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fremdheit und identität in herta müllers reisende auf einem bein ...

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Reisende <strong>in</strong> dünnen Schuhen waren. Oder Bewohner mit Handgepäck.“ (R 166) Die<br />

thematisierte Fremdheit lässt sich also im S<strong>in</strong>ne der die fehlenden Zugehörigkeit Irenes<br />

erkennen.<br />

6.6. Die Collage<br />

Im sechsten Kapitel der Erzählung wird die fehlende Zugehörigkeit Irenes <strong>in</strong> Deutschland<br />

durch ihre Betrachtung verschiedener Bilder sowie durch ihre Collage noch stärker betont.<br />

Auf e<strong>in</strong>er Ansichtskarte mit Schachspieler sitzt e<strong>in</strong> Mann abseits von den anderen Menschen,<br />

alle<strong>in</strong> <strong>und</strong> außerhalb. „Der Photograph hatte ihn, als er das Bild der Schachspieler gemacht<br />

hatte, nicht wahrgenommen. Der Mann, der abseits saß, gehörte nicht <strong>in</strong>s Bild.“ (R 45). Wie<br />

der Mann <strong>auf</strong> der Ansichtskarte fühlt sich Irene auch wie e<strong>in</strong>e Außenseiter<strong>in</strong> <strong>und</strong> projiziert<br />

damit die Situation im Bilde <strong>auf</strong> ihre eigene Lebenslage. Danach schneidet sie den Mann aus<br />

<strong>und</strong> schickt ihn sehnsüchtig an Franz, als sei der Mann e<strong>in</strong> Bild ihres Herzens. Dennoch<br />

versteht sie, dass es zwecklos ist, denn die Entfernung ist zu groß geworden: „[Der Mann] lag<br />

wie im Schnee. Es war zu spät für ihn. Es war wie danach.“ (R 46).<br />

Die Collage, die Irene aus ausgeschnittene Photos aus Zeitungen macht, ist deutlich e<strong>in</strong><br />

Versuch, ihre eigene Gefühle <strong>und</strong> ihr Leben zu systematisieren:<br />

Irene klebte die Photos <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>en Bogen Packpapier nebene<strong>in</strong>ander. Sie mußte lange suchen <strong>und</strong><br />

vergleichen, bis zwei Photos zusammenfanden. Fanden sie e<strong>in</strong>mal zusammen, taten sie das von selbst.<br />

Die Verb<strong>in</strong>dungen, die sich e<strong>in</strong>stellten, waren Gegensätze. (R 47).<br />

Doch <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> ihrer eigenen chaotischen Situation stellt die Collage trotzdem e<strong>in</strong>e Fremdheit<br />

dar. Die gegensätzliche Photos, zwischen denen Irene versucht hat, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zu<br />

machen, schildern die Fremdheit, die Irene selbst fühlt <strong>und</strong> die, die ihr Leben bee<strong>in</strong>flusst. „So<br />

fremd war das Gebilde, daß es <strong>auf</strong> alles zutraf. Sich ständig bewegte.“ (R 47). Und diese<br />

Fremdheit, die durch die Zusammensetzung ungeordneter Bilder vorkommt, lässt Irene als<br />

Mahnung im H<strong>in</strong>blick <strong>auf</strong> ihre eigene Situation fungieren.<br />

Gleich wie das Fragmentarische der Collage gibt es <strong>in</strong> Irenes Leben ke<strong>in</strong>en Zusammenhang;<br />

ihre Lage ist auch aus vielen Bruchstücken zusammengesetzt, die oft zur Verwirrung führt. Im<br />

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