Flugsicherheit
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Bild: Helmut Huber, helmut.huber.owl@gmx.de<br />
Mensch an einer schweren Krankheit.<br />
In der CF-Info heißt es dazu: „Legt man<br />
Sicherheitsanforderungen zugrunde,<br />
die LH benötigt, um wirtschaftlich als<br />
Airline überleben zu können, würde<br />
niemand mehr Fahrrad fahren.“<br />
Dies bedeutet allerdings auch, dass<br />
sich Piloten, Fluglotsen oder Flugzeugmechaniker<br />
nicht auf ihr subjektives<br />
Empfinden verlassen können. „Dieses<br />
trügerische Gefühl hat in der Luftfahrt<br />
schon tausenden Passagieren und<br />
Besatzungsmitgliedern das Leben gekostet.“<br />
Dem Empfinden muss eine<br />
auf Tatsachen beruhende (evidenzbasierte)<br />
Betrachtung gegenüberstehen.<br />
Die LH-<strong>Flugsicherheit</strong>sexperten führen<br />
dazu ein sehr anschauliches Beispiel<br />
an:<br />
„Der These, man könne, wenn<br />
das Wetter zu schlecht ist, bei einem<br />
Non-Precision-Approach etwas unter<br />
das Minimum gehen, auch wenn die<br />
Bahn nicht in Sicht ist, wird folgende<br />
evidenzbasierte Betrachtung gegenübergestellt:<br />
Die Wahrscheinlichkeit,<br />
bei diesem Manöver zu verunglücken,<br />
liegt bei größer als 0 -5. Das heißt,<br />
dieses Manöver ist mehr als hundertmal<br />
so gefährlich wie das für uns mindestens<br />
erforderliche Risikoniveau.“<br />
So haben auch vermeintlich übertrieben<br />
vorsichtige Betriebsanweisungen<br />
ihren Sinn. Die evidenzbasierte<br />
Betrachtung hilft aber auch, überflüssige<br />
Aktionen zur Risikovermeidung<br />
zu identifizieren. Zum Beispiel: Ein Kapitän<br />
versucht mit erheblichem Aufwand<br />
(mehrfacher Anruf beim Flight<br />
Manager) herauszufinden, ob zwei<br />
oder drei zu große Handgepäckstücke<br />
zu Koffern erklärt und im Frachtraum<br />
verstaut wurden - obwohl sich am tatsächlichem<br />
Startgewicht nichts geändert<br />
hat.<br />
Hätte die Lufthansa übrigens eine<br />
Unfallwahrscheinlichkeit wie die NASA<br />
mit ihrem Space-Shuttle-Programm, so<br />
würde die deutsche Airline jährlich 35<br />
Flugzeuge verlieren.<br />
Nichts ist sicher<br />
und nicht mal<br />
das ist sicher!<br />
Gedanken zu einem schwierigen Begriff<br />
von Oberstleutnant Rüdiger Stein<br />
GenFlSichhBw<br />
Die Autorin des Artikels<br />
„Wie sicher ist sicher?“<br />
hat zur Erklärung des<br />
Sicherheitsniveaus in der<br />
zivilen Verkehrsluftfahrt<br />
einen wissenschaftlichen<br />
Ansatz gewählt. Dabei<br />
geht es im Kern um die<br />
berechenbare Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
eines<br />
Ereignisses, wonach das<br />
Ergebnis als nüchterne,<br />
interpretationsfrei Zahl<br />
präsentiert wird. Da alle<br />
Fluggesellschaften den<br />
gleichen Berechnungsgrundlagen<br />
unterliegen,<br />
sind die Resultate vergleichbar<br />
(Gut für die<br />
Sicheren, ungut für die<br />
Unsicheren!) und stellen<br />
die Ausgangsbasis für<br />
weitere Sicherheitsbemühungen<br />
dar.<br />
Einen Tag nach dem Beinahezusammenstoß<br />
eines griechischen Verkehrsflugzeuges<br />
mit zwei F-4 F Phantom<br />
der griechischen Luftwaffe am<br />
4. April 2006 beeilte sich ein deutsches<br />
Nachrichtenmagazin unter der Überschrift<br />
„Flugunfall-Risiko“ mit der<br />
Verbreitung folgender Internetinformation:<br />
„Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung<br />
hat errechnet, dass<br />
man in der Bundesrepublik 67 Jahre<br />
lang ununterbrochen fliegen müsste,<br />
um jemals in einen Flugzeugunfall mit<br />
Todesfolge zu geraten. Diese Zeitspanne<br />
ergibt sich aus dem Umstand, dass<br />
sich etwa alle 588.000 Flugstunden<br />
ein Flugzeugunglück ereignet.“<br />
Dieses Zahlenspiel ist etwas griffiger<br />
als die Formel 0 -7 und klingt beruhigend!<br />
Zumindest für diejenigen, die<br />
ausschließlich innerhalb der Grenzen<br />
des Vaterlandes unterwegs sind.<br />
Wesentlich detaillierter ist der Inhalt<br />
einer Studie der britischen Sicherheitsberatungsagentur<br />
ADELARD aus dem<br />
Jahre 2002. ADELARD hatte über einen<br />
Zeitraum von zehn Jahren ( 99 -<br />
2000) das Unfallgeschehen aller (zivilen<br />
und militärischen) in Großbritannien<br />
betriebenen Luftfahrzeuge untersucht<br />
und dabei zugrunde gelegt, dass die<br />
augenblickliche Unfallwahrscheinlich-<br />
keit auf der Trennlinie zwischen „tolerierbar“<br />
und „nicht tolerierbar“ liegt,<br />
also gerade noch so hingenommen<br />
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