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fremdheit und identität in herta müllers reisende auf einem bein ...

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In Thomas f<strong>in</strong>det Irene zum ersten Mal den Fre<strong>und</strong>, den sie sowohl <strong>in</strong> Franz als auch <strong>in</strong> Stefan<br />

gesucht hat. Doch auch nicht diese Beziehung erweist sich, problemlos zu se<strong>in</strong>, denn Thomas<br />

ist, laut Stefan, homosexuell. Als sie sich getroffen haben, war er wegen des Bruchs mit<br />

se<strong>in</strong>em Fre<strong>und</strong> <strong>in</strong> sich gekehrt <strong>und</strong> deswegen ziemlich reserviert. Das ist wahrsche<strong>in</strong>lich auch<br />

der Gr<strong>und</strong>, dass Irene ihn so attraktiv f<strong>in</strong>det. Später hat Irene noch erfahren, dass er auch „e<strong>in</strong>e<br />

Ehe h<strong>in</strong>ter sich“ (R 66) hat. Aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>es Verlustes, sowie der Er<strong>in</strong>nerung an das andere<br />

Land, die Thomas (durch se<strong>in</strong>oben erwähnten Spiel mit Hemden) <strong>in</strong> Irene weckt, ist für Irene<br />

e<strong>in</strong>e Verb<strong>und</strong>enheit mit <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Schicksal entstanden: „Wegen diesem Hemd, das die<br />

Farbe der Nesseln hatte, <strong>und</strong> weil Irene die Nesseln suchte im Gras, war zwischen Thomas<br />

<strong>und</strong> Irene e<strong>in</strong>e Nähe gewesen.“ (R 65).<br />

Mit Thomas wird die Farbe grün eng verb<strong>und</strong>en. Grün ist allgeme<strong>in</strong> als die Farbe der<br />

Hoffnung bekannt <strong>und</strong> für Irene wird auch diese Farbe fast wie e<strong>in</strong>e Besessenheit, weil sie<br />

diese Farbe <strong>auf</strong> das Verhältnis zwischen ihr <strong>und</strong> Thomas bezieht. Dass Irene se<strong>in</strong> „grünes<br />

Seidenhemd“ (R 64), „e<strong>in</strong> Paar grüner Socken“ (R 69), die Thomas gehören, <strong>und</strong> dass er sie<br />

„e<strong>in</strong>en grünen Apfel“ (R 100) statt e<strong>in</strong>es welken, gelben Apfels gibt, beachtlich registriert,<br />

deutet an, dass sie <strong>in</strong> ihm Hoffnung f<strong>in</strong>den kann. Doch da sie mit e<strong>in</strong>ander schlafen, ist die<br />

Nähe <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>mal verlorengegangen. Die Reue übernimmt sofort Irene, „[u]nd sie wollte, es<br />

gäbe sie nicht.“ (R 103). Nach diesem Geschehen f<strong>in</strong>det Irene die Situation „[u]ngeheuerlich“<br />

(R 104) <strong>und</strong> versucht, die Gefühle wegzuwaschen: „Das Wasser der Dusche kam <strong>in</strong> Stößen.<br />

Es schmerzte <strong>auf</strong> der Haut, als werfe jemand mit Sand. Irene w<strong>und</strong>erte sich, daß jetzt, (...)ihre<br />

Schultern nicht <strong>auf</strong> die Zehen fielen.“ (R 106). Das Motiv des Sandes weist auch hier, wie am<br />

Anfang des Buches, <strong>auf</strong> was losgelöstes, nämlich <strong>auf</strong> das durch zu viel Intimität geschwächte<br />

Verhältnis zwischen Irene <strong>und</strong> Thomas h<strong>in</strong>. Sie unterhalten sich fortwährend mit e<strong>in</strong>ander,<br />

aber wie Irene zu Stefan sagt: „Alles endet im Bett“ (R 103), <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrem Fall können sie<br />

sich nie mehr voll für die Fre<strong>und</strong>schaft e<strong>in</strong>setzen. Ihre Begegnung kommt denn Stefan zu<br />

Ohren, was ihn eifersüchtig macht. „Müssen alle Männer schwul se<strong>in</strong>, fragte Stefan“ (R 165),<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Fragestellung wird e<strong>in</strong> Ausdruck des Chaos <strong>und</strong> der Verwirrung, die sowohl bei<br />

Irene als auch bei den beiden Männern herrschen, <strong>und</strong> die Unsicherheit <strong>und</strong> Fremdheit mit<br />

sich br<strong>in</strong>gen.<br />

In bezug <strong>auf</strong> die Verhältnisse Irenes zu den verschiedenen Männern, die schon oben erwähnt<br />

wurden, lässt sich die Fremdheit als e<strong>in</strong>en roten Faden der Erzählung sehen, denn sie kommt<br />

<strong>in</strong> jedem Fall zum Ausdruck: Zwischen Irene <strong>und</strong> Franz besteht trotz wiederholter Versuche<br />

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