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fremdheit und identität in herta müllers reisende auf einem bein ...

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4. Tendenzen der Rezeption <strong>und</strong> Forschung<br />

Die Schriftsteller<strong>in</strong> Herta Müller gilt als die angesehenste Vertreter<strong>in</strong> der rumäniendeutschen<br />

Literatur, die auch die fünfte deutsche Literatur genannt wird. 39 Sie schreibt, wie oben schon<br />

festgestellt, <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>e autofiktionale Weise über das Leben im dörfischen Banater Schwaben,<br />

sowie um die entsetzlichen Behandlungen <strong>und</strong> Erfahrungen des Ceauescu-Regimes <strong>und</strong> die<br />

schwierige Anpassung als Exilant<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland. Im Folgenden soll jedoch vor allem <strong>auf</strong><br />

die Forschung an ihrem Werk <strong>und</strong> dessen Rezeption fokussiert werden, besonders <strong>in</strong>teressant<br />

ist dabei die Erzählung Reisende <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong>. Der Name Herta Müller tritt zunächst <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Menge Zeitungen <strong>auf</strong>, wo zahlreiche Artikel <strong>und</strong> Interviews sich mit ihren Texten <strong>und</strong><br />

vor allem ihren persönlichen Erfahrungen <strong>in</strong> der Ceauescu-Diktatur beschäftigen. Dadurch<br />

werden auch Müllers politische <strong>und</strong> soziale Kritik an der Gesellschaft betont. In der<br />

Frankfurter Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung wird Reisende <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> beispielsweise von Matthias<br />

Rüb als e<strong>in</strong>e Herstellung des Fremdheitsgefühls, das für die <strong>in</strong> Deutschland angekommenen<br />

Ausländer ihren Alltag prägt, betrachtet: „Herta Müllers Erzählung [...] ist nicht der Versuch,<br />

diese sche<strong>in</strong>bar gr<strong>und</strong>lose Fremdheit der Menschen zu erklären. Sie macht diese Fremdheit<br />

<strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit sichtbar, fast schmerzhaft sichtbar.“ 40 Frank Schirrmacher, e<strong>in</strong><br />

anderer Journalist derselben Zeitung lobt Müllers Erzählung, <strong>und</strong> ist der Me<strong>in</strong>ung, es sei e<strong>in</strong><br />

Buch, das über den, der nicht nur aus den Ländern, sondern aus dem Leben flieht. Weiter<br />

nennt er es „[e]<strong>in</strong>e große Erzählung über solche, die also mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> schon verloren s<strong>in</strong>d.<br />

Mit dem andern aber auch schon zur Hälfte gerettet.“ 41 Um die Ausländer, die <strong>in</strong> Deutschland,<br />

beziehungsweise „im Westen“ angekommen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich ihrer neuen Situation aneignen<br />

sollen, sagt er:<br />

Wir dürfen annehmen, daß diese Menschen, wenn sie sehen, was wir sehen, etwas anderes<br />

wahrnehmen, daß sie, wenn sie mit uns reden, etwas anderes hören, daß sie, wenn sie schreiben, etwas<br />

anderes sagen. [...] Nichts ist so schlimm, wie das, was man verlassen hat. Aber das, was man hier fand,<br />

ist fremd bis an die Grenzen des Pathologischen. 42<br />

39 Moser, Dietz-Rüdiger: Neues Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945, Deutscher<br />

Taschenbuch Verlag: München 1993, S. 833.<br />

40 Rüb, Matthias: „Das fremde Heimatland. Herta Müllers Reisende <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong>“, <strong>in</strong>: Frankfurter Allgeme<strong>in</strong>e<br />

Zeitung (FAZ), 10.10.1989.<br />

41 Schirrmacher, Frank: „In e<strong>in</strong>em anderen Land. E<strong>in</strong>e Erzählung der Rumäniendeutschen Herta Müller als<br />

Vorabdruck <strong>in</strong> der F.A.Z.“ <strong>in</strong>: FAZ, 23.08.1989.<br />

42 Ebd.<br />

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