Akademischer Stellenmarkt - Forschung & Lehre
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FRIEDHELM HUFEN<br />
290<br />
Kunst- und<br />
Musikhochschulen<br />
Frei, schöpferisch und<br />
leistungsorientiert<br />
Zum Status der Kunst- und Musikhochschulen<br />
Das Grundgesetz gewährt Wissenschaftsfreiheit<br />
und Kunstfreiheit gleichrangig und in einem<br />
Satz. Beide Grundrechte schützen im individualrechtlichen<br />
Sinne Künstler und Wissenschaftler, die an<br />
Hochschulen wirken. Welche Parallelen sind darüber<br />
hinaus festzustellen? Was bedeutet dies für die Institutionen?<br />
Nimmt man die Mitgliedschaft in den Konferenzen der<br />
Präsidenten und Rektoren als Maßstab, dann gibt es in<br />
Deutschland 23 Kunsthochschulen und 26 Musikhochschulen.<br />
Hinzu kommen mehr oder weniger selbständige Abteilungen<br />
an getrennten Standorten und in die Universitäten integrierte<br />
Einrichtungen wie die Fachbereiche Bildende Kunst<br />
und Musik an der Mainzer Johannes Gutenberg Universität.<br />
An ihnen sind (ohne Differenzierung nach Besoldungsgruppen<br />
und Status) etwa 2132 Professoren tätig, von denen ein<br />
Teil eine „Honorarprofessor-ähnliche“ Stellung haben dürften<br />
– also etwa 7 Prozent aller an Universitäten und Kunsthochschulen<br />
(ohne Fachhochschulen) tätigen Professoren. So<br />
unterschiedlich in Geschichte und Erscheinungsform<br />
diese Hochschulen sind:<br />
Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten<br />
einen Prozeß der Profilbildung und<br />
einheitlichen Qualitätssicherung durchgemacht,<br />
der heute berechtigt, von einem gefestigten<br />
Hochschultyp zu sprechen, der<br />
für die Kunst das ist, was die wissenschaftlichen<br />
Hochschulen für die Wissenschaft<br />
sind.<br />
Zufällige institutionelle<br />
Trennung<br />
Kunst- und Musikhochschulen einerseits<br />
und wissenschaftliche Hochschulen<br />
andererseits haben eine große gemeinsame<br />
Vergangenheit. Ihre institutionelle<br />
Trennung war eher zufällig und sachlich<br />
nicht zwingend. Die „septem artes liberales“<br />
waren bereits im ausgehenden Mittelalter feste und geachtete<br />
Bestandteile der Universitäten. Das gleiche galt für<br />
die Hohen Schulen der absolutistischen Zeit (etwa der Hohen<br />
Karlsschule zu Tübingen), in deren Rahmen sich Kunst<br />
und Wissenschaften gemeinsam aus den strikten religiösen Bindungen<br />
befreiten. Auch liegt hier eine gemeinsame Wurzel von<br />
Handwerkszeug eines Meisters: Die Tastatur<br />
des Klaviers von Franz Liszt.<br />
Foto: dpa<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
6/2002<br />
Friedhelm Hufen, Dr. iur.,<br />
Univ.-Professor, Öffentliches<br />
Recht, Staats- und<br />
Verwaltungsrecht, Johannes<br />
Gutenberg Universität Mainz<br />
Kunst- und Wissenschaftsfreiheit . Im Humboldt’schen Konzept<br />
der Gesamterziehung des Menschen spielte die Kunst eine<br />
der Wissenschaft ebenbürtige Rolle. Die Trennung der Institutionen<br />
im 19. Jahrhundert war eher zufällig und beruhte auf<br />
einer verengten Sicht der Kant’schen Trennung von Erkenntnis<br />
und Empfinden, in der zeitweiligen Privatisierung und<br />
Individualisierung der künstlerischen Ausbildung sowie auf<br />
der von der Kunst zunächst nicht akzeptierten Standardisierung<br />
des Berechtigungswesens. Im ausgehenden 19.und beginnenden<br />
20. Jahrhundert wurde der Akademiegedanke im<br />
Bereich der Kunst gleich hoch geachtet wie in der Wissenschaft.<br />
Andere Vorläufer der heutigen Kunst- und Musikhochschulen<br />
entwickelten sich aus höheren<br />
Gewerbeschulen und nahmen damit einen<br />
durchaus ähnlichen Weg wie die heutigen<br />
Technischen Universitäten und die<br />
in den Universitäten aufgegangen Wirtschaftshochschulen.<br />
Derselbe Status<br />
Art. 5 III des Grundgesetzes (GG)<br />
gewährleistet die Wissenschaftsfreiheit<br />
und die Kunstfreiheit in nicht zufälliger<br />
Parallelität und Tradition gleichrangig<br />
und in einem Satz. Beide Grundrechte<br />
schützen im individualrechtlichen Sinne<br />
die in den Hochschulen tätigen Künstler<br />
und Wissenschaftler, haben aber auch<br />
eine institutionelle Komponente. Geschützt<br />
sind Eigenständigkeit und Selbstverwaltung<br />
– für die Hochschulkunst<br />
nicht weniger als für die Hochschulwissenschaft. Auch in der<br />
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehen die<br />
Kunst als die „freie schöpferische Gestaltung“ und die Wissenschaft<br />
als „planmäßige Suche nach der Wahrheit“ gleichrangig<br />
nebeneinander. Die Freiheit ausgeübter Kunst und<br />
künstlerischer Entwicklungsvorhaben steht jedenfalls der in-