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fremdheit und identität in herta müllers reisende auf einem bein ...

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das Landleben der deutschsprachigen Banatschwaben [...] als grauenvolle Anti-Idylle [<strong>und</strong> ist] e<strong>in</strong><br />

Dokument der Entfernung, der Entfremdung <strong>und</strong> Isolierung, die verstärkt werden durch Misswirtschaft<br />

<strong>und</strong> Repressionen e<strong>in</strong>es korrupten kommunistischen Regimes <strong>und</strong> durch e<strong>in</strong>e latent fortlebende<br />

faschistische Vergangenheit. 19<br />

Im 1984 publizierten Buch Drückender Tango, das aus sechs Erzählungen aus dem Banat<br />

besteht, wird die Übermacht der rumänisch-totalitären E<strong>in</strong>flüsse bekämpft, während es sich <strong>in</strong><br />

ihrer nächsten Erzählung Der Mensch ist e<strong>in</strong> großer Fasan <strong>auf</strong> der Welt, die 1986<br />

herausgegeben wurde, vor allem um das Leben der Familie W<strong>in</strong>disch, die <strong>auf</strong> ihre Ausreise<br />

warten, handelt. Für den Müller W<strong>in</strong>disch, der rastlos ist <strong>und</strong> auswandern will, sche<strong>in</strong>t die<br />

Jahre <strong>und</strong> die Tage unerträglich zu se<strong>in</strong>: „Seit W<strong>in</strong>disch auswandern will, sieht er überall im<br />

Dorf das Ende. Und die stehende Zeit, für die, die bleiben wollen. [...]. Und nachdem<br />

W<strong>in</strong>disch zweih<strong>und</strong>erte<strong>in</strong><strong>und</strong>zwanzig Tage gezählt hat, [...] steigt er zum ersten Mal ab.“ 20<br />

In den ersten Texten Herta Müllers sehen wir also, dass die Autor<strong>in</strong> hauptsächlich von den<br />

Erfahrungen im totalitären Regime <strong>in</strong>spiriert ist. Das Warten <strong>auf</strong> die Ausreise aus dem<br />

Heimatland kommt auch im letztgenannten Buch zum Ausdruck. Insofern weist Herta Müllers<br />

Dichtung besonders am Anfang ihrer Schriftstellerkarriere <strong>auf</strong> den Verl<strong>auf</strong> ihrer eigenen<br />

Biographie h<strong>in</strong>, was auch der Fall bei ihrem Prosaband Barfüßiger Februar ist, welches 1987<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> herausgegeben wurde. Das Buch br<strong>in</strong>gt durch verschiedene Erzählungen die<br />

Fremdheit im eigenen Land zum Ausdruck, <strong>und</strong> entstand, dar<strong>auf</strong> weist Josef Zierden h<strong>in</strong>,<br />

während Herta Müller mit ihrem Ehemann Richard Wagner <strong>in</strong> Rumänien <strong>auf</strong> die Ausreise <strong>in</strong><br />

die B<strong>und</strong>esrepublik wartete. 21 Hier im Text geht es vor allem um Fremdheit, die sowohl im<br />

eigenen Land erlebt wird, als auch um die neue Fremdheit, die nach der Ausreise entsteht.<br />

Schon <strong>in</strong> diesem Buch versucht Müller den fremden Blick zu erklären, der während der<br />

Diktatur entstanden ist <strong>und</strong> an das neue Leben überträgen wird. In dieser H<strong>in</strong>sicht könnte<br />

behauptet werden, dass die Schriftsteller<strong>in</strong> zeitlich sich selber voraus ist, denn ihre Theorie<br />

des fremden Blicks ersche<strong>in</strong>t erst 1999.<br />

Wie oben schon erwähnt, ist die Autor<strong>in</strong> 1987 nach Deutschland übersiedelt. Die neue Epoche<br />

<strong>in</strong> ihrem Leben zeigt sich jetzt, e<strong>in</strong>e dichterische Inspiration zu werden, <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne dass<br />

19 Zierden, Josef: „Herta Müller“ <strong>in</strong> Arnold, He<strong>in</strong>z Ludwig: KLG: München 2001, S. 2.<br />

20 Müller, Herta: Der Mensch ist e<strong>in</strong> großer Fasan <strong>auf</strong> der Welt, Rowolt Taschenbuch Verlag: Hamburg 1995, S.<br />

5f.<br />

21 Zierden, Josef: „Herta Müller“ <strong>in</strong> Arnold, He<strong>in</strong>z Ludwig: KLG: München 2001, S. 3.<br />

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