Hilfe<br />
eine zentrale Rolle. Welche Prioritäten sollten beim Wiederaufbau<br />
akademischer Strukturen gesetzt werden?<br />
Welche ersten Schritte können eingeleitet werden? Eine<br />
deutsche Delegation machte sich auf den Weg.<br />
Am 22. März öffneten die Universitäten Afghanistans<br />
nach Jahrzehnten kriegerischer Auseinandersetzungen ihre<br />
Pforten für den akademischen Nachwuchs. Doch wie sieht es<br />
dort aus? Etwa 18.000 Studierwillige hatten sich im ganzen<br />
Lande zu Aufnahmeprüfungen gemeldet, die in drei Etappen<br />
durchgeführt wurden - eine großartige Leistung, bedenkt man<br />
die instabile Sicherheitslage und kaum vorhandene Infrastruktur.<br />
Dieses Projekt wurde großzügig von der UNESCO unterstützt.<br />
Das Hochschul-Ministerium geht davon aus, daß etwa<br />
12.000 Studenten zugelassen werden - darunter auch zum ersten<br />
Mal wieder Frauen, denen in der Zeit der Taliban jede<br />
Möglichkeit zur Bildung verwehrt war. Doch auch vorher<br />
waren die Universitäten nicht untätig: in Crashkursen sollen<br />
die Studenten ihr Semester abschließen, die nach dem 11.<br />
September gezwungen waren, ihr Studium abzubrechen. Dies<br />
gilt ebenso für Studentinnen, die zu Beginn der Talibanzeit<br />
die Hochschulen verlassen mußten.<br />
Doch was erwartet diese neuen Studenten: dies war<br />
eine der Fragen, die sich eine kleine Delegation bestehend<br />
aus Vertretern des Auswärtigen Amtes, des Deutschen Akademischen<br />
Austauschdienstes (DAAD) und einzelner Hochschullehrer<br />
auf einer Fact-Finding-Mission nach Kabul stellte. Frühzeitig<br />
hatte der DAAD einen Antrag beim Auswärtigen Amt<br />
zum Wiederaufbau akademischer Strukturen in Afghanistan<br />
gestellt, der auch bewilligt worden war. Erste Gespräche mit<br />
Vertretern deutscher Universitäten belegten eindrucksvoll, daß<br />
vielfach ein großes Interesse besteht, sich aktiv beim Wiederaufbau<br />
zu engagieren. Dies ist nun für die Bundesrepublik kein<br />
Neuland: bereits in den 70er Jahren wurden insbesondere an<br />
der Universität in Kabul große Hochschulprojekte damals von<br />
der GTZ durchgeführt: so war die Universität Bonn maßgeblich<br />
am Aufbau der naturwissenschaftlichen Fakultät beteiligt,<br />
während sich die Universitäten in Köln und Bochum um<br />
die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften kümmerten. Diese<br />
Kontakte sind auch während der ganzen Kriegszeit nie abgerissen.<br />
Noch vor zwei Jahren kam Professor Shahidi, inzwischen<br />
stellvertretender Minister für Wiederaufbau, der in frü-<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
6/2002<br />
Dorothea Rüland, Dr.,<br />
Abteilungsleiterin der<br />
Programmabteilung Süd des<br />
Deutschen Akademischen<br />
Austauschdienstes, Bonn<br />
heren Jahren in Bonn studiert und promoviert hatte, erneut<br />
für kürzere Zeit über den DAAD nach Bochum. Hinzu kommen<br />
70-80.000 Afghanen in Deutschland, die in verschiedenen<br />
Schüben ihr Land verlassen mußten. Auch unter ihnen<br />
finden sich viele Hochschullehrer. Es gibt also Traditionen, an<br />
die man anknüpfen kann.<br />
Bestandsaufnahme<br />
Bevor aber konkrete Schritte in die Wege geleitet werden<br />
können, sollte zunächst eine Bestandsaufnahme vor Ort<br />
durchgeführt werden. So wollte die Delegation mit Vertretern<br />
der entscheidenden afghanischen Institutionen klären, welche<br />
Prioritäten dort gesetzt werden. Außerdem sollte eruiert<br />
werden, inwieweit sich bereits andere Geber im Hochschulbereich<br />
engagiert haben, um Doppelungen zu vermeiden. Erleichtert<br />
wurde diese Delegationsreise durch den Besuch des<br />
Präsidenten der Kabul Universität, Professor Popal, der vor<br />
kurzem nach Deutschland kam, dabei einzelne Universitäten<br />
kennenlernte und auch mit einer Gruppe Exilafghanen aus<br />
dem akademischen Bereich zusammentraf. Freundlicherweise<br />
hat er zusammen mit seinen Mitarbeitern und der deutschen<br />
Botschaft einen großen Teil der Terminabsprachen in<br />
die Hand genommen, so daß es in der kurzen Zeit vom 6. bis<br />
14. März möglich war, alle in diesen Bereich involvierten Institutionen<br />
in Kabul zu sprechen sowie einen großen Teil der<br />
Fakultäten ausführlich zu besuchen.<br />
Noch ist Kabul fast ausschließlich mit Maschinen der<br />
Bundeswehr über Termez in Usbekistan bzw. der UN über<br />
Islamabad anzufliegen - es bleibt zu hoffen, daß das Land in<br />
absehbarer Zeit auch wieder von kommerziellen Fluglinien<br />
bedient wird, eine Grundvoraussetzung für Aktivitäten in größerem<br />
Maßstab. Bereits bei der Landung sind Kriegsschäden<br />
unübersehbar: bis auf eine Maschine sind alle Flugzeuge der<br />
afghanischen Fluglinie Ariana zerstört. Der ganze Flughafen<br />
ist in einem beklagenswerten Zustand. Direkt daneben befin-