nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
nancy gemeinschaft 1
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gen als Gegensätze oder im Sinne der «Kulturrevolution» als Entsprechungen<br />
auftauchen). Daher muß zunächst die Frage der Gemeinschaft<br />
wieder ins Spiel gebracht werden, denn von ihr hängt die<br />
erforderliche Neuaufteilung des Raumes ab. Bevor man sich dazu<br />
anschickt, muß gesagt werden, daß der Kommunismus nicht länger<br />
unser unüberschreitbarer Horizont sein kann - ohne damit die ungebrochene<br />
Freizügigkeit oder die rege Unruhe, die in diesem Wort -<br />
«der Kommunismus» - stecken, irgend-wie schmälern zu wollen und<br />
ohne damit die Exzesse, die er ermöglicht, zu leugnen, aber auch im<br />
vollen Bewußtsein sowohl der Hypotheken, die ihn belasten, als auch<br />
der sicher nicht ganz zufälligen Abnutzung , die das Wort erfahren<br />
hat. Er ist in der Tat dieser Horizont schon nicht mehr wir haben jedoch<br />
keinerlei Horizont überschritten. Hat man einmal resigniert, so<br />
sieht alles so aus, als bildeten das Verschwinden, die Unmöglichkeit<br />
und die Verdammung des Kommunismus den neuen unüberschreitbaren<br />
Horizont. Solche Umkehrungen kennt man ja; sie haben noch<br />
nie etwas in Bewegung gebracht. Man muß die Horizonte als solche<br />
angreifen. Die äußerste Grenze der Gemeinschaft, oder die Grenze,<br />
die die Gemeinschaft als solche bildet, folgt - wie man später sehen<br />
wird - einer ganz anderen Bahnung. Wenn man also behauptet, daß<br />
der Kommunismus nicht länger unser unüberschreitbarer Horizont ist,<br />
dann muß man auch mit ebensoviel Nachdruck verlangen, daß jede<br />
Forderung nach Kommunismus teilhat an jener Geste, die uns, über<br />
alle Horizonte hinauszugehen zwingt.<br />
/26/<br />
*<br />
* *<br />
Um zu begreifen, was auf dem Spiel steht, muß man zunächst auch<br />
den Horizont, der hinter uns liegt, freilegen. Man müßte also jene<br />
Auflösung der Gemeinschaft hinterfragen, die angeblich die entscheidende<br />
Erfahrung war, aus der das moderne Zeitalter entsprungen<br />
wäre. Für das Bewußtsein dieser Auflösung steht Rousseau: Man<br />
erfährt oder betrachtet die Gesellschaft als Verlust oder als Verfall<br />
einer <strong>gemeinschaft</strong>lichen (und kommunikativen) Vertrautheit; sie<br />
bringt von nun an zweierlei her-vor: Zum einen macht sie den Menschen<br />
zwangsläufig zum Einzelgänger, zum anderen machen ihr<br />
Wunsch und ihr politisches Projekt ihn zum Bürger einer freien souveränen<br />
Gemeinschaft. Während die politischen Theoretiker vor<br />
Rousseau entweder die Einrichtung eines Staates oder die Ordnung<br />
einer Gesellschaft konzipiert hatten, ist Rousseau — der ansonsten<br />
viel von ihnen übernommen hat — vielleicht der erste, der versucht,<br />
die Gemeinschaft zu denken, oder genauer gesagt der erste, der das<br />
Problem der Gesellschaft als Sorge um die Gemeinschaft empfindet;<br />
der erste, der sich als Bewußtsein eines (vielleicht irreparablen)<br />
Bruchs, eines Auseinanderfallens der Gemeinschaft erlebt. Dies wird<br />
später das Bewußtsein der Romantik und Hegels in der Phänomenologie<br />
des Geistes sein: die letzte Gestalt des Geistes, bevor alle Gestalten<br />
und die Geschichte selbst im absoluten Wissen aufgehen, ist<br />
die Spaltung der Gemeinschaft (in diesem Fall der Religion). Bis heute<br />
hat man die Geschichte auf dem Hintergrund der verlorenen Ge-<br />
12