33484 Umschlag.indd - Museen in Bayern

50 Berichte/Aktuelles
Freilichtmuseum Beamish mit klarer räumlicher und inhaltlicher
Struktur und beachtlichen Leistungen in der Rekonstruktion von
Bauten und Interieurs.
kommt die mit personaler Interpretation unterstützte, individuell
ausgeformte weihnachtliche Ausstattung einzelner Bauten im
Gelände sowie ein Weihnachtsmarkt, dessen Angebot sich streng
an historischen Vorlagen zu orientieren hat.
Im dritten Themenbereich interessierte besonders der Beitrag
des Museumsleiters von St. Fagans, der eine radikale Neuorientierung
vieler bestehender agrargeschichtlich ausgerichteter
Museen als Voraussetzung für ihre künftige Akzeptanz postulierte.
Traditionell befassen sich Einrichtungen dieses Typs mit dem
Thema der Mechanisierung der bäuerlichen Arbeit, vornehmlich
also dem Wandel vom 19. ins 20. Jahrhundert. Eine zur Analyse
der gegenwärtigen Situation agrargeschichtlicher Museen in
Großbritannien eingesetzte Working Group der Museums and
Gallery Commission hat diesen Befund in großem Umfang bestä-
tigt. Der aktuellen Wahrnehmung landwirtschaftlicher Produktion
in unserer gegenwärtigen Gesellschaft wird man wohl eher
entsprechen können, wenn sich solche Museen auch an kontroverse
Themen wie die Ursachen und Bewältigungsstrategien von
BSE heranwagen oder sich den mit moderner Gentechnik verknüpften
Fragen zuwenden.
Die Exkursionen bezogen nicht nur wichtige Freilichtmuseen
in Schottland selbst ein, wie beispielsweise das Highland Folk
Museum in Kingussie oder das Museum of Scottish Country Life
in East Kilbridge, sondern auch einen Abstecher in das angrenzende
nördliche England, wo sich eines der prominentesten Freilichtmuseen
Großbritanniens befindet: Beamish. Dort kann der
Besucher im Rahmen eines Rundgangs – oder einer Rundfahrt
mit der historischen Trambahn – in einer weitläufigen Landschaft
inhaltlich sehr abwechslungsreiche Einheiten kennenlernen. Der
Bogen spannt sich von einem traditionellen landwirtschaftlichen
Betrieb, der in situ aufbereitet wurde, über einen städtischen
Straßenzug und eine kleine dörfliche Anlage bis zu transferierten
obertägigen Anlagen eines Kohlebergwerks und der Möglichkeit
der Begehung eines authentischen Stollens. Wie in anglosächsischen
Museen üblich, übernehmen sogenannte „living interpreters“,
also geschultes Personal in historischen Kostümen, die
Information in den beeindruckend dicht und visuell überzeugend
eingerichteten Häusern. Die Finanzierung des laufenden Betriebs
ist bei etwa 90 fest angestellten Personen, davon 80 in saisonaler
Beschäftigung, und einem Volumen von etwa 3 Millionen Englischen
Pfund zu weniger als fünf Prozent durch die das Museum
tragenden kommunalen Körperschaften gesichert – der „Rest“
muß vom Museum verdient werden! Dieser Sachverhalt hat freilich
auch Wirkung auf die Höhe der Eintrittspreise: Der Eintritt
für einen Erwachsenen beträgt 12 Pfund.
Sicherlich auch aufgrund der deutlichen Verbilligung für
Jahreskarten, Familien und Gruppen kann das Museum über die
letzten Jahre Besuchszahlen von etwa 320.000 verbuchen, eine
beeindruckende Zahl, die heute von keinem bedeutenden Freilichtmuseum
in Deutschland mehr erreicht wird. In der jüngsten
Vergangenheit ist es der Museumsleitung gelungen, mithilfe
staatlicher Fördermittel auch im Bereich der musealen Infrastruktur
an internationale Standards aufzuschließen. So hat man in
einem etwas abseits gelegenen Teil der Anlage ein Depotgebäude
mit angeschlossenem Besucherzentrum für wissenschaftlich interessierte
Gäste errichtet. Dort ist heute ein Teil der etwa 300.000
Nummern umfassenden Sammlung von kulturhistorischen Objekten
und der nahezu 400.000 Nummern zählenden Sammlung historischer
Fotos in der Objektdatenbank recherchierbar.
Wie bei jedem Treffen des Verbandes gab es auch diesesmal
wieder Gelegenheit, die persönlichen Kontakte zu pflegen und
sich fachlich auszutauschen. Über die Jahre hin hat der Verband
so ein Forum auf europäischer Ebene gepflegt, das für die Teilnehmer
aufgrund der internationalen Vergleichsmöglichkeiten
immer lehrreich und inspirierend gewirkt hat.
Die nächste Tagung im Herbst 2005 wird in Finnland ausgerichtet
werden.