nancy gemeinschaft 1
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Was ich weiter oben schrieb, ist in der Tat keine Kritik an Bataille und<br />
kein Vorbehalt gegenüber seinem Denken, ich versuchte vielmehr,<br />
eine Verbindung mit seiner Erfahrung herzustellen, anstatt einfach<br />
aus seinem Wissen oder seinen Thesen zu schöpfen. Es ging einzig<br />
darum , eine Grenze abzuschreiten, die unsere eigene ist: seine,<br />
meine, die unserer Zeit und unserer Gemeinschaft. An der Stelle, die<br />
Bataille dem Subjekt zuwies, an diesem Ort des Subjektes – oder auf<br />
dessen Kehrseite – anstelle der Kommunikation und am «Ort der<br />
Kommunikation» gibt es sehr wohl etwas und nicht einfach nichts:<br />
Unsere Grenze besteht darin, eigentlich keinen Namen für dieses<br />
«etwas» oder diesen «jemand» zu besitzen. Geht es wirklich darum,<br />
einen passenden Namen für dieses singuläre Seiende zu finden?<br />
Das ist eine Frage, die erst viel später zur Debatte stehen kann. Im<br />
Augenblick müssen wir, da uns sozusagen ein Name fehlt, Wörter<br />
aufbieten, um die Grenze unseres Denkens immer wieder aufzubrechen.<br />
Dieses «es gibt» an (der) Stelle der Kommunikation ist weder<br />
das. Subjekt noch das Eins-Sein, sondern die Gemeinschaft und die<br />
Mit-Teilung.<br />
Das sagt noch nichts aus. Vielleicht gibt es in Wahrheit gar nichts zu<br />
sagen. Vielleicht sollte man nicht ein Wort oder einen Begriff suchen,<br />
sondern eher im Denken der Gemeinschaft einen Exzeß an Theorie<br />
(genauer gesagt, ein Überschreiten des Theoretischen) erkennen,<br />
der uns zu einer anderen Praxis des Diskurses und der Gemeinschaft<br />
verpflichten würde. Das zumindest sollte man jedoch zu sagen versuchen,<br />
denn «nur die Sprache offenbart uns an der Grenze den<br />
souveränen Moment, in dem sie nicht mehr gilt» 18 . Was in unserem<br />
Zusammenhang also bedeutet, daß nur ein Diskurs über die Gemeinschaft,<br />
wenn er sich ganz verausgabt, der Gemeinschaft die Souveränität<br />
ihrer Mit-Teilung offenbaren kann (was<br />
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eben heißt, ihr gerade nicht ihre Einswerdung darzustellen oder sie<br />
zu bedeuten). Selbstverständlich impliziert dies eine Ethik und eine<br />
Politik des Diskurses und der Schrift. Man wird nun danach fragen<br />
müssen, was ein solcher Diskurs zu sein hat oder sein kann, wer ihn<br />
wie in der Gesellschaft führen sollte oder könnte, ja, was er in dieser<br />
Gesellschaft an Veränderungen, Umwälzungen oder Entscheidungen<br />
hervorrufen würde (z.B.: wer schreibt hier? Wo? Für wen? Ein «Philosoph»,<br />
ein «Buch», ein «Verlag», «Leser», gehört das alles an sich<br />
schon zur Kommunikation?) – Es geht hier um nichts anderes als um<br />
den literarischen Kommunismus oder um das, was ich zumindest mit<br />
diesem etwas unglücklichen Ausdruck bezeichnen möchte: nämlich<br />
etwas, was die Mit-Teilung der Gemeinschaft in ihrer Schrift, ihrer<br />
Literatur und durch sie wäre. Darauf werde ich im zweiten Teil dieses<br />
Buches zurückkommen.<br />
18 L'Erotisme, Paris, Minuit, 1957, S. 306. Dtsch.: Der heilige Eros, Frankfurt,<br />
Berlin, Wien. 1974, S. 271.<br />
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