33484 Umschlag.indd - Museen in Bayern
33484 Umschlag.indd - Museen in Bayern
33484 Umschlag.indd - Museen in Bayern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
34 Museumspädagogik<br />
„Jungste<strong>in</strong>zeit erleben“<br />
und „Reden, wie e<strong>in</strong>em<br />
der Schnabel<br />
gewachsen ist“<br />
Museumspädagogische Programme im<br />
Museum Adlhoch-Haus, Altdorf<br />
„Ste<strong>in</strong>zeitmenschen“ <strong>in</strong> Aktion.<br />
Monika Weigl und Markus Tremmel<br />
Wenn die Jungen die Jungste<strong>in</strong>zeit erleben, dann ist im Museum<br />
Adlhoch-Haus im niederbayerischen Altdorf bei Landshut e<strong>in</strong><br />
Leben, als wäre die Ste<strong>in</strong>zeit nie vergangen und das Computerzeitalter<br />
nur e<strong>in</strong> Irrtum. Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler der 3., 4.<br />
oder 5. Klassen – auch so mancher K<strong>in</strong>dergarten hat <strong>in</strong>zwischen<br />
schon e<strong>in</strong>en Ausflug hierher gemacht – mahlen mit Ste<strong>in</strong>en<br />
Getreide und backen dann auf Ste<strong>in</strong>öfen Brotfladen. Sie schneiden<br />
mit messerscharfen Feuerste<strong>in</strong>en Obst und Gemüse fürs<br />
„Ste<strong>in</strong>zeitmüsli“ oder schaben Weidenzweige ab, um aus ihnen<br />
Pfeile zu machen. Man kann sich auch stundenlang im Feuermachen<br />
mit den Mitteln unserer Ururahnen versuchen – noch<br />
kann zu Ruhm und Ehre gelangen, wem das das erste Mal <strong>in</strong> der<br />
Geschichte des Museums gel<strong>in</strong>gt!<br />
Seit 1997 bietet das Altdorfer Heimat- und Ste<strong>in</strong>zeitmuseum<br />
diesen Ausflug <strong>in</strong> die Vergangenheit als museumspädagogisches<br />
Programm an. Untergebracht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der ältesten Bauernhäuser<br />
Niederbayerns, vermittelt es e<strong>in</strong>en lebensnahen Kontakt mit<br />
der Lebens- und Arbeitswelt sowohl der nahen wie ganz fernen<br />
Vorfahren – so lebensnah, dass die K<strong>in</strong>der, die alle <strong>in</strong> orig<strong>in</strong>algetreue<br />
Leder- und Stoffhemden, -hosenbe<strong>in</strong>e und Schurze schlüpfen<br />
dürfen, sich nur mit Ste<strong>in</strong>zeitwerkzeugen ihre Mahlzeit selbst<br />
zubereiten und, vorwiegend die Buben, ganz rußige F<strong>in</strong>ger vom<br />
Zusammenschlagen der Feuerste<strong>in</strong>e haben. „G’funkt hot’s scho,<br />
i habs genau gsehgn“, hört man dann bisweilen rufen. Aus Ton<br />
werden e<strong>in</strong>fache Schüsselchen modelliert, am Webstuhl entstehen<br />
Textilien, kle<strong>in</strong>e Weidenkörbe nehmen Gestalt an und, sehr<br />
mühselig:<br />
Millimeter um Millimeter scheuert sich mit Handkraft und<br />
mithilfe von fe<strong>in</strong>em Sand e<strong>in</strong> Holzbohrer durch e<strong>in</strong>en faustgroßen<br />
Ste<strong>in</strong>. So manches Mädchen tut sich derweil als hervorragende<br />
Pfeilwerker<strong>in</strong> hervor, während andere wiederum schnell das Drehen<br />
des kle<strong>in</strong>en, spitzen Feuerste<strong>in</strong>bohrers lernen, mit dem sich<br />
kle<strong>in</strong>e Löcher durchs Muschelplatt reiben lassen – noch e<strong>in</strong> paar<br />
Tonperlen und Bernste<strong>in</strong> dazu und auf e<strong>in</strong>en Faden aufgezogen:<br />
fertig ist der Ste<strong>in</strong>zeitschmuck! Und den darf man natürlich<br />
behalten, wie alles, was man selbst angefertigt hat.<br />
