Akademischer Stellenmarkt - Forschung & Lehre
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zu einem Kernstück der Hochschulselbstverwaltung an<br />
Kunsthochschulen gewachsen ist und auch innerhalb der<br />
Kunsthochschulen so verstanden wird. An diesen Hochschulen<br />
hat die Eignungsprüfung – im Gegensatz zu den wissenschaftlichen<br />
Hochschulen in Deutschland – seit langem sowohl<br />
für die Kandidaten als auch für die Hochschullehrer<br />
mindestens den gleichen Stellenwert wie die Abschlußprüfung.<br />
Die Zahl der Bewerbungen und Aufnahmen im Wettbewerb<br />
der verschiedenen Hochschulen sagt auch durchaus etwas über<br />
den Stellenwert der jeweiligen Hochschule aus.<br />
Dies leitet auf das zweite Prinzip über. Die stark auf<br />
persönlichen Kontakt ausgerichtete künstlerische <strong>Lehre</strong> mit<br />
ihren besonderen Lehrveranstaltungsformen (bis zum<br />
„Klassenprinzip“ an den Hochschulen für Bildende Kunst oder<br />
dem „Einzelunterricht“ an Musikhochschulen)<br />
verlangt eine<br />
Selektion zu Beginn des Studiums.<br />
Die <strong>Lehre</strong> wird prägend als<br />
Weg zur Entwicklung künstlerischer<br />
Persönlichkeiten verstanden.<br />
Man studiert nicht nur „ein<br />
Fach“, sondern auch „bei bestimmten<br />
Hochschullehrern“.<br />
Damit gibt es an Kunsthochschulen<br />
das Phänomen der „Massenuniversität“<br />
nicht. Schaut man<br />
sich „alte“ Kunsthochschulen an,<br />
stellt man fest, daß deren<br />
Studentenzahlen in den letzten<br />
hundert Jahren weit weniger gestiegen<br />
sind als die benachbarter<br />
Universitäten. Bei Bewer-<br />
bungszahlen, die bei einigen<br />
Hochschulen und Studiengängen<br />
über dem zehnfachen der<br />
Erstsemester liegen und bei<br />
Gruppengrößen, welche die Zahl 20 in den künstlerischen<br />
Fächern selten übersteigen, könnten die Kunsthochschulen<br />
ohne Eignungsfeststellungen weder die bisherigen Betreuungsrelationen<br />
noch ihre besonderen Lehrveranstaltungsformen<br />
halten. Damit wären die bisherigen Lehrinhalte nicht mehr –<br />
jedenfalls nicht mehr auf dem bisherigen Niveau – vermittelbar.<br />
Eine solche Begrenzung der Zulassung aufgrund von Eignungsprüfungen<br />
ist trotz gewisser Überschneidungen keineswegs<br />
identisch mit dem System der Kapazitätsfeststellung, das<br />
in einigen Bundesländern und Kunsthochschulen (aber nicht<br />
überall) hinzukommen kann. Der maßgebliche Ansatzpunkt<br />
ist die künstlerische Eignung der Kandidaten, nicht die rechnerisch<br />
festgestellte Aufnahmekapazität der <strong>Lehre</strong>nden. Das<br />
unterscheidet dieses System grundlegend von dem des numerus<br />
clausus.<br />
Wie mißt man Begabung?<br />
Damit kommt man freilich zur Kernfrage, die sich in<br />
einen leichter und einen schwerer zu beantwortenden Teil gliedert.<br />
Leichter sind Feststellungen zum Ablauf des Verfahrens.<br />
An den Kunsthochschulen gibt es einerseits eine Vielzahl verschiedener<br />
Verfahren mit bis zu etlichen Hundert Bewerbungen<br />
pro Studiengang, Hochschule und Studienjahr. Anderseits<br />
lassen sich drei typische Verfahrensstufen ausmachen, die meist<br />
kumulativ auftreten, wobei einzelne Stufen in einem Verhält-<br />
