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nancy gemeinschaft 1

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communio zu dekonstruieren 8 .)<br />

Zur Verachtung jedoch, die Bataille alsbald für die Niedrigkeit der<br />

faschistischen Rädelsführer und ihrer Gepflogenheiten empfand, kam<br />

die Erfahrung, daß jene Sehnsucht nach einem In-Eins-Sein zugleich<br />

dem Wunsch nach einem Todeswerk entsprach. Wie man weiß, war<br />

er von der Idee besessen, das Schicksal . der geheimen Gemeinschaft<br />

von Acéphale müsse mit einem Menschenopfer besiegelt werden.<br />

Er hatte sicher da bereits begriffen, daß, wie er später schrieb 9 ,<br />

die Wahrheit des Sakrifizium letztlich den Selbstmord des Opferpriesters<br />

verlangt. Durch den Tod könnte dieser sich mit dem Sein des<br />

Opfers vereinen, das in das blutige Geheimnis des gemeinsamen<br />

Lebens eingedrungen ist. Er begriff so auch, daß diese eigentlich<br />

göttliche Wahrheit – die Wahrheit des Todes in seinem Wirken und<br />

als Auferstehung – nicht die Wahrheit der Gemeinschaft der endlichen<br />

Wesen darstellt, sondern einen vielmehr in das Unendliche der<br />

Immanenz stößt. Doch trifft man nicht auf das Grauen, es ist noch<br />

jenseits des Grauens,. es ist die völlige Absurdität – sozusagen die<br />

fatale Torheit – des Todeswerkes des Todes, wenn man es als da s<br />

Werk des gemeinsamen Lebens betrachtet. Und gerade diese Absurdität,<br />

die im Grunde ein Exzeß an Sinn, eine absolute Verdichtung<br />

des Willens zum Sinn ist, hat wohl Bataille ver-<br />

/43/<br />

anlaßt, sich aus den kommunitären Projekten zurückzuziehen.<br />

So verstand er, wie lächerlich alle sehnsüchtigen Träume von der<br />

Einswerdung waren, obgleich gerade er sich lange Zeit – sozusagen<br />

im äußerst geschärften Bewußtsein des «Verlustes» der Gemeinschaft,<br />

was er mit der ganzen Epoche teilte – die archaischen Gesellschaften<br />

und deren sakrale Ordnungen, den Ruhm der militärischen<br />

und monarchischen Gesellschaften, oder den Adel der Feudalzeit als<br />

verschwundene und faszinierende Formen eines gelungenen, vertrauten<br />

mit sich selbst Gemeinsam-Seins vorgestellt hatte.<br />

Dieser modernen und unruhigen Variante des «Rousseauismus»<br />

(dessen sich Bataille vielleicht nie endgültig hat entledigen können,<br />

worauf ich noch kommen werde) sollte er eine doppelte Feststellung<br />

entgegensetzen: zum einen blieben das Sakrifizium, der Ruhm, die<br />

Verausgabung nur Simulation, solange sie nicht zum Todeswerk vorstießen,<br />

die Nicht-Simulation war also das Unmögliche selbst; zum<br />

anderenvollzog sich in der Simulation selbst (d.h. in der Simulation<br />

des immanenten Seins) nichtsdestoweniger, jedenfalls bis zu einem<br />

gewissen Grad, das Todeswerk, nämlich in der Beherrschung, der<br />

8<br />

9<br />

Leider erlaubt man sich aber gerade im Namen der allerplattesten und<br />

konventionellsten politischen oder moralischen Vorstellungen eine höchst<br />

überhebliche — und gänzlich fruchtlose — Kritik an Faschismus und an<br />

denjenigen, die sich mit seiner Anziehungskraft auseinanderzusetzen<br />

hatten.<br />

Vgl. zum Beispiel, VII, 257.<br />

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