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Akademischer Stellenmarkt - Forschung & Lehre

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Gesundheitsversorgung, Frauenförderung u.a. stehen als Themen<br />

im Vordergrund. Dies erstaunt insofern, als man auch für<br />

die „back to school“ Bewegung dringendst <strong>Lehre</strong>r braucht und<br />

woher sollen sie kommen, wenn nicht aus der Universität?<br />

Gleiches gilt für den Sektor der Gesundheitsversorgung. Ebenso<br />

braucht der Staat für seine Verwaltung schnellstmöglich<br />

einen funktionierenden Apparat, hier sieht die Fakultät der<br />

Wirtschaftswissenschaften für ihre Absolventen ein breites<br />

Betätigungsfeld. Einzige Ausnahme von der Regel macht die<br />

UNESCO, die nicht nur die Aufnahmeprüfungen finanzierte,<br />

sondern auch ganz gezielt die Fakultät für Journalismus aufbaut:<br />

die Dozenten wurden zu einem fachspezifischen Training<br />

nach Malaysia geschickt, die Fakultät wird technisch auf<br />

den neusten Stand der Dinge gebracht. Auch beim Aufbau<br />

der Bibliothek und in anderen Bereichen der Universität wird<br />

sich die UNESCO beteiligen. Daneben hat inzwischen ein amerikanisches<br />

Konsortium ein Abkommen mit dem Hochschulministerium<br />

unterschrieben, in dem festgelegt wurde, sich in<br />

erster Linie in den Fakultäten für Ingenieurwissenschaften und<br />

Agrarwissenschaften zu engagieren.<br />

Wie kann von deutscher Seite geholfen<br />

werden?<br />

Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt sich auch von deutscher<br />

Seite: dabei liegt es nahe, an alte Traditionen wieder<br />

anzuknüpfen und Schwerpunkte in den Wirtschaftswissenschaften<br />

und Naturwissenschaften zu legen, ohne jedoch andere<br />

Fachbereiche ganz auszuschließen. So bieten z.B. die<br />

Pharmazeutische Fakultät oder auch die Geologie interessante<br />

Kooperationsfelder, die langfristig auch unter <strong>Forschung</strong>s-<br />

Beispiel für das Ausmaß der Zerstörung - Überreste des Labors der<br />

Pharmazie an der Universität Kabul Foto: Rüland<br />

gesichtspunkten spannend werden dürften, denn Afghanistan<br />

ist sowohl reich an Heilpflanzen wie auch an Bodenschätzen.<br />

Nicht aus dem Auge verlieren sollte man auch zunächst exotisch<br />

anmutende Fachbereiche wie die Fakultät der schönen<br />

Künste, die einzige Fakultät in diesem Fach im ganzen Lande.<br />

Sie befindet sich von allen Fakultäten mit Abstand im schlechtesten<br />

Zustand. Um konkrete Schritte in die Wege zu leiten,<br />

sollte zunächst eine weitere Delegation von Fachleuten der<br />

308<br />

Hochschulpolitik<br />

Kunst- und<br />

Musikhochschulen<br />

aktuell<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

6/2002<br />

einzelnen Fachrichtungen nach Kabul reisen, sich mit ihren<br />

Kollegen vor Ort zusammensetzen, um die nächsten Maßnahmen<br />

vorzubereiten. Da an konkrete Zusammenarbeit vor Ort<br />

aufgrund der nicht vorhandenen Ausstattung noch nicht zu<br />

denken ist, bat die Universitätsleitung darum, im Sommer in<br />

den wichtigsten Fachbereichen Sommerschulen in Deutschland<br />

durchzuführen, um die afghanischen Kollegen in Intensivkursen<br />

mit dem neusten Stand der Wissenschaft vertraut<br />

zu machen und wieder erste wissenschaftliche Kontakte zu<br />

ermöglichen. In diesem Kontext sollten dann auch größere<br />

Material- und Gerätelieferungen vorbereitet werden, so daß<br />

anschließend im Herbst erste Kurzzeitdozenturen in Kabul<br />

selbst durchgeführt werden können. Was die Elektrifizierung<br />

und die Versorgung mit Wasser betrifft, so geht man davon<br />

aus, daß dies aus Mitteln der UNDP finanziert werden kann.<br />

Im Anschluß an diese ersten Schritte wäre dann über Langzeitdozenturen<br />

nachzudenken, die langfristig beim Aufbau einzelner<br />

Fächer helfen - für Medizin wäre eine derartige Dozentur<br />

bereits früher wünschenswert. Organisatorisch ist dies jedoch<br />

nur mit einem Koordinator vor Ort möglich, den der<br />

DAAD schnellstmöglich entsenden möchte. Nachzudenken<br />

wäre auch über ein Gästehaus auf dem Campus, um die o. g.<br />

Wohnungsnot zumindest für Gastdozenten aufzufangen.<br />

All dies bezog sich bisher nur auf die Universität in<br />

Kabul. Ein Besuch der anderen staatlich anerkannten Universitäten<br />

des Landes in Herat, Masar-E-Sharif, Kandahar oder<br />

Jalalabad war bisher aus Sicherheitsgründen nicht möglich.<br />

Doch berichtete der Minister für Hochschulbeziehungen von<br />

seinem Besuch in Herat und verwies darauf, daß die Lage dort<br />

noch viel schlechter sei als in der Hauptstadt.<br />

Doch all diese Maßnahmen zum Wiederaufbau sind<br />

nicht ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen möglich.<br />

Dazu gehören neben regelmäßigen Flugverbindungen vor allem<br />

stabile politische Verhältnisse - wovon das Land bisher<br />

noch weit entfernt ist. Zwar ist die Lage in Kabul selbst ruhig,<br />

doch gilt dies nicht für den Rest des Landes. Sehr viel wird<br />

davon abhängen, zu welchen Ergebnissen die Loya Jirga - die<br />

große Ratsversammlung, die über eine neue Verfassung sowie<br />

die neue Regierung zu entscheiden hat - kommt. Nach wie<br />

vor gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den<br />

einzelnen Gruppierungen und sind auch die Taliban nicht<br />

wirklich verschwunden. Die Angst sitzt den Menschen im<br />

Nacken und läßt sie mit Einbruch der Dunkelheit sofort in<br />

ihren Häusern verschwinden. Die Ausgangssperre wird deshalb<br />

penibel eingehalten. Doch entscheiden nicht nur die internen<br />

Konflikte über Krieg und Frieden in Afghanistan, mindestens<br />

ebenso entscheidend sind internationale Entwicklungen.<br />

Wann kommen die in Aussicht gestellten finanziellen<br />

Mittel und Hilfslieferungen? Die Ungeduld ist groß, die Frustration<br />

steigt von Tag zu Tag. Was wird mit der Schutztruppe<br />

- wird ihr Auftrag verlängert, gar ausgeweitet? Wie verhalten<br />

sich die USA gegenüber anderen Staaten in der Region? Die<br />

nächsten Monate werden wesentlich das weitere Schicksal<br />

Afghanistans bestimmen.<br />

❑<br />

Anschrift der Autorin<br />

Deutscher <strong>Akademischer</strong> Austauschdienst<br />

Postfach 200404<br />

53134 Bonn<br />

E-Mail: rueland@daad.de

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