Aus Jägern und Nomaden s<strong>in</strong>d vor rund 7500 Jahren sesshafte<br />
Bauern geworden – auch im Tal der Isar und an ihren Nebenbächen.<br />
Alles, was im Museum aus dieser Zeit aufbewahrt wird,<br />
haben Archäologen im Altdorfer Dorfgebiet ausgegraben. Die<br />
jungen Besucher lernen die Archäologie als spannende Wissenschaft<br />
kennen: Sie können die Funde anschauen und hören von<br />
den Lebensbed<strong>in</strong>gungen der Menschen und Tiere des Neolithikums,<br />
bevor sie selbst zu kle<strong>in</strong>en „Jungste<strong>in</strong>zeitianern“ werden...<br />
Das Programm „Jungste<strong>in</strong>zeit erleben“, das sich vorwiegend<br />
an die 3. bis 5. Jahrgangsstufe richtet, dauert sechs Schulstunden,<br />
von maximal 8-13 Uhr. Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer bestätigen,<br />
dass dies e<strong>in</strong>e ideale Ergänzung zum Sachunterricht bzw.<br />
Geschichtsunterricht ist. Die Durchführung kostet pauschal pro<br />
Gruppe bis 32 Personen bzw. Klasse 150.- €, wobei die benötigten<br />
Materialien und die „Pausenverpflegung“ mit <strong>in</strong>begriffen s<strong>in</strong>d. Es<br />
wird nur mit orig<strong>in</strong>algetreuen Materialien und Werkzeugen gearbeitet.<br />
Lehrer können aus den vielen angebotenen Tätigkeiten<br />
auch ihr spezielles Programm für den Erlebnisvormittag zusammenstellen.<br />
Die Museumsmitarbeiter<strong>in</strong>nen und -mitarbeiter, die<br />
schon seit Jahren mit der Ste<strong>in</strong>zeit „leben“, haben auch bereits<br />
mehrfach Lehrerfortbildungen durchgeführt. E<strong>in</strong> 25-m<strong>in</strong>ütiger<br />
Videofilm („E<strong>in</strong> Tag vor 7000 Jahren“) dokumentiert Ablauf und<br />
Inhalt e<strong>in</strong>es Schulvormittags im Museum und kann zur Vorab-<br />
Information der Lehrkräfte dienen.<br />
Das nächste Projekt ist gerade im Entstehen und hat schon<br />
den passenden Titel: „Der Ste<strong>in</strong> kommt <strong>in</strong>s Rollen!“ Die Ste<strong>in</strong>zeit<br />
verlässt jetzt nämlich das Museum und besucht künftig auch die<br />
Schulen und K<strong>in</strong>dergärten.<br />
Reden, wie e<strong>in</strong>em der Schnabel gewachsen ist<br />
Und noch e<strong>in</strong> Projekt bietet das Museum Adlhoch-Haus seit diesem<br />
Jahr an: „Reden, wie e<strong>in</strong>em der Schnabel gewachsen ist.“ In<br />
Zusammenarbeit mit dem Rundfunkjournalisten Markus Tremmel<br />
sollen dabei Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> Grundschulen ermutigt<br />
werden, ohne falsche Vorbehalte ihren Dialekt zu sprechen, denn<br />
allzu oft haben sie die Erfahrung gemacht, dass ihr Dialekt <strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong>dergarten und Schule nicht ernst genommen und abgewertet<br />
wird. Deshalb wird im Museum e<strong>in</strong>en Nachmittag lang Dialekt<br />
gesprochen, werden vergessene oder verschämt versteckte Wörter<br />
wieder belebt (auch manches bairische Spiel), damit durch diese<br />
kle<strong>in</strong>e Aufklärungsarbeit sich jeder wieder selbstbewusster als<br />
Dialektsprecher aufzutreten traut – auch und gerade im öffentlichen<br />
Raum. Und weil es für ganze Klassen manchmal etwas kompliziert<br />
se<strong>in</strong> mag, dazu <strong>in</strong>s Altdorfer Museum zu fahren, kommen<br />
die Mitarbeiter des Museums gerne auch <strong>in</strong> die Schulen und K<strong>in</strong>dergärten.<br />
Heimatmuseum Adlhoch-Haus, We<strong>in</strong>bergstr. 1,<br />
84032 Altdorf, Tel. 0871/30333