297<br />
Kunst- und<br />
Musikhochschulen<br />
Schwer hineinzukommen: Eingangsportal der Kunstakademie<br />
Düsseldorf mit einem Teil des Kollegiums und einem freien<br />
Platz. Künstlerische Arbeit von Yeon-Shin Kim, 1999.<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
6/2002<br />
nis von Vorauswahl (Ermittlung eines engeren Personenkreises)<br />
und Endauswahl stehen können:<br />
● schriftliche Bewerbung der Kandidaten mit vorgeschriebenen<br />
Unterlagen (Formblätter, Lebenslauf, Bewerbungsschreiben,<br />
Zeugnisse u.ä.)<br />
● Vorlage oder Präsentation vorher erarbeiteter künstlerischer<br />
Leistungen (Mappenvorlage, Vorspiel etc.)<br />
● in der Hochschule in Klausur und/oder einem Prüfungsgespräch/Interview<br />
zu erbringende Leistungen.<br />
Der Bewertung liegen festgelegte Prüfungsmaßstäbe und ein<br />
Bewertungssystem zugrunde, das häufig ein Punktesystem ist.<br />
Die Prüfer sind vornehmlich Professoren, das Prüfungsverfahren<br />
pro Hochschule nimmt mindestens<br />
Tage - je nach Anzahl der<br />
Prüflinge und Studiengänge auch<br />
Wochen - in Anspruch. Ablehnungsbescheide<br />
sind anfechtbare<br />
schriftliche Verwaltungsakte.<br />
Damit ist dem schwerer zu<br />
beantwortenden Teil der oben gestellten<br />
Frage natürlich noch nicht<br />
genügend Rechnung getragen, insbesondere<br />
wenn man ihn spitz dahingehend<br />
formuliert, ob es den<br />
Hochschulen gelingt, die begabtesten<br />
und geeignetsten Studierenden<br />
auszuwählen. Dabei sollte<br />
man differenzieren. In einem Teil<br />
der künstlerischen Studiengänge<br />
(vor allem an den Musikhochschulen)<br />
ist eine gewisse Basis an<br />
Können und Wissen als Voraussetzung<br />
unerläßlich. Dies ist ermittelbar.<br />
Soweit es um Begabung selber geht, handelt es sich<br />
bei den Auswahlverfahren regelmäßig um Kollegialentscheidungen<br />
mehrerer Professoren, die in der Praxis meist<br />
einvernehmlich entscheiden. Letztlich bündelt sich hier die<br />
Erfahrung berufener und qualifizierter Prüfer, die gemeinsam<br />
eine Wertung abgeben. Diese enthält eine Prognose, da es<br />
weniger als bei einer Abschlußprüfung um einen erreichten<br />
Leistungsstand geht, sondern um die Frage, ob sich jemand<br />
für ein noch zu absolvierendes Studium eignet. Dies ist aber<br />
nur ein gradueller, kein prinzipieller Unterschied, da auch Abschlußprüfungen<br />
(vor allem Staatsprüfungen) als Berufseingangsprüfungen<br />
Prognoseelemente enthalten. Solche<br />
Prognoseentscheidungen sind nicht unfehlbar, aber in der Regel<br />
zutreffend. Sie sind allerdings den Betroffenen schwer zu vermitteln<br />
und einsichtig zu machen.<br />
Rechtliche und faktische Voraussetzungen<br />
der Eignungsfeststellung<br />
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß es sich bei<br />
den Eignungsfeststellungen der (staatlichen) Kunsthochschulen<br />
um ein grundrechtsrelevantes Verfahren handelt (v.a. im<br />
Hinblick auf Art 12 Abs. 1 Satz 1 GG, die freie Wahl der Ausbildungsstätte,<br />
hier als subjektive Zulassungsvoraussetzung),<br />
das der (verwaltungs)gerichtlichen Überprüfung unterliegt und<br />
entsprechender Rechtsgrundlagen bedarf. Die Rechtsgrundla-